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Michael Liska Ein Vergleich der rumänischen und bulgarischen Juden

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24<br />

Unzufriedenheit <strong>der</strong> ländlichen Bevölkerung. Hier waren die Geldverleiher nicht die<br />

<strong>Juden</strong>, wie in Rumänien, son<strong>der</strong>n es waren bulgarische Bankiers. Im Zuge <strong>der</strong> Erweiterung<br />

des deutschen wirtschaftlichen <strong>und</strong> politischen <strong>Ein</strong>flusses auf dem Balkan<br />

bildete sich in den 30’er Jahren allmählich eine antisemitische Bewegung, die allerdings<br />

nicht beson<strong>der</strong>s stark war. Studenten, die von deutschen Universitäten zurückkehrten,<br />

<strong>und</strong> russische Emigranten verbreiteten in ganz Bulgarien antisemitische<br />

Propaganda, doch ihre Wirkung war sehr begrenzt. Als <strong>der</strong> Antisemitismus in Europa<br />

wuchs, begannen die <strong>bulgarischen</strong> Intellektuellen über die Beziehung ihres Volkes<br />

zur jüdischen Gemeinschaft nachzudenken <strong>und</strong> betonten – im Gegensatz zu an<strong>der</strong>en<br />

Staaten – das gute wechselseitige Verhältnis. So entstand <strong>der</strong> Mythos vom fehlenden<br />

Antisemitismus in Bulgarien, dessen man sich in Zeiten <strong>der</strong> kommunistischen Diktatur<br />

noch gerne rühmte.<br />

Während des Krieges veröffentlichte eine amerikanische <strong>Juden</strong>organisation ein<br />

Buch mit dem Titel „Hitler’s ten-year War on the Jews“. 43 Die Autoren beklagten<br />

dort das Schicksal <strong>der</strong> europäischen <strong>Juden</strong>, wobei sie, nach Staaten geordnet, auf<br />

herausragende Leistungen <strong>und</strong> tragische Schicksale durch die Unterdrückung hinweisen.<br />

Beim Kapitel Bulgarien mußten sie wahrscheinlich feststellen, daß es über<br />

die bulgarische <strong>Juden</strong>gemeinde nichts Herausragendes zu berichten gab, <strong>und</strong> so beließen<br />

sie es bei <strong>der</strong> Bemerkung, die <strong>bulgarischen</strong> <strong>Juden</strong> hätten nichts „Spektakuläres“<br />

vorzuweisen. 44 Die <strong>Juden</strong> in Bulgarien waren wahrlich nicht „bedeutend“ <strong>und</strong><br />

„unentbehrlich“. Sie hatten we<strong>der</strong> außergewöhnliche Fähigkeiten vorzuweisen noch<br />

waren sie beson<strong>der</strong>s wohlhabend. Sie waren we<strong>der</strong> beson<strong>der</strong>s beliebt noch beson<strong>der</strong>s<br />

angefeindet. Es bestand we<strong>der</strong> die Notwendigkeit, sie zu beschützen, noch ein<br />

Gr<strong>und</strong>, sie zu vernichten. Die <strong>bulgarischen</strong> <strong>Juden</strong> waren einfach ein Faustpfand in<br />

den Händen eines opportunistischen Staates, <strong>der</strong> sie gegen politische Vorteile je<strong>der</strong>zeit<br />

eintauschen konnte. Die <strong>bulgarischen</strong> <strong>Juden</strong> wurden deshalb nicht <strong>der</strong> Vernichtung<br />

preisgegeben, weil das Dritte Reich den vorsichtigen <strong>bulgarischen</strong> Herrschern<br />

keinen ausreichenden Gewinn bieten konnte.<br />

3.2) Die <strong>rumänischen</strong> <strong>Juden</strong><br />

Die Zahl <strong>der</strong> <strong>Juden</strong> in Rumänien vor dem Zweiten Weltkrieg betrug nach einer<br />

Volkszählung vom Dezember 1930 756.930. Das war damals die drittgrößte jüdische<br />

43Herausgeber: Institute of Jewish Affairs, New York 1943.<br />

44Institute of Jewish Affairs, Hitler’s Ten-Year War on the Jews, New York 1943, S 113.

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