kölsch live - Fan-Projekt
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18 THEMA > CHRISTOPH DAUM<br />
Negativ besetzte Professionalität<br />
Auch der Abschied des Messias aus Köln stand<br />
ganz im Zeichen dieser zweckorientierten<br />
und leicht negativ besetzten Professionalität.<br />
Der größte Star des Clubs kündigte vielleicht<br />
nicht ganz stilsicher, aber völlig regelkonform,<br />
um in Istanbul dreimal mehr Netto auf dem<br />
Kontoauszug fi nden zu können. Angedeutet<br />
hatte sich das Ende seines Wirkens am Dom<br />
möglicherweise schon im Rahmen des verlorenen<br />
Machtkampfs in Sachen Jugendkoordinator,<br />
währenddessen sich Overath & Co. für<br />
Stephan Engels entschieden, mit dem Daum<br />
angeblich bereits als Spieler seine Probleme<br />
hatte.<br />
Seine Äußerungen zu dieser Entscheidung<br />
ließen jedenfalls deutliche Risse in der niemals<br />
durchweg romantischen Liebesbeziehung<br />
zum 1.FC Köln erkennen. Für Daums<br />
Selbstverständnis war es immer elementar,<br />
die Hosen in dieser Aff äre anzuhaben. Sein<br />
Vertrag mit habjährlicher Ausstiegsklausel<br />
zu seinen Gunsten ist der beste Beleg dafür.<br />
Unter Umständen ist die Entscheidung pro<br />
Engels auch als Schritt des Präsidenten zu<br />
werten, die Allmacht des Trainers einzugrenzen<br />
und das Heft des Handelns wieder in die<br />
eigenen Hände zu nehmen. Möglicherweise<br />
erklärt dieser Hintergrund auch die relative<br />
Gelassenheit, mit der die Vereinsspitze auf die<br />
plötzliche Kündigung reagierte.<br />
Dekonstruktion des eigenen Denkmals<br />
Die Anhänger des FC traf die Nachricht jedoch<br />
ebenso unvorbereitet wie schmerzhaft<br />
und selbst wenn sich die anfängliche Empörung<br />
zwischenzeitlich gelegt hat, so ist es in<br />
Sachen Daum bei den meisten nicht mehr so,<br />
wie es einmal war. Zu sehr schwingt nach 2 ½<br />
Die Stunde des Erfolgs. Pfl icht erfüllt.<br />
Jahren professioneller Liebesdienste das Gefühl<br />
mit, dass von einer Seite doch mal wieder<br />
deutlich mehr Leidenschaft in die Beziehung<br />
investiert wurde. Daum entlohnte seine Jünger<br />
in harter Währung, ihre Zuneigung erwiderte<br />
er jedoch allenfalls schwerfällig und<br />
seine Herzensbekenntnisse wirken in der<br />
Rücksicht auch eher bleiern. Das Zweitligaengagement<br />
beim FC nachträglich als „das<br />
größte Risiko seines Lebens“ zu bezeichnen,<br />
ist eine Frechheit all jenen gegenüber, für die<br />
der Verein wirklich eine Herzensangelegenheit<br />
darstellt. Seine herablassende Art dem<br />
Club gegenüber sorgt in großem Maße dafür,<br />
dass seine völlig unstrittigen Erfolge teilweise<br />
in den Schatten gerückt werden.<br />
Daum hinterlässt diese höchst fragile und<br />
doch überaus mächtige Kölner Gefühlswelt<br />
reichlich verstört. Es ist nur sehr verwunderlich,<br />
dass gerade ein Massendompteur wie er<br />
sich dieser Kräfte nicht bewusst zeigt. Neben<br />
der Übergabe einer soliden Bundesligamannschaft<br />
hat Daum dem FC vielleicht sogar<br />
noch einen Gefallen viel größerer Tragweite<br />
erwiesen. Er hat selbst zur Dekonstruktion<br />
seines eigenen Denkmals beigetragen und<br />
damit vielleicht dafür gesorgt, dass wir nicht<br />
immer und immer wieder nach einem Mythos<br />
aus der Vergangenheit schreien.