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Für den Sprachkritiker Fritz Mauthner ist Sprachreflexion<br />

das Kerngeschäft der kritischen Phi losophie:<br />

„Alle kritische Philosophie ist Kritik der Sprache“ (Fritz<br />

Mauthner: Selbstdarstellung). in kritischer distanz<br />

auf Mauthner rekurrierend, hier an dieser Stelle<br />

jedoch analog zu Mauthner, formuliert Wittgenstein<br />

in seinem Tractatus logico-philosophicus: „Der Zweck<br />

der Philosophie ist die logische Klärung der Gedanken.<br />

[...] Die Philosophie soll die Gedanken, die sonst gleichsam,<br />

trübe und verschwommen sind, klar machen und<br />

scharf abgrenzen“ (ludwig Wittgenstein: Tractatus<br />

logico-philosophicus 4.112). in seinem späte ren Werk<br />

Philosophische Untersuchungen (PU) macht Wittgenstein<br />

deutlich, dass Worte und Sätze nicht einzeln,<br />

son dern nur als elemente eines Sprachzusammenhangs<br />

zu ver stehen sind (PU § 199). die vielseitigen<br />

Formen der Verwendungen von Worten und Sätzen<br />

bezeichnet er mit „Sprachspielen“, womit er <strong>zum</strong><br />

ausdruck bringt, dass Sprechen und Sprache eine<br />

„Tätigkeit“, eine „Lebensform“, also Praxis ist (PU<br />

§23). auch wenn Wittgenstein vom in seiner früheren<br />

philosophischen Phase vertrete nen „logischen<br />

atomismus“ abrückt, so hält er dennoch an seinem<br />

sprachkritischen an spruch auf Klarheit der Sprache<br />

fest (PU § 84 u. § 201).<br />

der Wiener Kreis legt in seiner 1926 veröffentlichten<br />

Schrift „Wissenschaftliche Weltauffassung. Der Wiener<br />

Kreis“ seine Methode „der logischen Analyse“ mit dem<br />

Ziel der entwick lung einer „Einheitswissenschaft“ vor.<br />

diese impliziert „ ... die Suche nach einem neutralen<br />

Formelsystem, einer von den Schlacken der historischen<br />

Sprachen befreiten Symbolik, hieraus auch das Suchen<br />

nach einem Gesamtsystem der Begriffe“ (Wiener Kreis:<br />

Wissenschaftliche Weltauffassung). die angestrebte<br />

„Einheitswissenschaft“ lehnt die „metaphysische Philosophie“<br />

und theo logie ab, ihr mangele es an logischer<br />

denkform, und es gelte durch Sprachanalyse die irrwege<br />

der Metaphysik aufzuzeigen, um ihre denkfehler<br />

aufzude cken. erst durch die „moderne symbolische<br />

Logik“ gelinge es, „Schärfe der Begriffsdefinitionen und<br />

Aussagen“ zu er reichen und den „intuitiven Schlussprozess<br />

des gewöhnlichen Denkens zu formatieren“;<br />

die „wissenschaftliche Weltauffassung“ des Wiener<br />

Kreises versteht sich in diesem Sinne empiris tisch und<br />

positivistisch. in dieser Schrift klingt noch der Positi-<br />

vismus von Mach an, der die Meta physik als einen<br />

überholten Vorläufer der Wissenschaft ansieht.<br />

die auseinandersetzung mit der Verbindung von<br />

grammatischen Strukturen und denk mustern wird<br />

von dem amerikanischen linguisten Benjamin lee<br />

Whorf aufgegriffen; er sieht in an schluss an den<br />

ethnologen und linguisten edward Sapir einen engen<br />

Zusam menhang von Sprache und denken. die<br />

Sapir-Whorf-Hypothese des linguistischen relativitätsprinzips<br />

be sagt, dass wir die phänomenale Welt<br />

durch unsere Sprache begreifen, d. h. auf der Basis<br />

von Wortschatz und grammatischen Strukturen.<br />

Somit ist unser linguistischer Hintergrund prägend<br />

für die entwicklung unserer Weltsicht. die Sprache<br />

filtert und ordnet die eindrücke aus der au ßenwelt,<br />

die ohne dieses Ordnungsprinzip der Sprache lediglich<br />

„kaleidoskopisch“ in uns ein strömen könnte. Whorf<br />

untersucht, inwiefern sich grammatische Strukturen<br />

prägend auf unser Weltbild auswirken, indem er u. a.<br />

Vergleichsanalysen mit in dogermanischen und indianischen<br />

Sprachen durchführt. exemplarisch legt er<br />

dar, wie in den indogermanischen Sprachen linguistisch<br />

ein „Täter“ angenommen wird für die Beschreibung<br />

von Phänomen wie z. B. „Es blitzt“ („es“ ist hier<br />

der täter). Hier wird im denkmuster eine tätigkeit<br />

evoziert, wo eigentlich keiner etwas tut, sondern sich<br />

eher ein Zustand ausmachen lässt, wie dies in der<br />

Sprache der Hopi mit dem Begriff „rephi“ wesentlich<br />

klarer <strong>zum</strong> aus druck kommt. Whorf sieht hier<br />

auch einen Zu sammenhang zwischen linguistischen<br />

Struktu ren und wissenschaftlichen Forschungsansätzen<br />

sowie ihren ergebnissen (Benjamin lee Whorf:<br />

Sprache, Denken, Wirklichkeit).<br />

die analytische Sprachreflexion des 19. und 20. Jahrhunderts<br />

übte einen weit reichenden ein fluss aus, so<br />

z. B. auf den Strukturalismus (claude levy-Strauss,<br />

Michel Foucault), de konstruktivismus (Jacques<br />

derrida), existenzialismus (Jean-Paul Sartre); auch<br />

die Frankfurter Schule, die Philosophie des Geistes<br />

(u. a. Paul churchland) und die Wissen schaftstheorie<br />

set zen sich kritisch mit ihr auseinander.<br />

Michel Foucault bindet seine sprachtheoretische<br />

reflexion in umfassende kulturhistorische analysen<br />

von Wissen. Zwei Begriffe spielen im Hinblick auf<br />

Sprache eine entscheidende rolle: „Diskurs“ und<br />

„Dispositiv“. „Diskurse“ werden von Foucault nicht<br />

sprachanalytisch untersucht, etwa als Gesamtsystem<br />

von Zeichen, die auf inhalte oder repräsentationen<br />

verweisen. Sie be ziehen sich im Sinne von Foucault<br />

sprachphilosophie

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