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Friedrich Ani Tatort München - Boersenblatt.net

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Im Gespräch<br />

Es ist höchste Zeit, dass Frauen sich nicht mehr (ihren) Männern unterordnen,<br />

meint Bascha Mika. Die ehemalige Chefredakteurin der „taz“ provoziert –<br />

und hat eine Mission: Selbstbestimmung und echte Gleichberechtigung.<br />

„Kämpfen macht Spaß“<br />

INTERVIEW: SABINE SCHMIDT • FOTOS: CORDULA GIESE<br />

nein, der sanftmütige, sich zurücknehmende<br />

Frauentyp ist sie nicht. Bascha<br />

Mika will und kann sich durchsetzen – und<br />

sie will provozieren, nicht zuletzt mit ihren<br />

Büchern. Mit ihrem ersten, „Alice Schwarzer.<br />

Eine kritische Biographie“, das sie<br />

schrieb, kurz bevor sie 1998 Chefredakteurin<br />

der Zeitung „taz“ wurde. Und jetzt wieder<br />

mit einem Buch: „Die Feigheit der<br />

Frauen“. Das entstand, nachdem sie als<br />

Chefredakteurin zurückgetreten war, um<br />

sich eigenen Projekten widmen zu können.<br />

Ein halbes Jahr hat sie an der Streitschrift<br />

gearbeitet, unter „klosterähnlichen Bedingungen“,<br />

sagt sie: sieben Tage die Woche<br />

und so versunken, dass sie im Januar, als das<br />

Buch fertig war, ihre Freunde zu einer „Doch<br />

– ich lebe noch“-Party einlud.<br />

Konflikte mag sie, kämpfen, provozieren.<br />

Aber die Frau, die die Tür zu ihrer geschmackvoll<br />

eingerichteten Dachgeschosswohnung<br />

in Berlin-Charlottenburg<br />

öff<strong>net</strong>, wirkt nicht aggressiv. Die 57-Jährige<br />

ist freundlich, offen, kommunikativ.<br />

Frischer Tee wird aufgebrüht, es gibt Plätzchen<br />

und Pralinen, Kaffee wäre auch zu haben<br />

oder Espresso. Auch sonst passt Bascha<br />

Mika nicht in das Bild, das gern von Feministinnen<br />

gezeich<strong>net</strong> wird, um sie zu diffamieren:<br />

verbissen und unattraktiv. Sie ist<br />

geschminkt, wie fast immer, trägt schönen<br />

Schmuck, schöne Kleidung und elegante<br />

Schuhe mit Absätzen. Zierlich, sportlich,<br />

nicht sonderlich groß – 1,54 ohne Absätze<br />

–, selbstbewusst, souverän, temperamentvoll.<br />

Insbesondere kaum zu bremsen, wenn<br />

es um das Buch geht, dem sie ein halbes<br />

Jahr ihres Lebens gewidmet hat.<br />

Frau Mika, was meinen Sie mit dem Buchtitel<br />

„Die Feigheit der Frauen“?<br />

Bascha Mika: Es geht mir um die vielen<br />

Frauen, die gleich und frei sein wollen und<br />

dann doch in die typisch weibliche Kiste<br />

klettern. Wir wissen aus Umfragen, dass ein<br />

großer Teil der Frauen, insbesondere der<br />

jungen, gut ausgebildeten alles haben will:<br />

eine partnerschaftliche Beziehung, Kinder<br />

und einen Job. Aber es ordnen sich auch<br />

schon junge Frauen ihren Freunden unter,<br />

sie nehmen zum Beispiel großartige Jobangebote<br />

nicht an, weil sie dann in einer anderen<br />

Stadt arbeiten würden als er, und<br />

wenn Kinder kommen, sind es erst recht die<br />

Frauen, die komplett zurückstecken.<br />

Warum ist das feige?<br />

Früher hatten Frauen keine Wahl, sie waren<br />

gezwungen, sich in vielen Punkten un-<br />

Zur Person<br />

Bascha Mika wurde 1954 in Polen geboren und siedelte<br />

mit ihrer Familie 1959 in die Bundesrepublik<br />

über. Nach einer Banklehre studierte sie Germanis<br />

tik, Philosophie und Ethnologie. Sie arbeitete<br />

als Redakteurin und Journalistin und veröffentlichte<br />

1998 eine kritische Alice-Schwarzer-Biografie,<br />

die für großes Aufsehen sorgte. Von 1998 bis<br />

2009 war sie Chefredakteurin der „taz“. Heute ist<br />

sie Honorarprofessorin an der Universität der<br />

Künste, Berlin, und freie Publizistin.<br />

terzuordnen, sie waren gesetzlich dazu<br />

verpflichtet, bis in die 1970er Jahre. Der<br />

Mann hatte an vielen Punkten die Entscheidungsbefugnis<br />

über das Leben seiner Frau,<br />

über das Vermögen, die Kinder. Er konnte<br />

sogar die Arbeitsstelle seiner Frau ohne ihr<br />

Wissen kündigen. Wir aber können heute<br />

selbst über unser Leben bestimmen. Dennoch<br />

scheint es für viele Frauen leichter zu<br />

sein, in die alte Rolle zu schlüpfen, zu<br />

einem Mann aufzuschauen und die Verantwortung<br />

sogar für das eigene Leben abzugeben,<br />

als für das einzustehen, was ihnen<br />

wichtig ist. Ja, es gibt einen starken Druck,<br />

einen starken Sog hin zu den alten Rollen<br />

– aber wer nicht Nein sagt, wer sich dagegen<br />

nicht wehrt, der hat für mich nicht den<br />

Mut, zu sich selbst zu stehen, zu einem<br />

weiblichen Ich, das auf Augenhöhe mit jedem<br />

Mann ist. Wenn man dem Druck nachgibt,<br />

auch wenn er noch so stark ist, dann<br />

ist man, finde ich, feige.<br />

Spätestens wenn eine Frau schwanger wird,<br />

wird der Druck aber massiv: Frauen, die ihren<br />

Kindern keinen 24-Stunden-Service bieten, gelten<br />

in Deutschland als schlechte Mütter. Und es<br />

ist ja auch kein Zuckerschlecken, Beruf und Familie<br />

unter einen Hut zu bekommen.<br />

Ja, da sind wir uns einig: Die männlich<br />

dominierten Gesellschaftsstrukturen insgesamt,<br />

aber auch spezielle Regelungen<br />

wie die Kinderbetreuung sind Mist. Zum<br />

Beispiel die 35 Prozent, die jetzt für 2013 an<br />

Kita-Plätzen für Kinder unter drei Jahren<br />

versprochen werden – 35 Prozent, das ist<br />

absolut lächerlich. Aber die Frage ist doch<br />

auch, wie Frauen damit umgehen. Die 0<br />

68<br />

buchjournal 1/2011

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