09.10.2013 Aufrufe

HandreicHung zum LeHrpLan Leistungskurs pHiLosopHie

HandreicHung zum LeHrpLan Leistungskurs pHiLosopHie

HandreicHung zum LeHrpLan Leistungskurs pHiLosopHie

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

trollinstanz“ voraussetze. der sich geschichtlich („in<br />

the long run“) vollziehende Fortschritt in der Sinnverständigung<br />

in theorie und Praxis sei auf Sprache<br />

angewiesen, da nur in und mit der Sprache die Überwindung<br />

des „methodischen Solipsismus der traditionellen<br />

Erkenntnistheorie“ durch den (die tradition<br />

miteinbeziehenden) dialog innerhalb der „Kommunikationsgemeinschaft“<br />

gelingen könne (Karl-Otto<br />

apel: Szientismus oder transzendentale Hermeneutik?;<br />

in: Hermeneutik und Dialektik, Bd. i, hrsg. von rüdiger<br />

Bubner, Konrad cramer, reiner Wiehl).<br />

6. Gibt es eine Hermeneutik der Natur?<br />

die Spannung zwischen einem deterministischen<br />

naturbegriff und naturteleologie spie gelt sich in der<br />

Philosophie immanuel Kants wider. Kants Philosophie<br />

steht gleichzeitig exemplarisch für die mit descartes<br />

einsetzende Philosophie der Subjektivität, in der alles<br />

Ontische gesetzt ist durch das (transzendentale)<br />

Subjekt, das innerhalb dieses Pa radigmas der Philosophie<br />

in den rang des „subjectum“ alles Seienden<br />

gehoben ist. Was natur ist, ist zunächst „Entwurf“<br />

des er kenntnissubjektes, wie Kant in der Vorrede zur<br />

2. auflage der Kritik der reinen Vernunft im Hin blick<br />

auf die tätigkeit der „Naturforscher“ betont: „Sie<br />

begriffen, dass die Vernunft nur das einsieht, was sie<br />

selbst nach ihrem Entwurfe hervorbringt, dass sie mit<br />

Prinzipien ihrer Urteile nach beständigen Gesetzen vorangehen<br />

und die Natur nötigen müsse, auf ihre Fragen<br />

zu antworten, nicht aber sich von ihr allein gleichsam<br />

am Leitbande gängeln lassen müsse: denn sonst hängen<br />

zufällige, nach keinem vorher entworfenen Plane<br />

gemachte Beobachtungen gar nicht in einem notwendigen<br />

Gesetze zusammen, welches doch die Vernunft<br />

sucht und bedarf.“ Mit dem Sys tem der (synthetischen)<br />

Grundsätze des reinen Verstandes ermittelt<br />

Kant jenen apriorischen entwurf einer natur, der zugleich<br />

die Möglichkeit von erfahrung und der Objekte<br />

der erfahrung begründet. nur auf der Basis dieses<br />

entwurfs einer reinen naturwissenschaft gibt es empirische<br />

naturwissenschaft und überhaupt objektiv<br />

vor gestellte natur. in den Metaphysischen Anfangsgründen<br />

der Naturwissenschaft legt Kant dar, dass<br />

erste erfahrungsbegriffe der naturwissen schaften<br />

vermittelnd zwischen reine na turwissenschaft und<br />

empirische Wissenschaft treten. die aufgabe der<br />

Kritik der Urteilskraft besteht darin, den deterministischen<br />

naturbegriff der Kritik der reinen Vernunft<br />

und die Freiheitsidee der praktischen Philosophie<br />

zu versöhnen. dabei kommt dem Prinzip der reflektieren<br />

den urteilskraft eine entscheidende rolle zu. Sie<br />

„ver steht“ die natur so, als liege ihr ein Zweckdenken<br />

zu Grunde (vgl. dazu die ausführungen <strong>zum</strong> arbeitsbereich<br />

Metaphysik).<br />

als Beispiel für eine neubesinnung auf eine teleologische<br />

natur betrachtung in der zweiten Hälfte des 20.<br />

Jahrhunderts kann die Philosophie von Hans Jonas<br />

angeführt werden. Gerade dadurch, dass Jonas dem<br />

Substanzdualismus eine absage erteilt, rückt das dem<br />

leben inhärierende Phäno men von „Innerlichkeit“ in<br />

den Fokus der Betrachtung. Materie hat von anfang<br />

an die „Begabung“ zu leben und Geist, erwartet und<br />

ersehnt diese. Gleichwohl ist leben eine das bloß<br />

anorganische Sein der Materie transzendierende<br />

tätigkeit, die sich selbst be jaht, sich selbst will als<br />

ein immer bewusster werdendes Fühlen ihrer selbst.<br />

dass Be wusstsein in der natur auftaucht, kann – so<br />

Jonas – nur teleologisch, nicht evolutions biologisch<br />

erklärt werden: „Die Evolutionsmechanik, so wie sie<br />

von ihren Befürwortern vertreten wird, erklärt vielleicht<br />

die Evolution des Gehirns, nicht aber die des Bewusstseins“<br />

(Hans Jonas: Last und Segen der Sterblichkeit).<br />

leben transzendiert das anorga nische Sein der Materie,<br />

Geist transzendiert das leben; das Sein wird durch<br />

diesen Freiheitsakt bereichert um die di mension von<br />

reflexion und abstraktion, um so die er kenntnis und<br />

Wertmaßstäbe von Wissen schaft, Moral, Ästhetik<br />

und religion gewinnen zu können. die Frage, ob man<br />

die natur verste hen kann, könnte mit Jonas so beantwortet<br />

werden: „Da Leben mit Innerlichkeit, Interesse<br />

und Zweckwollen aus dem Weltstoff hervorgegangen<br />

ist, kann diesem in seinem Wesen dergleichen<br />

nicht fremd sein; und wenn seinem Wesen nicht, dann<br />

[. . .] auch seinem Anfang nicht“ (Hans Jonas: Materie,<br />

Geist und Schöpfung. Kosmologischer Befund und<br />

kosmogonische Vermutung). eine annäherung an<br />

das naturteleologische denken erfolgt aktuell von<br />

physikalischer Seite. autoren wie amit Goswami<br />

(Das bewusste Universum) und thomas Görnitz<br />

(Der kreative Kosmos) unternehmen den Versuch,<br />

die Quantentheorie idealis tisch zu deuten. nach<br />

Görnitz ist Materie „kondensierte Protyposis“, die<br />

zielgerichtet und in kreativer Weise leben und<br />

selbstbewusste Wesen hervorbringt.<br />

Wissenschaftsphilosophie – naturphilosophie 79

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!