Das größte Verbrechen des Strafgesetzes. - Welcker-online.de
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aushilfe von 60 K als Entschädigung zuerkannt wur<strong>de</strong>. Auf ein diesfälliges Gesuch<br />
erhielten die Hilfsbeamten <strong>de</strong>r Krankenanstalten keine Erledigung. Die<br />
Eingabe wur<strong>de</strong> einfach, wie sich später herausstellte, ad acta gelegt. Auf eine<br />
Mahnung kam wie<strong>de</strong>r keine Antwort, auf eine nochmalige Urgenz erhielten<br />
sie die Auskunft: es sei zu solchen Zwecken kein Geld da. Durch ein Hofkanzlei<strong>de</strong>kret<br />
vom Jahre 1868 ist allen Hilfsbeamten <strong>de</strong>r Krankenanstalten nach<br />
zehnjähriger Dienstzeit die Erreichung <strong>de</strong>r Xl. Rangsklasse zugesichert. Auf<br />
ein diesfälliges Gesuch wur<strong>de</strong>n die Hilfsbeamten abgewiesen und zwar mit einer<br />
Berufung darauf, daß die Statthalterei durch das Amtspraktikantenunwesen<br />
jenes Hofkanzlei<strong>de</strong>kret einfach aufgehoben hat. Mit <strong>de</strong>r Verordnung vom<br />
19. Juli 1902 wur<strong>de</strong> es ausdrücklich verboten, Volontäre als Anwärter auf<br />
»Kanzleihilfsarbeiterposten« zu beschäftigen. Macht nichts — im allg. Krankenhause<br />
sind doch immer 2 o<strong>de</strong>r 3 solcher Hungerkünstler dauernd tätig.<br />
Aber das stärkste Stück wur<strong>de</strong> am 1. Februar l. J. geleistet. Man hat nämlich<br />
<strong>de</strong>n Kanzleigehilfen <strong>de</strong>r einzelnen Krankenanstalten Notstandsaushilfen von<br />
10, 15 und 20 K gnädigst bewilligt. Und dies auch nur mit Rücksicht auf <strong>de</strong>n<br />
humanitären Zweck <strong>de</strong>r Anstalten, sonst hätte man diese Notstandsaushilfen<br />
wahrscheinlich zugunsten <strong><strong>de</strong>s</strong> Fon<strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>de</strong>n Kanzleigehilfen vom Gehalte abgezogen.<br />
Ein solches Bettelgeld untersteht man sich einem Beamten unter <strong>de</strong>m<br />
Titel einer Notstandsaushilfe zu geben! Ein 10—K—Trinkgeld dürfte nicht einmal<br />
hinreichen, um auch bei <strong>größte</strong>r Sparsamkeit die vielseitigen Neujahrsansprüche<br />
<strong>de</strong>r Hausbesorger, Briefträger, Rauchfangkehrer, Mistbauern usw. zu<br />
<strong>de</strong>cken. Daß sich ein Familienvater mit einer solchen Aushilfe nicht helfen<br />
kann, wußte man im voraus. Es ist also nur die Absicht vorgelegen, irgen<strong>de</strong>twas<br />
zu geben, um die Bittsteller los zu wer<strong>de</strong>n, ein Verfahren, das man <strong>de</strong>n<br />
Werkelmännern gegenüber beobachten kann. Möge die Öffentlichkeit über jenen<br />
Beamten richten, <strong>de</strong>r die Stirne hatte, einen Betrag, wie ihn durchschnittlich<br />
die Wiener Pfründner beziehen, einer Reihe von Beamten als »Notstandsaushilfe«<br />
zuzuerkennen! Aber <strong>de</strong>r Erlaß hat noch einen Nachsatz: Mit Rücksicht<br />
auf die seitens <strong>de</strong>r Regierung versprochene Erhöhung <strong>de</strong>r Bezüge <strong>de</strong>r<br />
Hilfsbeamten um 80 K jährlich — welche Fülle, welche Gna<strong>de</strong>! bemerkt die<br />
Statthalterei gleich in diesem Beschei<strong>de</strong>, daß, wenn die Hilfsbeamten auf solche<br />
Weise wirklich zu Geld kommen sollten, ihnen von dieser Aushilfe auch<br />
noch <strong>de</strong>r jetzt angewiesene Betrag abzuziehen sei. Wenn <strong>de</strong>r Personalreferent<br />
seine traurige Charakterrolle in einem mo<strong>de</strong>rnen Drama darzustellen hätte<br />
und sich zu einiger Naturwahrheit hinreißen ließe, so könnte es ihm passieren,<br />
daß er vom Publikum gelyncht wür<strong>de</strong>. <strong>Das</strong> ist die Antwort auf ein von zirka<br />
30 Beamten unterfertigtes und von <strong>de</strong>n Leitungen <strong>de</strong>r einzelnen Anstalten<br />
und <strong>de</strong>n Amtsvorstän<strong>de</strong>n befürwortetes Gesuch, in welchem die allgemeine<br />
Notlage <strong>de</strong>r Hilfsbeamtenschaft, die herrschen<strong>de</strong> Teuerung, die beinahe sibirische<br />
Strenge <strong><strong>de</strong>s</strong> Winters, und wie alle unsere sattsam bekannten Lei<strong>de</strong>n<br />
sonst noch heißen mögen, zur Unterstützung einer gewiß gerechtfertigten<br />
Bitte angeführt wer<strong>de</strong>n! Mit <strong>de</strong>r Erledigung hat man gewartet, bis das Abgeordnetenhaus<br />
nicht mehr tagt .... Und dabei schämt man sich nicht, mit engherzigen<br />
Tricks je<strong>de</strong>n einzelnen Hilfsbeamten um die ihm zustehen<strong>de</strong>n 50 K<br />
zu prellen, und zwar auf die folgen<strong>de</strong> Art: in früheren Jahren erhielten die<br />
Hilfsbeamten diese erwähnte Summe alljährlich mit Beginn <strong>de</strong>r Winterszeit,<br />
im Jahre 1903 aber wur<strong>de</strong>n sie mit <strong>de</strong>r Versicherung, daß <strong>de</strong>r Kredit pro 1903<br />
bereits erschöpft sei und die diesjährige Aushilfe aus <strong>de</strong>m Kredite <strong><strong>de</strong>s</strong> Jahres<br />
1904 im kommen<strong>de</strong>n Frühjahre wer<strong>de</strong> angewiesen wer<strong>de</strong>n, vertröstet. So geschah<br />
es auch und die Folge davon ist, daß die Aushilfe für 1906 in <strong>de</strong>n Brunnen<br />
gefallen ist, da <strong>de</strong>r jetzt angewiesene Pfründnerbezug als pro 1907 gege-<br />
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