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104<br />

einen Vertrag miteinander, der eine übergeordnete<br />

institution kon stituiert und alle Beteiligten in gleicher<br />

Weise verpflichtet, sich dieser institution zu unterwerfen.<br />

thomas Hobbes begründet den Vertragsschluss mit<br />

seiner anthropologischen Grund annahme, dass jeder<br />

Mensch zunächst bestrebt sei, Schaden von sich<br />

selbst abzuwenden und seinen eigenen persönlichen<br />

nutzen zu maximieren. der Mensch im Sinne von<br />

Hobbes ist angetrieben durch drei Hauptbestrebungen:<br />

den Willen nach Selbsterhaltung, das Stre ben<br />

nach fortschreitender Glücksmaximierung und den<br />

Willen zur stetigen Steigerung seiner Macht. in diesem<br />

Sinne bildet das Machtstreben den Kern der menschlichen<br />

antriebe, da Machtbesitz die Voraussetzung<br />

für die durchsetzung der eigenen interessen darstellt.<br />

dies führt in Hobbes’ Gedankenexperiment eines<br />

naturzustands, in dem noch kein Staat existiert, zu<br />

einem „Krieg aller gegen alle“ („bellum omnium contra<br />

omnes“). dieser ist gekennzeichnet durch Konkurrenz,<br />

Misstrauen und Streben nach anerkennung; das Streben<br />

aller nach nur begrenzt verfügbaren, knappen<br />

Gütern setzt eine dynamik in Gang, die für alle zu<br />

einer „beständigen Furcht und Gefahr eines gewaltsamenTodes“<br />

führt: „Das menschliche Leben ist armselig,<br />

ekelhaft und kurz“ (thomas Hobbes: Leviathan<br />

Kap. 13). Wie kommt nun der Mensch aus diesem<br />

unseligen naturzustand heraus? nach Hobbes ist der<br />

Mensch aufgrund des naturrechts darauf angelegt,<br />

alles zu tun, um dem Streben nach Selbsterhaltung<br />

nach zukommen – erforderlichenfalls bis <strong>zum</strong> töten,<br />

während das Gesetz der natur Frieden for dert:<br />

„Suche Frieden, wenn du kannst, findest du ihn nicht,<br />

führe Krieg“ (Hobbes: Leviathan, Kap. 14, vgl. dazu<br />

unten die ausführungen zur rechtsphilosophie). im<br />

naturzustand angelegt ist somit bereits das Bedürfnis<br />

der Menschen nach Frieden. um sich vor der stetigen<br />

Be drohung durch die anderen zu schützen, schließen<br />

die Menschen dieser Staatstheorie zufolge einen Vertrag,<br />

in dem jeder von ihnen auf sein individuelles<br />

recht auf alles verzichtet und sie sich alle gemeinsam<br />

einem Souverän unterwerfen, dem sie fortan alle<br />

rechte uneingeschränkt über tragen. dieser Vertrag<br />

wird nicht zwischen „Volk“ und „Souverän“, sondern<br />

nur innerhalb des „Volks“ geschlossen. dies beendet<br />

den Krieg aller gegen alle, da nun der Souverän als<br />

höchste instanz die aufgabe erfüllt, durch erlassen<br />

von Gesetzen und Bestrafung bei nichtbefolgung den<br />

Schutz des einzelnen in der Gemeinschaft sicherzustellen.<br />

der Souverän ist fortan ein absoluter Herrscher;<br />

dies steht aber nach Hobbes nicht im Widerspruch<br />

<strong>zum</strong> Willen des einzelnen, da Hobbes davon<br />

ausgeht, dass der Wille dieses Souveräns mit dem<br />

Gemeinwillen identisch ist; daher sind eine abwahl<br />

des Souveräns durch das Volk und neuwahlen nicht<br />

vorgesehen. da die Hauptaufgabe des Souveräns in<br />

der Herstellung der Sicherheit nach innen und nach<br />

außen besteht, verliert er seine Macht, sobald er<br />

diese nicht mehr gewährleisten kann; ins besondere<br />

wenn der Staat durch eine äußere Staatsmacht in<br />

einem Krieg unterworfen wird, sind die untertanen<br />

nicht mehr ihm gegenüber, sondern gegenüber dem<br />

neuen Herrscher <strong>zum</strong> Gehorsam verpflichtet. Somit<br />

kann ein Staatsgebilde also nicht nur aufgrund eines<br />

Ver trags („commonwealth by institution“), sondern<br />

auch durch unterwerfung („commonwealth by<br />

acquisition“) zu Stande kommen.<br />

nach Jean-Jacques rousseau lässt sich Herrschaft<br />

nicht auf natürliche Gegebenheiten, sondern nur<br />

auf einen in Freiheit von den beteiligten individuen<br />

geschlossenen Vertrag be gründen, da Freiheit zur<br />

natur des Menschen gehört. nach rousseau ist es<br />

einem Volk nicht möglich, seine Freiheit an einen<br />

Monarchen abzutreten; dies stünde im Widerspruch<br />

<strong>zum</strong> menschlichen Freiheitsverständnis. einerseits<br />

würde hierzu der freie Wille voraus gesetzt, andererseits<br />

gerade dieser aber wieder außer Kraft gesetzt.<br />

Vielmehr ist bei rousseau das Volk selbst der Souverän:<br />

es hat mit sich selbst den Gesellschaftsvertrag<br />

geschlossen, und auch alle Gesetzgebung geht<br />

vom Volk aus. im idealfall werden die Gesetze einstimmig<br />

beschlossen; da dies in der realität aber in<br />

den seltensten Fällen vorkommt, gilt die regel, dass<br />

die Mehrheit entscheidet („volonté générale“ – der<br />

Gemeinwille). die Mehr heits entscheidung bedeutet<br />

im Sinne von rousseau jedoch nicht nur, dass die<br />

von der Mehrheit beschlossenen Gesetze auch von<br />

der Minderheit zu befolgen sind, sondern dass die<br />

Minderheit gezwungen werden soll, ihr Votum als<br />

„Irrtum“ zu verwerfen. Mit der Mehrheitsentscheidung<br />

ist jeder disput beendet, die Minderheit hat<br />

nach rousseau nicht das recht, ihre ansichten<br />

weiter zu vertreten und um neue Mehrheiten zu<br />

werben mit dem Ziel, einmal beschlossene Gesetze<br />

zu einem späteren Zeitpunkt zu ändern. der Ge-<br />

politische philosophie – rechtsphilosophie

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