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22. Landesolympiade Latein und Griechisch in Oberösterreich 12.3

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Thomas v. Aqu<strong>in</strong>: De rationibus fidei DIALOG: Christentum - Islam<br />

pretation, dazu e<strong>in</strong>e gehörige Portion Eigen<strong>in</strong>teresse <strong>und</strong> Machtstreben s<strong>in</strong>d die bei weitem<br />

häufiger anzutreffenden Konfliktauslöser. Weil die tatsächlichen Gründe, Habgier <strong>und</strong><br />

Eigennutz, jedoch negativ konnotiert s<strong>in</strong>d, werden sie mit hehren Zielen verbrämt, die<br />

egoistische Bestrebungen im Gegensatz zu ihrem realen Ursprung als Idealismus ersche<strong>in</strong>en<br />

lassen. Dieser Umstand zeichnete die Kreuzzüge genauso aus wie spätere Glaubenskonflikte bis<br />

<strong>in</strong> die jüngste Vergangenheit.<br />

Nichts ist daher zu Beg<strong>in</strong>n des dritten Jahrtausends so notwendig, wie die menschlichen<br />

Gr<strong>und</strong>werte an sich außer Streit zu stellen. Anders gesagt: Dass der Mensch <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er<br />

natürlichen Ersche<strong>in</strong>ung <strong>und</strong> völlig unabhängig von Herkunft, sozialer Akzidenzien <strong>und</strong><br />

ökonomischer Maßstäbe, an <strong>und</strong> für sich schützenswert ist, muss ebenso unangefochten se<strong>in</strong>,<br />

wie es für den mittelalterlichen Menschen diesseits <strong>und</strong> jenseits des Bosporus klar war, dass Gott<br />

existiert, mochte er auch hier wie dort mit unterschiedlichem Namen angerufen werden. Wie es<br />

Thomas von Aqu<strong>in</strong> nicht als notwendig erachtete, Beweise für die Existenz Gottes vorzulegen,<br />

so wenig gilt es heute, die ideelle Komponente des Menschse<strong>in</strong>s, den Wert des Menschen<br />

schlechth<strong>in</strong>, das spezifisch Humane als messbare, naturwissenschaftlich nachweisbare Größe zu<br />

beweisen <strong>und</strong> immer weiter nach letzten belegbaren Gründen zu suchen. Sie werden sich<br />

weder <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er an der Neurobiologie orientierenden juristischen Interpretation (Ab welchem<br />

Zeitpunkt ist der Mensch im rechtlichen S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong> Mensch, erst als denkendes, verantwortungsbewusst<br />

handelndes Individuum oder schon im frühen Zellstadium im Mutterleib?), noch <strong>in</strong> der<br />

biologisch-physischen Manifestation etwa e<strong>in</strong>er bestimmten genetischen Kodierung (neueste<br />

Forschungen bestätigen, dass die Gene alle<strong>in</strong> nicht das Wesen ausmachen) f<strong>in</strong>den lassen, erst<br />

recht nicht <strong>in</strong> der kulturellen, sozialen <strong>und</strong> politischen Konvention. Vielmehr muss die<br />

Diskussion darüber geführt werden, welche Konsequenzen aus der Absolutheit der Unantastbarkeit<br />

des Menschen zu ziehen s<strong>in</strong>d, <strong>und</strong> noch mehr, wie diese im Widerstreit<br />

rivalisierender Mächte (die psychischen Triebe des handelnden Individuums mit e<strong>in</strong>geschlossen)<br />

umgesetzt <strong>und</strong> e<strong>in</strong>gefordert werden können.<br />

Abgesehen von diesen Argumentationsmethoden (autoritätsbetonte, term<strong>in</strong>ologischsprachreflektorische<br />

sowie philosophisch-rationale), lassen sich aus der Lektüre des Textes<br />

weitere methodologische Kenntnisse gew<strong>in</strong>nen, die <strong>in</strong> zweifacher H<strong>in</strong>sicht didaktisch<br />

genutzt werden können:<br />

Die Ause<strong>in</strong>andersetzung im <strong>in</strong>terreligiösen (<strong>in</strong>terkulturellen) Dialog verleitet dazu, sich<br />

Argumentationsmethoden bewusst zu machen, nach Alternativen zu suchen, kommunikative<br />

Verteidigungsstrategien gezielt zu entwickeln sowie dem jeweiligen Gesprächspartner oder<br />

Zweck anzupassen. Um dieses Ziel zu erreichen, empfiehlt es sich, <strong>in</strong>sbesondere die Texte 3 - 6<br />

zu lesen.<br />

Die kritische Ause<strong>in</strong>andersetzung mit Begriffen <strong>und</strong> dem sachlichen Verständnis von<br />

Glaubensfragen ist e<strong>in</strong>e gute Schulung <strong>in</strong> der Methode wissenschaftlichen Arbeitens, weil sie<br />

die Prägnanz im Ausdruck fördert, die Erfordernis von Begriffsdef<strong>in</strong>itionen sowie E<strong>in</strong>deutigkeit<br />

<strong>in</strong> der Benennung von Phänomenen aufzeigt, schlechth<strong>in</strong> den Blick auf die logische Darstellung<br />

(also die Gliederung <strong>und</strong> Strukturierung, die sachlich richtige Abfolge <strong>und</strong> die Widerspruchsfreiheit<br />

der Gedanken bis <strong>in</strong> die sprachliche Ausformulierung h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>) fokusiert. Dafür<br />

eignen sich <strong>in</strong> besonderer Weise die Texte 7 - 9, die den Orig<strong>in</strong>altext nur wenig gekürzt<br />

wiedergeben <strong>und</strong> der philosophischen Argumentation breiten Raum lassen.<br />

Lat. OLYMPIADE 2007/08 41 © Claudia-Mart<strong>in</strong>a Perkounig

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