Das größte Verbrechen des Strafgesetzes. - Welcker-online.de
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Gespräch entwickelt hätte, wie es das 'Neue Wiener Tagblatt' in seinem Bericht<br />
über die Audienz <strong>de</strong>r Operettenkomponisten mitteilt: »Nicht wahr, Herr<br />
Hofkapellmeister, bei <strong>de</strong>m gestrigen Hofball haben Sie sich sehr geplagt?«<br />
»Freilich. Exzellenz! Ich spüre heute meine Arme nicht mehr, und GESCHWITZT<br />
habe ich ... !« Was hatten übrigens die Operettenkomponisten beim Justizminister<br />
zu suchen? Sie wollten ihm für sein Eintreten in einer Frage <strong><strong>de</strong>s</strong> autorrechtlichen<br />
Schutzes danken. Daß Herr Ziehrer in <strong>de</strong>r Deputation war, ist erfreulich.<br />
Man sieht, daß auch ein berühmt gewor<strong>de</strong>ner Komponist nicht immer<br />
nur an sein eigenes Interesse <strong>de</strong>nkt, son<strong>de</strong>rn auch die Stan<strong><strong>de</strong>s</strong>interessen<br />
im Auge hat. Wenn das <strong>de</strong>r selige Hasel erlebt hätte! Was aber wollte Herr<br />
Charles Weinberger unter <strong>de</strong>n Deputierten? Welches Interesse kann er haben,<br />
sich für eine Erweiterung <strong><strong>de</strong>s</strong> autorrechtlichen Schutzes einzusetzen? Es<br />
heißt ja sogar, daß die Komponisten »seiner Anregung folgend« korporativ<br />
beim Justizminister erschienen sind. Gibt es also wirklich Komponisten, die<br />
sich auch einmal von Herrn Weinberger anregen lassen? Österreichische Operetten<br />
wer<strong>de</strong>n im Ausland aufgeführt, ohne daß die Komponisten Honorare<br />
empfangen. Darum dreht sich's. Aber im Ausland stehen wenigstens die Namen<br />
<strong>de</strong>r Komponisten auf <strong>de</strong>m Theaterzettel einer Operette, während im Inland<br />
sehr häufig <strong>de</strong>r Name eines ganz an<strong>de</strong>rn Komponisten auf <strong>de</strong>m Zettel<br />
steht. Wenn man liest, daß Wiener Operettenerzeuger bei einem österreichischen<br />
Minister waren, wür<strong>de</strong> man gewiß im ersten Augenblick glauben, daß<br />
es sich entwe<strong>de</strong>r um eine Petition zur Mil<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Härten <strong><strong>de</strong>s</strong> Befähigungsnachweises<br />
o<strong>de</strong>r um eine Abwehr <strong><strong>de</strong>s</strong> Schutzes autorrechtlicher Interessen<br />
handle. Dann wäre auch eine Kundgebung <strong><strong>de</strong>s</strong> Stan<strong><strong>de</strong>s</strong>bewußtseins erklärlich.<br />
Daß die Räuber ein stärkeres Solidaritätsgefühl mit <strong>de</strong>n Komponisten verbin<strong>de</strong>t<br />
als diese untereinan<strong>de</strong>r, verrät Johann Strauß im »Prinzen Methusalem«,<br />
da er in einer <strong>de</strong>r reizvollsten Szenen einen Banditenchor <strong>de</strong>n gefangenen<br />
Musiker mit <strong>de</strong>n großmütigen Worten freigeben läßt: »Komponisten tun wir<br />
nichts!« Er freilich durfte sich solchen Verrat erlauben, ohne sich selbst verdächtig<br />
zu machen. Jene aber, die die Geschmacksverrohung heute mit ihm zu<br />
vergleichen wagt, müssen erst mit <strong>de</strong>m Justizminister autorrechtliche Konferenzen<br />
abhalten, um ihre Originalität zu beweisen.<br />
[Die bei<strong>de</strong>n Preßbälle.]<br />
Schmock. Der Ball <strong>de</strong>r antisemitischen Journalistik, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Concordiaball<br />
auf <strong>de</strong>m Schweißfuße folgt — o<strong>de</strong>r umgekehrt —, ist einer <strong>de</strong>r Beweise<br />
für die unglaubliche Assimilationsfähigkeit <strong><strong>de</strong>s</strong> Ariertums. Seit Jahren kennt<br />
das »<strong>de</strong>utsch—österreichische Schrifttum« — so heißt wohl <strong>de</strong>r Jammer —<br />
keinen an<strong>de</strong>rn Ehrgeiz als die Gebär<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>s</strong> jüdischen Parvenütums zu kopieren.<br />
Der Kommerzialrat Kohn zieht <strong>de</strong>n Medschidie—Or<strong>de</strong>n an und geht tanzen:<br />
sofort beginnt sich auch <strong>de</strong>r Magistratsdiener Faschinghauer — unter<br />
diesem Beruf und Namen subsumiere ich <strong>de</strong>n Begriff <strong><strong>de</strong>s</strong> Deutsch—Österreichertums<br />
— im Kreise zu drehen. Der Kohn zwingt die Theaterleute mitzutanzen,<br />
<strong>de</strong>r Faschingbauer tut <strong><strong>de</strong>s</strong>gleichen. Der Kommerzialrat nennt alle, die da<br />
waren, und alle, die »ihr Fernbleiben entschuldigt hatten«, <strong>de</strong>r Magistratsdiener<br />
ist schon beglückt, wenn eine hohe Persönlichkeit ihr Fernbleiben nicht<br />
entschuldigt. Jener verwen<strong>de</strong>t das Schmalz <strong>de</strong>r Damen und die Butter, die die<br />
Herren auf <strong>de</strong>m Kopf hatten, um <strong>de</strong>n traditionellen »Glanz« herzustellen,<br />
durch <strong>de</strong>n <strong>de</strong>r diesjährige Concordiaball seine Vorgänger übertraf. Der ehrliche<br />
Arier sucht einer Versammlung von Betschwestern und Diurnisten noch<br />
stärkere Effekte abzugewinnen:<br />
»Die Vereinigung aller dieser Vorzüge hat kein an<strong>de</strong>rer Ball aufzuweisen,<br />
und da ist es <strong>de</strong>nn wohl erklärlich, daß die Schriftsteller-<br />
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