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Michael Liska Ein Vergleich der rumänischen und bulgarischen Juden

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geschränkt <strong>und</strong> die rechtliche Gr<strong>und</strong>lage für die Deportationen geschaffen. Die Guthaben<br />

auf den gesperrten Bankkonten <strong>der</strong> <strong>Juden</strong> wurden an einen „jüdischen Gemeindefonds“<br />

überwiesen. Dieser Fonds wurde vom Kommissariat verwaltet. Seine<br />

Aufgabe war offiziell, bedürftigen <strong>Juden</strong> zu helfen, in Wahrheit wurden die Umsiedlungen<br />

damit finanziert. Kern des Gesetzes war ein Artikel, <strong>der</strong> die Aussiedlung<br />

<strong>der</strong> <strong>Juden</strong> Sofijas in die Provinzen o<strong>der</strong> außerhalb des Königreichs vorsah. Allen arbeitslosen<br />

<strong>Juden</strong> wurde befohlen, die Hauptstadt bis zum 1. September 1942 zu verlassen.<br />

Den verbliebenen <strong>Juden</strong> wurden Wohnungsbeschränkungen auferlegt nach<br />

folgendem Schlüssel: Familien mit 2 Personen – 1 Raum, mit 3 - 4 Personen – 2<br />

Räume, mit 5 - 6 Personen – 3 Räume, mit mehr als 6 Personen – 4 Räume.<br />

Auch die Kennzeichnungspflicht wurde erweitert, jetzt mußten nicht nur die jüdischen<br />

Zwangsarbeiter den obligatorischen Stern tragen, son<strong>der</strong>n alle <strong>Juden</strong>. Die<br />

Bulgaren nahmen die Kennzeichnungspflicht sehr genau. So wurde alles, was jüdisch<br />

war, mit dem Davidstern gekennzeichnet: Wohnungen, Geschäfte, Briefe,<br />

Rechnungen <strong>und</strong> sogar Konsumwaren. Das Kommissariat selbst entfernte die <strong>Juden</strong>frage<br />

aus dem Blickpunkt <strong>der</strong> Öffentlichkeit, durch seine Tätigkeit hielt es das Parlament<br />

von <strong>der</strong> <strong>Juden</strong>frage fern <strong>und</strong> befreite den König von <strong>der</strong> Pflicht, Maßnahmen<br />

gegen die <strong>Juden</strong> abzeichnen zu müssen. Das Parlament billigte die Dekrete des<br />

KEV. 97<br />

Mit <strong>der</strong> Leitung des Kommissariats für <strong>Juden</strong>fragen wurde <strong>der</strong> bisherige Leiter<br />

<strong>der</strong> juristischen Sektion <strong>und</strong> Experte für <strong>Juden</strong>fragen, Belev, beauftragt. Seine bisherigen<br />

Mitarbeiter aus dem Eisenbahnministerium nahm er ins Kommissariat mit, da<br />

sie bereits in die Bearbeitung <strong>der</strong> <strong>Juden</strong>frage eingeb<strong>und</strong>en gewesen waren. Viele waren<br />

überzeugte Antisemiten <strong>und</strong> gehörten den „Ratnici“ an. Die meisten von ihnen<br />

waren Staatsbedienstete, die von den hohen Gehältern angelockt wurden o<strong>der</strong> die<br />

Möglichkeit einer zusätzlichen, wenn auch illegalen <strong>Ein</strong>nahmequelle sahen. Die Korruption<br />

war damals auf dem Balkan an <strong>der</strong> Tagesordnung, um nicht zu sagen „institutionalisiert“.<br />

Auf dem Höhepunkt <strong>der</strong> Aktivitäten im Frühjahr 1943 waren im <strong>Juden</strong>kommissariat<br />

etwa 160 Mitarbeiter beschäftigt. Finanziert wurde sein Budget aus<br />

den konfiszierten jüdischen Bankkonten, den Son<strong>der</strong>steuern für die <strong>Juden</strong> <strong>und</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Abgaben. 98<br />

Im Deutschen Reich beobachtete man diese Maßnahmen sehr genau. Unter-<br />

97CHARY Fre<strong>der</strong>ick B., The Bulgarian Jews and The Final Solution 1940–1944, Pittsburgh 1972, S 52–55.<br />

98Siehe Fußnote 96 auf Seite 41.

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