Friedrich Ani Tatort München - Boersenblatt.net
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Zur Person<br />
Samuel Benchetrit, geboren 1973, ist Schriftsteller,<br />
Drehbuchautor, Filmemacher, Theaterregisseur<br />
und Schauspieler. Für seinen 2009 in Frankreich<br />
erschienenen Roman „Rimbaud und die<br />
Dinge des Herzens“ erhielt er den Prix Populiste.<br />
Benchetrit, der in erster Ehe mit Marie Trintignant<br />
liiert war, ist heute mit der Schauspielerin<br />
Anna Mouglalis verheiratet. Benchetrit lebt mit<br />
ihr und seinen beiden Kindern in der Nähe von<br />
Paris.<br />
des Herzens“, in dem der zehnjährige<br />
Charly sich auf die Suche nach seiner von<br />
der Polizei abgeführten Mutter macht und<br />
in dem Benchetrit ein anderes Bild der Banlieue<br />
malt: ein humorvolles und poetisches<br />
Bild, das so gar nicht zu den allgegenwärtigen<br />
Schreckensmeldungen passen will.<br />
„Natürlich gibt es dort Gewalt“, sagt er,<br />
„aber es gibt auch die Leute, die nach dem<br />
Glück suchen und versuchen, ein gutes<br />
Leben zu führen. Ich will die Banlieue<br />
nicht verherrlichen, ich würde auf keinen<br />
Fall zurückwollen. Alle, die dort leben,<br />
würden gern weggehen. Aber man muss<br />
das alles milder beurteilen und mehr Mitgefühl<br />
zeigen.“<br />
Also ein Autor und Filmemacher mit politischem<br />
Anspruch? „Ich denke“, sagt<br />
Benchetrit überzeugt, „dass die Kunst am<br />
meisten zur Entwicklung der Welt beigetragen<br />
hat. Musiker wie Bob Dylan zum<br />
Beispiel haben die Mentalität viel mehr<br />
verändert als jeder Politiker.“ Und so will<br />
auch Benchetrit etwas verändern, eine Diskussion<br />
in Gang setzen, das negative Bild<br />
der Vorstädte und ihrer Bewohner korrigieren.<br />
„Man muss die Jungen aus der Banlieue<br />
als die wahre Zukunft Frankreichs<br />
ansehen“, sagt er und nestelt an seinem<br />
Ärmel, als mache das Thema ihn nervös.<br />
„Es gibt dort enorm viele Talente. Manche<br />
Leute beginnen mittlerweile, das zu begreifen.“<br />
Er selbst hat sich aus der Tristesse der<br />
Wohntürme und Jugendgangs befreit, hat<br />
die Schule mit 15 Jahren verlassen, als Filmemacher<br />
und Autor Karriere und als Ehemann<br />
der später von ihrem Lebensgefährten<br />
erschlagenen Marie Trintignant<br />
Schlagzeilen gemacht. Aber die Erfahrungen<br />
seiner Jugend haben ihre Spuren<br />
hinterlassen: Samuel Benchetrit scheint<br />
immer auf dem Sprung, wahrt die Distanz<br />
buchjournal 1/2011 53<br />
und lächelt nur selten – vor allem nicht,<br />
wenn er fotografi ert werden soll.<br />
Höfl ich ist er und korrekt, aber gleichzeitig<br />
seltsam scheu, und Einblicke in sein<br />
Privatleben gewährt er kaum. Er schätzt<br />
ein zurückgezogenes Leben auf dem Land<br />
mit seiner zweiten Frau und seinen beiden<br />
Kindern, ein Leben ohne Fernsehen und<br />
ohne Inter<strong>net</strong>. „Ja, das ist manchmal ein<br />
bisschen kompliziert“, gibt er zu und dabei<br />
hellt sich seine Miene endlich ein wenig<br />
auf. „Wir besitzen einen Fernseher und<br />
meine Kinder verbringen Stunden davor,<br />
aber ich selbst halte es für schrecklich. Ich<br />
benutze das Gerät nur, um Filme anzusehen.“<br />
Auch das Inter<strong>net</strong> ist Benchetrit<br />
fremd geblieben. „Ich lehne es nicht ab,<br />
aber wenn ich wirklich etwas brauche,<br />
kann ich in den Computer meiner Frau<br />
schauen.“ Und sogar mit dem Telefon hat<br />
er seine Probleme. „Es ist für mich schwierig,<br />
jemanden anzurufen. Ich habe mein<br />
Handy auch schon mal verloren oder es<br />
funktioniert nicht, ich kriege das einfach<br />
nicht auf die Reihe.“ Das seltene Lächeln<br />
blitzt auf: „Aber das ist wirklich nicht<br />
schlimm, im Gegenteil, ich lebe so sehr<br />
gut.“<br />
Überhaupt scheint die moderne Wirklichkeit<br />
Samuel Benchetrit eher zu verängstigen<br />
als zu entzücken. „Alles geht viel zu<br />
schnell“, sagt er, „und die Leute lesen weniger<br />
und weniger. Die alte Welt ist dabei,<br />
einzustürzen.“ Gleichzeitig aber hat er zu<br />
alldem eine seltsam fatalistische Einstellung:<br />
„Man muss sehen, dass es früher<br />
auch nicht besser war. Als das Kino kam,<br />
dachten alle, das sei das Ende des Theaters,<br />
und irgendwann wird etwas das Inter<strong>net</strong><br />
bedrohen und dann werden meine Kinder<br />
Angst haben. Aber das ist im Grunde nicht<br />
so schlimm.“ Benchetrit ist kein Prophet<br />
des Untergangs und kein Moralapostel,<br />
nur ein Junge aus der Banlieue, der versucht,<br />
mit seiner Arbeit die Welt ein ganz<br />
klein wenig besser zu machen. <br />
Lesezeichen<br />
Samuel Benchetrit: Rimbaud<br />
und die Dinge des Herzens.<br />
Übersetzt von Olaf Matthias Roth.<br />
Aufbau, 256 S., 16,95 € (D) •<br />
17,50 € (A) • 25,90 sFr.<br />
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„Eine Perle in der Komödienlandschaft“ (Bayer. Rundfunk)<br />
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