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der individuellen Bio grafie, sondern auch bezogen auf<br />

die Gesamtentwicklung der menschlichen Gattung.<br />

Wäh rend die natur konstanten Gesetzen unterliegt,<br />

verfügen die Men schen über Ver nunft, Sprache und<br />

Schrift, welche als Grundvoraussetzung für die entwicklung<br />

der Menschheit zur Vollkommenheit der<br />

menschlichen Gattung anzusehen sind. dabei geht es<br />

vor allem um fortgesetzte wissenschaftliche, kulturelle<br />

und moralische Perfektionie rung. rück schläge<br />

wie Krieg, Zwist und rohheit, die sich aus der ruhmsucht<br />

und eitel keit der Menschen erklären, können<br />

den fort schreitenden Prozess in der Verfeinerung der<br />

Sitten nicht aufhalten (turgot). das autonome Wesen<br />

Mensch soll zur freien Selbst bestimmung seiner existenz<br />

ge langen; der normative anspruch wird somit <strong>zum</strong><br />

Grund prinzip historischer abläufe. das neue Strukturmodell<br />

des Fort schritts, teleologie der Ge schichte,<br />

beinhaltet die stete Verfeinerung kultureller errungenschaften<br />

und setzt auf die Bewertung der Gegenwart<br />

im Hinblick auf die zu künftige entwicklung der<br />

gesamten Menschheit (turgot: Über die Fortschritte<br />

des menschlichen Geistes). Zusammen gefasst kann<br />

bei turgot ein lineares, be schleunigtes und nicht umkehrbares<br />

Kontinuum von Vergangenheit, Gegenwart<br />

und Zu kunft angenommen werden. Wei terhin umfasst<br />

die universalgeschichte von turgot alle räume<br />

der erde. er nimmt die gleich zeitige exis tenz verschiedener<br />

ent wicklungsstadien menschlicher Zivilisation<br />

in unterschiedli chen teil räumen der erde an. Somit<br />

zeigen die verschiedenen Völker „auf einen einzigen<br />

Blick die Spuren aller Schritte des menschlichenGeistes,<br />

das Bild aller Stufen, die er durchlaufen hat, und dieGeschichte<br />

aller Zeitalter“ (turgot: Über die Fortschritte<br />

des menschlichen Geistes). Hier kann von einer Vorstellung<br />

der Gleichzeitig keit des ungleichzeitigen gesprochen<br />

werden. turgot bleibt zukunftsoptimistisch<br />

trotz seiner anthropologischen aussagen von „Ruhmsucht“,<br />

„Ehrgeiz“ und „Eitelkeit“ des Menschen, welche<br />

„die Erde mit Blut“ zu überschwemmen ver mögen.<br />

doch mit der fortschreitenden entwicklung von Wissenschaft<br />

und Künsten „mildern sich die Sitten“ inmitten<br />

von „Verwüstungen“, was auch gleichzeitig<br />

mit der fortschreitenden aufklä rung des menschlichen<br />

Geistes einher geht (turgot: Über die Fortschritte des<br />

menschlichen Geistes).<br />

diesen ungebrochenen Optimismus teilt immanuel<br />

Kant nicht. der Mensch, das „krumme Holz“, „aus dem<br />

nichts Gerades gezimmert“ werden kann, ist zwar „bis<br />

<strong>zum</strong> Überlästigen zivilisiert“, doch deshalb noch lange<br />

nicht „moralisiert“ (Kant: Idee zu einer allgemeinen<br />

Geschichte in weltbürgerlicher Absicht). Kant nimmt<br />

an, dass die Menschheitsgeschichte ihren ausgang<br />

dort findet, wo der Mensch sich mit dem erwachen<br />

seiner Vernunft von seiner instinktgeleiteten na turabhängigkeit<br />

emanzipiert und dabei u. a. auch das<br />

Ver mögen der „Erwartung des Künftigen“ entwickelt.<br />

Wie er in seiner Schrift Mutmaßlicher Anfang der<br />

Menschengeschichte darlegt, ist der Mensch aus der<br />

Vormundschaft der natur, aus dem „Gängelwagen<br />

des Instinktes“ heraus getreten in den Stand der Freiheit,<br />

von dem aus er sich moralisch <strong>zum</strong> Besseren hin<br />

fortschrei tend entwickelt bis zur Voll kommenheit. es<br />

liegt in der natur des Menschen, ausgestattet mit der<br />

„unwiderstehlich treibenden Vernunft“ Moralität zu<br />

entwickeln und sich im Sinne der aufklärung „seines<br />

eigenen Verstandes zu bedienen“. das Mittel, dessen<br />

sich die natur bedient, um die mensch lichen anlagen<br />

aus sich heraus zu entwickeln, ist nach Kant der<br />

„Antagonism“, d. h. die neigung des Menschen, sich<br />

einerseits zu „vergesellschaften“ und sich anderer seits<br />

zu „vereinzeln (isolieren)“. die natur will „Zwietracht“,<br />

um zu vermeiden, dass der Mensch nicht wie in einem<br />

Zustand eines „arkadischen Schäferlebens“ verharrt<br />

und „gutartig wie die Schafe“ seine „vortrefflichen<br />

Anlagen“ nicht entwickelt, sondern diese „ewig unentwickelt<br />

in der Menschheit schlummern“ lässt (Kant:<br />

Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher<br />

Absicht). dieser entwicklungsprozess bedarf<br />

einer „langsamen Bemühung der inneren Bildung der<br />

Denkungsart“. die Betonung muss hier auf „langsam“<br />

gelegt werden, denn die Kultivierung der Menschheit<br />

kann sich nicht im einzel nen, kurzlebigen individuum<br />

bereits zur Vollkommenheit entwickeln. nur auf lange<br />

Sicht hin kann dies von der Menschengattung erhofft<br />

werden. So stellt Kant fest, dass wir zwar in einem<br />

„Zeitalter der Aufklärung“ leben, aber nicht in einem<br />

„aufgeklärten Zeitalter“ (Kant: Was ist Aufklärung?<br />

und Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher<br />

Absicht). die zukünftige Vollkommenheit<br />

(idee vom „ewigen Frieden“) muss in der „Idee des<br />

Menschen das Ziel seiner Bestrebungen sein“, um die<br />

natur anlagen des Menschen als sinnvoll und zweckgerichtet<br />

ansehen zu kön nen. Somit vertritt Kant eine<br />

universalisti sche teleologische Position. das Ziel der<br />

Geschichte ist „eine allgemein das Recht verwaltende<br />

geschichtsphilosophie 27

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