Friedrich Ani Tatort München - Boersenblatt.net

New York lebt, steht zwar dazu, dass er homosexuell
ist, an Äußerlichkeiten ist es
aber nicht zu merken. Er geht mit diesem
Aspekt seines Lebens zurückhaltend um,
und wenn er sich öffentlich äußert, dann
vor allem, weil er hofft, dass seine Stimme
Gewicht hat und er anderen helfen kann.
Homosexualität und Erotik spielen in
Cunninghams neuem Roman eine Rolle,
aber sie sind, wie in Manns „Tod in Venedig“,
nicht die einzigen Themen, sondern
Momente unter anderen. Es geht auch um
Kunst und Schönheit, um die Faszination
der Jugend und darum, wie schwer es ist,
das Älterwerden hinzunehmen.
Hauptfi gur ist der 44-jährige Peter Harris,
der mit seiner Frau Rebecca in Soho,
Manhattan, lebt. Sie gibt ein Kunstmagazin
heraus, er hat eine Kunstgalerie. Sie haben
viel erreicht, sind zufrieden – als aber
Rebeccas sehr viel jüngerer Bruder nach
New York kommt und einige Tage bei ihnen
unterschlüpft, gerät Peters gut eingerichtetes
Leben aus den Fugen. Er verguckt
sich in den begabten, gut aussehenden jungen
Mann, der von seiner Familie lange als
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Wunderkind gefeiert wurde, jetzt aber, mit
Anfang 20, Drogen nimmt und ziellos
durch die Welt streift.
Anders als Thomas Mann in seiner Novelle
gibt Cunningham seiner Geschichte
eine weniger tragische Richtung. Anstatt
wie Aschenbach sterben zu müssen, kann
Peter sich mit der Frage auseinandersetzen,
wie viel ihm sein bisheriges Leben bedeutet.
Und vielleicht – das lässt der Autor
offen – kann er es zurückgewinnen, nachdem
er es aufs Spiel gesetzt hat.
Es scheint das Romanende eines Autors
zu sein, der selbst versucht, seine Sehnsüchte,
Träume und (unerfüllbaren) Wünsche
im Zaum zu halten und das Gute in
Lesezeichen
Michael Cunningham: In die
Nacht hinein. Übersetzt von
Georg Schmidt. Luchterhand,
320 S., 19,99 € (D) •
20,60 € (A) • 33,90 sFr.
Nach ihrem hochgelobten Debütroman ›Der Schwimmer‹
schreibt Zsuzsa Bánk die bewegende Geschichte dreier
Kinder, die den Weg ins Leben finden. ›Die hellen Tage‹ ist
ein großes Buch über Freundschaft und Verrat, Liebe und
Lüge – über eine Vergangenheit, die erst allmählich ihre
Geheimnisse enthüllt, und die Sekunden, die unser Leben
für immer verändern.
dem zu sehen, was ist. So klingt er sehr vernünftig,
wenn er über „The Hours“ spricht:
„Solch einen Erfolg werde ich sicherlich
nie wieder haben. Aber ich bin froh darüber,
dass ich ihn hatte und er mir viele Türen
öffnete.“
Auch das Älterwerden versucht der
58-Jährige entspannt zu nehmen. „Manchmal
stelle ich mir vor, wie ich als 85-Jähriger
mir heute über die Schulter schaue
und sage: ‚Entspann dich, genieß das Leben
– es hat immer noch viele gute Seiten.‘“
Das klingt abgeklärt, fast einstudiert.
Aber Cunningham scheint es ernst zu meinen:
Es gibt, für ihn wie für Peter in seinem
Roman, den starken Wunsch nach etwas
Neuem, Aufregendem, nach dem, was das
Leben durcheinanderwirbelt; es gibt aber
auch die Überzeugung, dass gute Gründe
dafür sprechen, mit dem zufrieden zu sein,
was ist.
Die Zeit des wilden jungen Mannes ist
vorbei, die des reifen ist gekommen. Für
junge Leser mag das wie von einem anderen
Stern klingen. Für diejenigen aber, die vom
Älterwerden schon betroffen sind, ist es ein
tröstlicher, nachdenkenswerter Roman.
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