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Michael Liska Ein Vergleich der rumänischen und bulgarischen Juden

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mer näher. Marschall Antonescu suchte nun nach einer Möglichkeit, die deportierten<br />

<strong>Juden</strong> nach Altrumänien zurückzuholen. Er hatte die berechtigte Befürchtung, daß<br />

die deutsche Wehrmacht auf dem Rückzug durch Transnistrien die noch verbliebenen<br />

<strong>Juden</strong> töten könnte. Diese brachte er in einer Besprechung mit dem Unterstaatssekretär<br />

für Sicherheit im Innenministerium, General Vasiliu, <strong>und</strong> dem Gouverneur<br />

<strong>der</strong> Bukowina, General Dragalina, vor. Auf dieser Besprechung wurde beschlossen,<br />

zumindest einen Teil <strong>der</strong> <strong>Juden</strong> nach Altrumänien zu evakuieren. Bemerkenswert ist<br />

dabei, daß sich Antonescu nicht mehr erinnern konnte, weshalb so viele <strong>Juden</strong> in<br />

Transnistrien starben. Über die hohe Anzahl von Toten war er etwas ungehalten,<br />

doch schien er vergessen zuhaben, wer für ihren Tod letztendlich verantwortlich war.<br />

Sich selbst sah er nicht als Schuldigen an. 179<br />

Am 9. Juni 1944, kurz vor <strong>der</strong> Kapitulation vor den Sowjets, hielt Mihai Antonescu<br />

auf Weisung des Marschalls einen Ministerrat ab, auf dem die <strong>Juden</strong>frage erneut<br />

besprochen wurde. Antonescu hatte sich inzwischen dazu durchgerungen, eine<br />

völlig eigenständige Politik gegenüber den <strong>Juden</strong> zu betreiben. Es wurden hier die<br />

zukünftige Abwicklung <strong>der</strong> Ausreise für die <strong>Juden</strong> festgelegt. In seiner Rede vor dem<br />

Ministerrat schil<strong>der</strong>te Mihai Antonescu die Entwicklung <strong>der</strong> <strong>Juden</strong>frage in Rumänien<br />

während des Krieges in einem für die rumänische Seite äußerst vorteilhaften Sinne.<br />

Sein Bericht kann aber nicht als historische Quelle benutzt werden, da <strong>der</strong> Bericht<br />

vermutlich reine Erfindung ist. 180 Da es <strong>der</strong> <strong>rumänischen</strong> Regierung zu gefährlich<br />

schien, selbst die Verantwortung zu übernehmen, wurde ein halboffizielles „Emigrantenamt“<br />

eingerichtet, dessen Leitung ein Jude übernahm <strong>und</strong> das mit Lecca in<br />

ständiger Verbindung bleiben sollte. Dieses Amt hatte die Verhandlungen mit dem<br />

Ausland zu führen <strong>und</strong> die Formalitäten <strong>der</strong> Ausreise aus Rumänien zu regeln. <strong>Ein</strong><br />

Teil <strong>der</strong> <strong>Ein</strong>nahmen des Emigrantenamtes war an den <strong>rumänischen</strong> Staat abzuliefern.<br />

Anfänglich wurden die Überlebenden aus dem Bezirk Dorohoi sowie Waisenkin<strong>der</strong><br />

zurückgeschickt. Die an<strong>der</strong>en sollten im Laufe des Jahres 1944 folgen, wobei<br />

kommunistische <strong>Juden</strong> nicht ins Land gelassen wurden. Zur Verwirklichung <strong>der</strong><br />

Rückführung kam es allerdings nicht mehr, die Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Kriegslage verhin<strong>der</strong>te<br />

dies, da keine Transportmittel mehr zur Verfügung standen. Mit dem Zusammenbruch<br />

<strong>der</strong> <strong>rumänischen</strong> Ostfront flüchteten dann aber sehr viele <strong>Juden</strong> in zentrale Regionen<br />

Rumäniens <strong>und</strong> in die Bukowina. Die Unterdrückung <strong>der</strong> <strong>Juden</strong> endete<br />

schließlich mit <strong>der</strong> Kapitulation vor den Sowjets am 24. August 1944.<br />

179Besprechung vom 17. November 1943, siehe HILBERG Raul, Die Vernichtung <strong>der</strong> europäischen <strong>Juden</strong>, Band 2,<br />

Frankfurt am Main 1993, S 853–856.<br />

180Dokument bei den Nürnberger Prozessen NG-2704.

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