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Das größte Verbrechen des Strafgesetzes. - Welcker-online.de

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son<strong>de</strong>rn einfach Sophokles ins Französische übersetzt hat. So daß also die Pariser<br />

getäuscht wor<strong>de</strong>n wären und überhaupt keinen französischen Hofmannsthal,<br />

son<strong>de</strong>rn bloß einen französischen Sophokles zu sehen bekommen<br />

hätten? in <strong>de</strong>r Tat scheint die Pariser Kritik diesen Eindruck wi<strong>de</strong>rzuspiegeln.<br />

Sie ignoriert Herrn von Hofmannsthal bei dieser Gelegenheit etwa so, wie<br />

Herr Salten <strong>de</strong>n Aristophanes, und gönnt ihm nicht einmal jene Ehre <strong>de</strong>r<br />

flüchtigen Erwähnung, die Herr Salten <strong>de</strong>m Sophokles nicht vorenthält. Und<br />

mehr als das. Wer <strong>de</strong>n Bericht <strong><strong>de</strong>s</strong> anerkanntesten französischen Kritikers,<br />

Emil Faguet, im 'Journal <strong><strong>de</strong>s</strong> Debats' (11. Februar) liest, muß sogar glauben,<br />

daß da nicht nur ein französischer Sophokles, son<strong>de</strong>rn auch das direkte Gegenteil<br />

eines französischen Hofmannsthal gezeigt wur<strong>de</strong>. Man höre:<br />

»M. Alfred Poizat nous donne l'Electra <strong>de</strong> Sophocle en la resserrant<br />

et en accélérant, avec discrétion, le mouvement. C'est <strong>de</strong> trés<br />

bon goût. M. A. Poizat a le sens <strong>de</strong> la mesure et <strong>de</strong> l'eurythmie. IL<br />

NE SE SUBSTITUE PAS À L'AUTEUR. IL EST CORRECT ET MODESTE ... Ses vers sont<br />

très honnètes, SANS IMAGES TRÈS FORTES, sans sonorités très expressives;<br />

mais NETS, SOLIDES et d'une bonne facture 1 «.<br />

Hand aufs Herz: Ist dies die Charakteristik eines französischen Hofmannsthal?<br />

Und auf wen wälzte Herr Poizat — Pariser Berichten zufolge —<br />

am Abend <strong>de</strong>r Aufführung die Ehre <strong><strong>de</strong>s</strong> Theatersieges?<br />

»Lorsque le ri<strong>de</strong>au fut tombé sur le <strong>de</strong>rnier acte d'Electra, le prési<strong>de</strong>nt<br />

<strong>de</strong>man<strong>de</strong> dans sa loge M. Alfred Poizat, qui murmura avec<br />

une trs spirituelle mo<strong><strong>de</strong>s</strong>tie: 'QUEL DOMMAGE QUE SOPHOCLE NE SOIT PAS<br />

LÀ!' 2 «<br />

Aber nicht, wie das verstümmelte Telegramm <strong>de</strong>r 'Zeit' beinahe gemel<strong>de</strong>t<br />

hätte: »Quel dommage que Hofmannsthal ne soit pas là 3 !«<br />

[Die Operettenkomponisten beim Justizminister.]<br />

Musiker.<br />

»Auf <strong>de</strong>r Musikestra<strong>de</strong> endlich schwang C. M. Ziehrer <strong>de</strong>n Dirigentenstab.<br />

Dezennien hindurch befehligte immer ein Mitglied<br />

<strong>de</strong>r Walzerdynastie Strauß das Hofballorchester. C. M. Ziehrer<br />

<strong>de</strong>r Träger eines nicht min<strong>de</strong>r guten Namens im Reiche <strong>de</strong>r Wiener<br />

Musik, hat Strauß abgelöst; bloß ein Namens—, kein Musikwechsel,<br />

<strong>de</strong>nn die gestrige Tanzmusik war die alte köstlich wienerische,<br />

die Musik <strong><strong>de</strong>s</strong> Lanner, <strong><strong>de</strong>s</strong> Strauß und <strong><strong>de</strong>s</strong> Ziehrer.«<br />

So meint das 'Neue Wiener Tagblatt'. Teilt Herr Pötzl, <strong>de</strong>r Wahrer wienerischer<br />

Werte, die Meinung? Man weiß allerdings, warum Herr Ziehrer Hofkapellmeister<br />

wur<strong>de</strong>. Der jüngste Strauß konnte es — so erfahren wir im Krida—Prozeß<br />

seiner finanziellen Misere wegen nicht wer<strong>de</strong>n. Herr Ziehrer aber<br />

ist — davon hat man sich bei Hofe aus <strong>de</strong>n nachgelassenen Papieren seines<br />

Lehrers Hasel überzeugt — wenigstens zahlungsfähig. Und <strong>de</strong>r Vergleich <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Herrn Ziehrer mit Johann Strauß <strong>de</strong>m Großen — Nestroy und Krenn, Girardi<br />

und Herr Rauch — wird mit <strong>de</strong>r Zeit je<strong>de</strong>m Kenner einleuchten. Fraglich<br />

bleibt nur, ob sich auch zwischen Johann Strauß und <strong>de</strong>m Justizminister ein<br />

1 “Herr Alfred Poizat gibt uns die Elektra von Sophokles in verdichteter Form und beschleunigt<br />

diskret die Bewegung. Es zeugt von gutem Geschmack. Herr A. Poizalt hat einen Sinn<br />

für <strong>de</strong>n Takt und <strong>de</strong>n Rhythmus. Er fügt sich nicht <strong>de</strong>m Autor. Er ist korrekt und beschei<strong>de</strong>n<br />

… Seine Verse sind sehr aufrichtig, ohne starke Bil<strong>de</strong>r, ohne sehr ausdrucksstarken<br />

Klang; aber einfach, gut gebaut und von einem guten Umbruch“.<br />

2 “Als <strong>de</strong>r Vorhang nach <strong>de</strong>m letzten Akt <strong>de</strong>r Elektra gefallen war, befragte <strong>de</strong>r Präsi<strong>de</strong>nt<br />

Herrn Alfred Poizat in seiner Loge, <strong>de</strong>r in sehr geistreicher Beschei<strong>de</strong>nheit antwortete:<br />

'Wie scha<strong>de</strong>, daß Sophokles nicht da ist!'“<br />

3 “Wie scha<strong>de</strong>, dass Hofmannsthal nicht da ist!“<br />

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