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Michael Liska Ein Vergleich der rumänischen und bulgarischen Juden

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Hatten die Deutschen vorerst keinen Zugriff auf die in Bulgarien lebenden <strong>Juden</strong>,<br />

so hofften sie doch, jene, die in den von Bulgarien besetzten Gebieten Mazedonien,<br />

Thrakien <strong>und</strong> Pirot lebten, baldigst deportieren zu können. Diese hatten nämlich<br />

keine bulgarische Staatsbürgerschaft erhalten. Im Oktober 1942 bot das Deutsche<br />

Reich erneut seine Dienste bei <strong>der</strong> Deportation <strong>der</strong> jüdischen Bewohner an. Pro<br />

deportierter Person sollten die Bulgaren 250 Reichsmark zur Deckung <strong>der</strong> Kosten<br />

bezahlen. Allerdings war man bereit, diesen Preis noch auszuverhandeln. Außerdem<br />

sollten die <strong>bulgarischen</strong> <strong>Juden</strong> ihre Staatsbürgerschaft an <strong>der</strong> Grenze verlieren. Die<br />

Regierung zögerte jedoch.<br />

Anfang November 1942 teilte sie den Deutschen mit, daß man gr<strong>und</strong>sätzlich mit<br />

<strong>der</strong> Deportation <strong>der</strong> <strong>Juden</strong> einverstanden sei, aber diese noch für Arbeitsdienste wie<br />

Straßen- <strong>und</strong> Eisenbahnbau gebraucht würden. Das Angebot zur Entsendung eines<br />

deutschen <strong>Juden</strong>beraters nahm man dankend entgegen. Außerdem schlug die bulgarische<br />

Regierung vor, die Deportationen aus Bulgarien <strong>und</strong> Rumänien miteinan<strong>der</strong> zu<br />

koppeln, da sie sich außerstande sah, auch nur einen Teil <strong>der</strong> <strong>Juden</strong> allein zu deportieren.<br />

Den Preis von 250 Reichsmark fand man zu hoch, da das jüdische Vermögen,<br />

von dem die Deportationen bezahlt werden sollten, zur Subvention <strong>der</strong> eigenen Wirtschaft<br />

benötigt werde.<br />

Im Jänner 1943 kam als „<strong>Juden</strong>berater“ Hauptsturmführer Theodor Dannecker,<br />

einer <strong>der</strong> Mitarbeiter Eichmanns 108 , nach Bulgarien mit dem Auftrag, den Polizeiattaché<br />

Hoffmann zu unterstützen. Dannecker war außerdem beauftragt, binnen neun<br />

108 Adolf EICHMANN: geboren am 19.3.1906 in Solingen, hingerichtet am 1.6.1962 bei Tel Aviv. Er wuchs in Linz<br />

(OÖ) auf. Durch Bekanntschaft mit dem späteren Chef des Reichssicherheitshauptamtes Kaltenbrunner kam Eichmann<br />

am 1.4.1932 zur österreichischen NSDAP <strong>und</strong> zur SS. In Bayern machte er 1933/34 eine militärische Ausbildung<br />

bei <strong>der</strong> SS <strong>und</strong> trat als SS-Scharführer am 1.10.1934 ins Hauptamt des Sicherheitsdienstes SD ein, wo er im<br />

„<strong>Juden</strong>referat“ Auswan<strong>der</strong>ungsangelegenheiten bearbeitete. Die Erfahrungen — Eichmann verhandelte mit zionistischen<br />

Funktionären, hatte sogar ein wenig Hebräisch gelernt <strong>und</strong> war 1937 auf Inspektionsbesuch in Palästina — kamen<br />

im zustatten, als er im August 1938 mit dem Aufbau einer „Zentralstelle für jüdische Auswan<strong>der</strong>ung“ in Wien<br />

beauftragt wurde: In weniger als eineinhalb Jahren trieb diese Stelle 150.000 österreichische <strong>Juden</strong> zur Auswan<strong>der</strong>ung.<br />

Die nächste Position brachte weniger „Erfolge“: Die „Reichszentrale für die jüdische Auswan<strong>der</strong>ung“, die er im<br />

Oktober 1939 in Berlin übernahm, verlor im Krieg ihre Bedeutung. Auswan<strong>der</strong>ung wurde durch Deportation ersetzt,<br />

<strong>und</strong> auch hier war er führend beteiligt: Seit Dezember 1939 im Reichssicherheitshauptamt, Referat IV D4 für „Auswan<strong>der</strong>ung<br />

<strong>und</strong> Räumung“, dann im Referat IV B4 für „<strong>Juden</strong>angelegenheiten <strong>und</strong> Räumung“ zuständig, wurde<br />

Eichmann zur zentralen Figur <strong>der</strong> Deportationen von über 3 Millionen <strong>Juden</strong> aus dem gesamten deutschen Machtbereich<br />

in die Vernichtungslager im Rahmen <strong>der</strong> sogenannten Endlösung. Er besuchte Auschwitz, drängte verbündete<br />

Regierungen zur Auslieferung ihrer jüdischen Bürger <strong>und</strong> organisierte auch vor Ort Transporte in die Todesfabriken.<br />

Dennoch vor allem als Schreibtischtäter wenig bekannt, konnte Eichmann 1946 aus amerikanischer Gefangenschaft<br />

fliehen, mit kirchlicher Hilfe nach Argentinien entkommen <strong>und</strong> dort untertauchen (falscher Name u.a. Richard Klement).<br />

Sogar <strong>der</strong> Nachzug <strong>der</strong> Familie gelang ihm. Der israelische Geheimdienst spürte ihn schließlich 1960 auf <strong>und</strong><br />

entführte ihn nach Israel, wo er in einem Aufsehen erregenden Verfahren (2.4. bis 11.12. 1961) vor Gericht gestellt<br />

<strong>und</strong> zum Tode verurteilt wurde. (ZENTNER <strong>und</strong> BEDÜRFTIG, Das Große Lexikon des Dritten Reiches, München<br />

1985).

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