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Friedrich Ani Tatort München - Boersenblatt.net

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Stratmanns Welt<br />

Schlecht geschlafen, schlecht gelaunt – das fängt ja gut<br />

an mit unserer neuen Buchjournal-Kolumnistin. Ein<br />

Spaziergang am Rhein und ein selbst genähtes Kleid<br />

bringen die Autorin aber schnell wieder in die Spur – und<br />

die Rehabilitierung eines unterschätzten Satzzeichens.<br />

Jetzt; schreibe; ich;<br />

TEXT: CORDULA STRATMANN<br />

Einen wunderschönen guten Tag allerseits. Ich möchte Sie aufs<br />

Allerherzlichste begrüßen und Ihnen einen großartigen Verlauf<br />

des heutigen Tages wünschen. Das mache ich natürlich, weil<br />

ich es grundsätzlich besser fi nde, wenn man gute Tage hat und<br />

wenn es Leute gibt, die einem das auch ausdrücklich wünschen<br />

und weil Sie mich beim Lesen meiner ersten Zeilen sofort zackzack<br />

ins Herz schließen sollen. Das müsste hoffentlich geklappt haben.<br />

Den Jan Weiler können Sie nämlich vergessen. Der kommt jetzt<br />

nicht mehr. Ich mache das jetzt.<br />

Und da wäre es natürlich gut, wenn Sie den Wechsel, der ja nicht<br />

ganz leicht für uns alle ist, mithilfe meiner freundlichen Worte<br />

gleich zu Beginn harmonisch vollziehen könnten.<br />

Mir gehen nur gerade die freundlichen Worte aus, weil ich heute<br />

mit einer üblen Übellaunigkeit geschlagen bin, dass es nur so eine<br />

Art hat. Ich musste mich für die Begrüßung schon immens am<br />

Riemen reißen.<br />

Dass ich mich hier nun aber versuche unter Kontrolle zu halten,<br />

steht Ihnen ganz einfach zu, denn ich bin absolut nicht der Meinung,<br />

dass Sie außer mir auch noch Leidtragende von dem Umstand<br />

werden sollten, dass ich heute Nacht saumäßig geschlafen<br />

habe, weil mir der rechte Arm eingeschlafen war, und zwar über<br />

mehrere Stunden. Das fi nde ich für jemanden, der sich nachts verdientermaßen<br />

eine Mütze Schlaf wünscht, zwar unzumutbar, der<br />

Rezipient eines Textes aber sollte doch unbedingt von Nachteilen,<br />

mit denen der erstellende Autor zu kämpfen hatte, unbehelligt<br />

bleiben. Meine Meinung. Zumal mein Arm schon längst keine<br />

Probleme mehr macht. Meine Laune schon.<br />

Weil ich ja wusste, dass ich mich heute an diese Kolumne setze,<br />

geriet ich natürlich in Panik, als ich so schlecht ausgestattet erwachte.<br />

Ich habe sofort sämtliche Maßnahmen ergriffen, die Abhilfe<br />

schaffen sollten: Ich habe gründlich gelüftet, auch mich, indem<br />

ich erst einmal eine Runde an den Rhein gegangen bin; ich<br />

habe mir nach meiner Rückkehr einen Kaffee, einen Tee und einen<br />

Kakao mit Sahne zubereitet; ich habe mir 41 Folgen „Sopranos“ auf<br />

DVD angeschaut; ich habe mir ein Kleid genäht.<br />

Das habe ich jetzt auch an, es kneift allerdings am Bauch, weil ich<br />

den Schnitt nicht in meiner Größe dahatte. Ansonsten steht es mir<br />

sehr gut, da ich einen roten Stoff verwandt habe – und Rot hebt ja<br />

bekanntlich die Stimmung. So langsam geht es jetzt auch wieder.<br />

»Jan Weiler kommt nicht<br />

mehr, ich mache das jetzt«<br />

Was mich fast auch schon vergnüglich stimmt, ist die Tatsache,<br />

dass ich in der obigen Aufzählung dreimal ein Semikolon einsetzen<br />

konnte. Das Semikolon ist ja bei vielen sehr in Vergessenheit<br />

geraten, ist uns aber doch vor allem in längeren Texten stets<br />

ein emsiger Helfer. In Aufzählungen zum Beispiel immer nur mit<br />

Kommata zu operieren überfordert diese und ignoriert wiederum<br />

die Möglichkeiten, die uns das Semikolon bietet. Nicht umsonst<br />

besteht das Semikolon aus Punkt UND Komma. Jetzt zählen Sie<br />

mal zusammen, was für einen tollen Job das Semikolon jahrein,<br />

jahraus macht! Die beiden Kollegen können nämlich jeder nur die<br />

Hälfte! Der Punkt macht Schluss mit dem Satz, das Komma unterteilt<br />

ihn. Das Semikolon wiederum unterteilt energischer, fährt<br />

den Satz aber nicht so vor die Wand wie der Punkt.<br />

Mensch, nun bin ich aber doch froh, dass ich so drangeblieben<br />

bin und nicht gleich hingeschmissen habe, als ich heute Morgen<br />

so schief gewickelt war; so haben Sie für die Zeit bis zur nächsten<br />

Ausgabe nämlich wichtige Anregungen bekommen für das Verfassen<br />

Ihrer Texte; ich helfe gern; herzlichst; Ihre; Cordula; Stratmann.<br />

<br />

^ Cordula Stratmann, geboren 1963, zählt zu den<br />

erfolgreichsten deutschen Komikerinnen. Sie ist<br />

vielfach preis gekrönt: vom Deutschen Comedypreis<br />

über die Goldene Kamera bis zum Bayerischen Fernsehpreis.<br />

„Sie da oben, er da unten“ ist ihr erster Roman.<br />

http://cordula-stratmann.de<br />

Cordula Stratmann: Sie da oben, er da unten.<br />

Kiepenheuer & Witsch, 256 S.,<br />

13,95 € (D) • 14,40 € (A) • 21,90 sFr.<br />

38<br />

© Boris Breuer<br />

buchjournal 1/2011

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