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22. Landesolympiade Latein und Griechisch in Oberösterreich 12.3

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Thomas v. Aqu<strong>in</strong>: De rationibus fidei DIALOG: Christentum - Islam<br />

Nachwort …<br />

a. zum <strong>in</strong>terreligiÖsen Dialog * :<br />

Thomas von Aqu<strong>in</strong> ist zwar nicht gerade der Theologe, der e<strong>in</strong>em als erster <strong>in</strong> den S<strong>in</strong>n kommt,<br />

wenn es um den <strong>in</strong>terreligiÉsen Dialog geht, da er selbst kaum als prof<strong>und</strong>er Kenner des Islam<br />

bezeichnet werden kann. Um so tiefer setzte er sich aber mit dem christlichen Glauben<br />

ause<strong>in</strong>ander, was ihn zum<strong>in</strong>dest befÄhigte, scharfs<strong>in</strong>nig <strong>und</strong> markant die zentralen GegensÄtze<br />

der beiden monotheistischen Religionen nicht nur zu erkennen, sondern auch sachlich <strong>und</strong><br />

sprachlich auf den Punkt zu br<strong>in</strong>gen.<br />

Was se<strong>in</strong>e Schrift De rationibus fidei besonders auszeichnet, ist die sachliche, nÅchterne <strong>und</strong><br />

geradl<strong>in</strong>ige Interpretation, die, alles NebensÄchliche beiseite lassend, sich auf die wesentlichen<br />

Gedanken beschrÄnkt, diese nach streng logischen Gesichtspunkten ordnet <strong>und</strong> trotz der Tiefe<br />

ihrer BegrÅndung <strong>in</strong> schlichter, klarer, gut verstÄndlicher Sprache zum Ausdruck br<strong>in</strong>gt. So fasst<br />

Thomas von Aqu<strong>in</strong> am Beg<strong>in</strong>n se<strong>in</strong>er Schrift <strong>in</strong> KÅrze <strong>und</strong> hÉchst prÄzise zusammen, was den<br />

christlichen von dem muslimischen Glauben scheidet, um diese Kerngedanken dann, gleichsam<br />

auf e<strong>in</strong>er Perlenschnur aufgereiht, e<strong>in</strong>zeln <strong>und</strong> systematisch abzuhandeln:<br />

Die Christologie – die Bezeichnung Christi als Sohn Gottes<br />

Die Tr<strong>in</strong>itÄtslehre – die E<strong>in</strong>heit von Gott-Vater, Sohn <strong>und</strong> Heiliger Geist<br />

Die Soterologie – die ErlÉsung der Menschheit durch den Kreuzestod Christi<br />

Die Transsubstantiationslehre – das Geheimnis des Sakraments der Eucharistie<br />

Die Eschatologie – die Existenz des Fegefeuers zur Re<strong>in</strong>igung der Seelen nach dem Tod<br />

Die PrÄdest<strong>in</strong>ation – der Widerspruch zwischen der Willensfreiheit des Menschen <strong>und</strong><br />

der gÉttlichen Vorsehung<br />

Die signifikante Gliederung, die kompakte Darstellung der KonfliktgrÅnde, wobei jeder<br />

Gedanke als geschlossenes Ganzes abgehandelt wird, die stilistische <strong>und</strong> methodische<br />

Orientierung an dem unverkennbar hervorleuchtenden Vorbild, Aristoteles, heben Thomas von<br />

Aqu<strong>in</strong> von den zahlreichen anderen mittelalterlichen Autoren, die sich dem Thema der<br />

GlaubensgegensÄtze widmeten, deutlich <strong>und</strong> wohltuend ab.<br />

KÅrze <strong>und</strong> PrÄgnanz der GedankenfÅhrung resultieren wohl auch daraus, dass es sich bei dieser<br />

Schrift nicht im eigentlichen S<strong>in</strong>ne um e<strong>in</strong>e gelehrte Darstellung aller AusfÅhrlichkeit handelt,<br />

sondern um e<strong>in</strong> Reskript auf Fragen e<strong>in</strong>es nicht nÄher bezeichneten „Cantor Antiochenus“, der<br />

Ordensbruder oder Bischof gewesen se<strong>in</strong> kÉnnte. Thomas von Aqu<strong>in</strong> kam, wie es sche<strong>in</strong>t, der<br />

Bitte nach, e<strong>in</strong>en Ratsuchenden <strong>in</strong> der Apologie des Christentums gegenÅber dem Islam zu<br />

<strong>in</strong>struieren. Im Sprachgebrauch des angebrochenen 21. Jahrh<strong>und</strong>erts wÅrde man den<br />

mittelalterlichen Gelehrten am ehesten als Coach bezeichnen, der e<strong>in</strong>en sich unsicher fÅhlenden<br />

Priester <strong>in</strong> der ErfÅllung se<strong>in</strong>er seelsorglichen Pflichten unterstÅtzen will. Er tut dies, <strong>in</strong>dem er<br />

ihm e<strong>in</strong> praktisches Werkzeug an die Hand gibt, das den, der es gebraucht, fÅr den Alltag rÅstet.<br />

Durch die schriftliche Abfassung <strong>und</strong> kompakte Aufbereitung der Thematik kÉnnte man <strong>in</strong> der<br />

Schrift daher ebenso e<strong>in</strong> Handbüchle<strong>in</strong> erkennen, das jedem „guten Hirten“, der <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er<br />

Geme<strong>in</strong>de nicht nur mit Christen zu tun hatte, nÅtzliche Dienste zu leisten vermochte.<br />

* Die Darstellung basiert im Wesentlichen auf der kommentierten Textausgabe von Ludwig Hagemann <strong>und</strong><br />

Re<strong>in</strong>hold Glei (1987).<br />

Lat. OLYMPIADE 2007/08 33 © Claudia-Mart<strong>in</strong>a Perkounig

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