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24 II- ETHISCHES<br />

ersticht, kurz Bordellszenen und sadistische Phantasien sind etwas ganz<br />

Gewöhnliches.<br />

Dabei ist noch nicht einmal in Anschlag gebracht, daß das gemeinsame<br />

Anschauen solcher Filme im verdunkelten Raum durch eng<br />

andnandergedrängte Personen beiderlei Geschlechts einen ganz besonderen<br />

Beigeschmack hat. Ich habe mich oft gefragt, ob denn die<br />

völlige Verdunkelung dieser Säle technisch notwendig wäre, da doch die<br />

Bilder auch bei weniger radikaler Verdunkelung ganz gut sichtbar gemacht<br />

werden könnten. Ein Licht ist mir erst aufgegangen, als ich<br />

in Emilie Altenlohs Soziologie des Kinos die Antworten las, die junge<br />

Industriearbeiter auf die Umfrage gaben, warum sie das Kino so gern<br />

besuchten: »Weil sie da mit ihren Freundinnen im Dunkeln zusammensitzen<br />

könnten,« Dasjenige Kino ist bei ihnen das beliebteste, »wo es<br />

am dunkelsten ist.« Man kann angesichts all dieser Tatsachen wirklich<br />

das sexuelle Kinodrama in unseren industriereichen Großstädten als die<br />

Vorschule der Verführung, den Schrittmacher der Prostitution bezeichnen.<br />

Früher haben die Kinoindustriellen zugunsten der Behandlung<br />

sexueller Stoffe im Kinodrama immer geltend gemacht, daß die Liebe<br />

auch ein bevorzugter Gegenstand der Poesie und bildenden Kunst sei.<br />

Auch in Romanen und Theaterstücken würden oft erotische Stoffe in<br />

ziemlich freier Weise behandelt, und die Nudiiäten in Malerei und Plastik<br />

seien schließlich auch nicht besser als die anzüglichen Szenen unserer<br />

dramatischen Filme. Was dem Buch und der Wortbühne, dem Gemälde<br />

und der Statue recht sei, das sei auch dem Film billig. Man<br />

handle unlogisch, wenn man das eine gestatte und das andere verbiete.<br />

Kritiker von strenger Moral haben darauf wohl erwidert, das sei ganz<br />

richtig. Aber diese sexuellen Stoffe der anderen Künste seien eben<br />

auch verwerflich. Gerhard Hauptmanns Vor Sonnenaufgang, Wedekinds<br />

Büchse der Pandora, Offenbachs Schöne Helena, viele französische<br />

Ehebruchskomödien, Correggios lo, Manets Olympia usw, seien<br />

eben auch unsittliche Kunstwerke, die als solche nicht gebilligt werden<br />

könnten.<br />

Damit kommt man aber nicht durch. Gewiß, ein literarisch oder<br />

künstlerisch wertloses Produkt, das außerdem einen unanständigen<br />

Inhalt hat, ist ebenso verwerflich wie ein sexuelles Kinodrama. Aber<br />

wo soll man in der eigentlichen Kunst die Grenze zwischen wertvoll<br />

und wertlos ziehen? Die Liebe und der nackte menschliche Körper<br />

sind nun einmal von jeher Hauptgegenstände der Poesie und bildenden<br />

Kunst gewesen. Auch Shakespeare, Goethe und Richard Wagner, auch<br />

Giorgione und Tizian haben Werke geschaffen, die sinnlich reizen und<br />

an denen zartbesaitete Gemüter Anstoß nehmen können. Deshalb<br />

wird niemand im Ernst fordern, daß der wahren Kunst in dieser Be-

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