Untitled - Hessisches Landestheater Marburg
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frauEn bLamIErEn<br />
dIE dIKTaTorEn –<br />
frauEn gEbEn dEr<br />
dEmoKraTIEbEwEgung EIn<br />
gESIcHT und rISKIErEn vIEL.<br />
von Caroline Fetscher<br />
Bei den Protesten der Uiguren in China demonstrierten<br />
die Frauen in vorderster Reihe. Sie sorgen<br />
für ungewohnte Nachrichten und bereiten<br />
Machthabern unbequeme Sorgen. Vermehrt<br />
mischen sich weibliche Akteure da ein, wo sie<br />
bis vor 100, 200 Jahren noch gar nichts zu<br />
suchen hatten – in Machtpolitik und Deutungssphären.<br />
Als einsame Ikone stellt sich Aung San<br />
Suu Kyi den gesichtslosen Militärherrschern<br />
Birmas entgegen, die sie abwechselnd in ihr<br />
Haus (dahin gehört die Frau an sich) oder ins Gefängnis<br />
(dorthin gehört das unbotmäßige Weib)<br />
einsperren. Einen neuen Schub an Berühmt-<br />
heit erlangte sie, als der Generalsekretär der<br />
UN bei seinem Besuch vergebens eine Audienz<br />
mit der Inhaftierten verlangte. Wer eine Frau<br />
so behandelt, der verliert das Gesicht. Im äußersten<br />
Westen Chinas, in der Provinz Xinjiang,<br />
brachten es jetzt hunderte demonstrierende<br />
Frauen mit Babys auf dem Arm so weit, dass<br />
Medienkonsumenten erfahren, wo sie leben,<br />
dass sie Uiguren sind und dass diese Minderheit<br />
von der Mehrheit der Han-Chinesen diskriminiert<br />
wird. Im Zentrum der Stadt Urumqi stellten<br />
sich Mütter der knüppelnden Staatspolizei ent-<br />
gegen – wer so auf Frauen eindrischt, steht<br />
nicht gut da vor der Welt. In Teheran erliegt Ende<br />
Juni eine junge Demonstrantin den Verletzungen,<br />
die ihr von Polizisten oder Paramilitärs des ira-<br />
nischen Machthabers Ahmadinedschad zu-<br />
gefügt wurden. Über Nacht wird aus Neda Agha-<br />
Soltan, die nur 26 Jahre alt wurde, die Märtyrerin<br />
einer ganzen Bewegung. Bilder der schönen<br />
Lächelnden, die Gesangsstunden genommen<br />
haben und gern gereist sein soll, finden in Windes-<br />
eile ihren Weg um die Welt, und entlarven das<br />
Regime mehr als dutzende Berichte von Amnesty<br />
International, oder selbst die antisemitischen<br />
Hetzreden, die der Herrscher so freimütig hören<br />
lässt. Ja, Frauen sind eine Gefahr. Besonders<br />
für autoritäre Regime und ganz besonders in der<br />
elektronischen Epoche von Handycams, Youtube-<br />
Filmen, Facebook, Bloggern und globalen Nachrichtenkanälen.<br />
So sehr autoritäre Regime<br />
am Erhalt patriarchaler Hierarchie interessiert<br />
sind, so sehr müssen sie, zumindest nach außen<br />
hin, den Schutz der Frauen vorgeben. Auch<br />
wenn sie ihnen Schulbildung verweigern, sie von<br />
der Partizipation abhalten, muss doch der<br />
Anschein wohlmeinender Kontrolle über Weib<br />
und Weiblichkeit gewahrt werden. Seit Olympe de<br />
Gouges 1791 in Frankreich ihre Erklärung der<br />
Rechte der Frau und Bürgerin publizierte, um die<br />
Robespierres der Revolutiondavon zu überzeugen,<br />
dass auch für die Frau Menschenrechte<br />
infrage kommen – wofür sie unter der Guillotine<br />
endete – hat sich vieles verändert auf der Welt.<br />
Hierzulande mussten Koch, Merz, Wulff & Co.<br />
sogar erleben, dass sich aus einer Kanzlerin<br />
nicht im Handumdrehen eine Marionette für<br />
eigene Zwecke fabrizieren lässt. Das hat mit der<br />
Demokratie zu tun, vor der es Diktatoren graust.<br />
in »Der Tagesspiegel«, 09.07.2009<br />
»<br />
daS groSSE LEbEn<br />
PaSST In KEIn bILd<br />
ES SPIELT nIcHT<br />
Im KIno<br />
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In KEInEm LIcHT<br />
ImmEr SInd wIr<br />
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JEannE<br />
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