Friedrich Ani Tatort München - Boersenblatt.net
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ROMANE_FRANKREICH<br />
Samuel Benchetrit, französischer<br />
Autor und Regisseur, kehrt in<br />
seinem ersten Roman in die eigene<br />
Kindheit in der Vorstadt zurück.<br />
Ein Junge<br />
aus der<br />
Banlieue<br />
TEXT: IRENE BINAL<br />
S ein<br />
Händedruck ist vorsichtig, sein<br />
Blick zurückhaltend, nur kurz erhellt<br />
ein schwaches Lächeln sein Gesicht, auf der<br />
Hand, halb unter dem langen Ärmel verborgen,<br />
lugt eine Tätowierung hervor: Samuel<br />
Benchetrit ist in Frankreich eine Berühmtheit,<br />
aber er wirkt immer noch wie<br />
der etwas schüchterne Junge, der seinem<br />
grauen Alltag in einer Pariser Banlieue mithilfe<br />
der Literatur zu entkommen sucht.<br />
„In meiner Kindheit waren wir sehr arm“,<br />
erinnert er sich. „Wir sind nie in Urlaub gefahren,<br />
bis ich 15 war, ich habe also die reale<br />
Welt erst sehr spät kennengelernt und darum<br />
habe ich sie in Büchern gesucht.“<br />
Deren Magie fasziniert ihn bis heute:<br />
„Literatur ist etwas Unglaubliches. Man<br />
kann dieselben Wörter lesen, aber man<br />
stellt sich nie dieselben Bilder vor. Sogar<br />
wenn man gemeinsam eine Seite liest, hat<br />
man zwar das gleiche Ticket, aber man<br />
macht eine ganz andere Reise.“<br />
Bücher und Filme sind Samuel Benchetrits<br />
Leben: Regisseur, Schauspieler, Drehbuchautor,<br />
Romancier – die Liste seiner<br />
Berufe ist lang. Mit Filmen wie „J’ai toujours<br />
rêvé d’être un gangster“ (zu Deutsch:<br />
Ich habe immer davon geträumt, ein<br />
Gangs ter zu sein) oder mit seiner fünfbändigen<br />
Autobiografie „Chroniques de<br />
l’asphalte“ eroberte er sich einen festen<br />
Platz in der künstlerischen Szene Frankreichs.<br />
„Als ich jünger war, wollte ich vor<br />
© Robert Kluba<br />
allem Filme machen“, erinnert er sich,<br />
„aber Dreharbeiten sind sehr kraftraubend.“<br />
Darum zieht er sich nach einem<br />
Film gern wieder zurück, um zu schreiben:<br />
„Das ist etwas sehr Intimes, nur die Worte<br />
sind meine Komplizen in der Einsamkeit.<br />
Bei der Arbeit für das Kino muss man immer<br />
mit sehr vielen Leuten kommunizie-<br />
52<br />
Samuel Benchetrit: „Nur die Worte sind<br />
meine Komplizen in der Einsamkeit“<br />
ren. Darum habe ich nach einem Film Lust,<br />
ein Buch zu schreiben, weil ich wieder allein<br />
sein möchte.“<br />
Vor allem in diesen Büchern kehrt er immer<br />
wieder in die Banlieue zurück, zuletzt<br />
in seinem Roman „Rimbaud und die Dinge<br />
buchjournal 1/2011