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stand geschuldet ist, dass die Gefahren der anwendung<br />
von naturwissenschaftlichen erkenntnissen<br />
in der technik desto deutlicher hervortreten, je<br />
mehr die mit dieser tech nik einhergehende Macht<br />
des Menschen gegenüber der natur wächst. eine<br />
(kri tische) reflexion von Werten und Konsequenzen<br />
wissenschaftlichen Handelns gehört deshalb <strong>zum</strong><br />
Kontext der Wissenschaftstheorie hinzu, wobei dem<br />
von einigen autoren favorisierten Be griff der Wissenschaftsphilosophie<br />
eher auch wissenschaftsethische<br />
und wissenschaftskritische reflexionen zuzuordnen<br />
sind als dem Begriff der Wissen schaftstheorie, der<br />
häufig – z. B. im logischen empirismus des Wiener<br />
Kreises – für ein Wissenschaftsideal steht, mit dem<br />
eine ab kehr von allen sinnlosen metaphysischen<br />
Setzungen verbunden ist. die nähe der Wissenschaftstheorie<br />
zu den naturwissen schaften begründet<br />
auch den Zusammenhang zur naturphilo sophie,<br />
die danach fragt, was wir überhaupt unter natur zu<br />
verstehen haben und was die er kenntnisbedingungen<br />
von natur sind. Je nach unterschiedlicher philosophischer<br />
Position kann naturphiloso phie in Wissenschaftstheorie<br />
aufgehen – weil eben natur nichts<br />
anderes zu sein scheint als die in der naturwissenschaft<br />
erkannte natur – oder sich als eher eigenständige<br />
dis ziplin der Philosophie behaupten. in<br />
abhängigkeit von der philosophischen Position kann<br />
natur philosophie auch Metaphysik der natur sein.<br />
2. Was ist Natur?<br />
die ersten Philosophen der antike sind naturphilosophen.<br />
Für sie gibt es nichts als natur, diese ist die<br />
totalität des Seien den. die vor sokratische naturphilosophie<br />
stellt die Frage nach dem ursprung, der<br />
arche, in den Mittelpunkt ihrer philosophischen reflexion.<br />
So sieht anaximander im apeiron, im grenzenlos<br />
unbestimm baren, den ursprung der naturdinge,<br />
das die in raum und Zeit bestimmten entitäten ermöglicht.<br />
Heraklit versteht unter natur einen durch<br />
eine urkraft (Feuer) getragenen, unendlichen, sich in<br />
Gegensätzen entfaltenden Prozess. dass die natur als<br />
totalität zu verstehen ist, teilt jede Form von Materialismus<br />
mit der vorsokrati schen naturphilosophie.<br />
auch dem modernen Physikalis mus (u. a. vertreten<br />
durch Steven Weinberg, Wolfgang Stegmüller) geht<br />
es um die „arche“, die er als ein Wir ken von physi-<br />
kalischen Kräften deutet. der Physikalismus kann<br />
als ein monisti scher re duktionismus charakterisiert<br />
werden, weil die Komplexität in der entwicklung<br />
der natur hinreichend erklärt werden soll mit Hilfe<br />
physikalischer Kategorien. das erkennt nisideal des<br />
Physikalismus stellt die Weltformel dar, nach der <strong>zum</strong><br />
Beispiel albert einstein gesucht hat. Wenn der Physikalismus<br />
recht hat, dann ist die totalität der natur<br />
„eigentlich“ physikalischer natur. entitäten wie Geist<br />
und Kultur verblassen im physika listischen Weltbild<br />
zu epiphänome nen letztendlich physikalischer Prozesse.<br />
Gegenwär tig scheint das biologische Weltbild<br />
in den Vordergrund zu treten. die Vertreter des emergenzkonzepts<br />
bestreiten, dass die Komplexität von<br />
lebensprozessen reduzierbar ist auf das Wirken physikalischer<br />
Kräfte; vielmehr gehen sie davon aus, dass<br />
biologische Systeme autopoietische Systeme sind,<br />
das heißt Systeme, die sich selbst organisieren und<br />
regulieren. das biologische Weltbild prägt vor allem<br />
auch die aktuelle anthropologi sche diskussion. evolutionsbiologische<br />
und neurobiologische erkenntnisse<br />
vom Men schen geraten zunehmend in den Fokus<br />
anthropologischer Überlegungen und stellen <strong>zum</strong> teil<br />
tradierte Bilder vom Menschen in Frage (vgl. arbeitsbereich<br />
anthropologie).<br />
Gegen den materialistischen reduktionismus vertritt<br />
Karl Popper die these, dass die physika lische Welt<br />
nur das Fundament darstellt, auf dem sich die Welt<br />
des Psychischen und Geistigen sowie die Welt der<br />
theorien und ideen aufbauen kann. charakteristisch<br />
für die drei-Welten-theorie Poppers ist die erkenntnis,<br />
dass jede dieser Welten jeweils einen für sich<br />
existierenden Seinsbereich darstellt. Zwar stellt die<br />
physikalische Welt das Fundament dar für die darauf<br />
auf bauende Welt der psychischen erlebnisse, doch<br />
kann diese nach Popper nicht hinreichend er klärt<br />
werden als ein Wirken physikalischer Kräfte, weshalb<br />
Popper diese als selbstständige Seinssphäre begreift.<br />
Gleichwohl geht Popper von Wechselwirkungen<br />
zwischen Welt 1 (physikalische Welt) und Welt 2<br />
(Welt der psychischen erlebnisse) aus. ebenso<br />
existieren Wechselwirkungen zwi schen Welt 2 und<br />
Welt 3 (Welt der theorien und ideen). Poppers Philosophie<br />
steht stellvertretend für eine auffassung von<br />
natur, die der natur den totalitätscharakter ab spricht.<br />
die Welt der theorien und ideen ist keine natur mehr,<br />
obwohl sie nur hervor gebracht werden kann auf der<br />
Basis der physikalischen Welt. nach gängiger lehr-<br />
Wissenschaftsphilosophie – naturphilosophie