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Sein entfremdet ist, so dass ihr anblick nicht ihre<br />
„ursprüngliche Natur“ erkennen lässt. er höbe sich die<br />
Seele aber aus dem Meere und würde all das „Gestein<br />
und Muschelwerk“ von sich abstoßen, könnte man erst<br />
wieder ihre ursprüngliche natur zu Gesicht bekommen.<br />
Mit diesem Bild verbindet Platon das Streben<br />
der Seele nach dem „Göttlichen, Unsterblichen und<br />
immer Seienden“, eben ihre „Liebe zur Weisheit“. der<br />
Hang <strong>zum</strong> Philosophieren ist somit naturanlage des<br />
Menschen – ein Gedanke, der in der weiteren Geschichte<br />
der Philosophie von verschiede nen denkern<br />
aufgegriffen wird und topos der Philosophie ist. Bei<br />
Kant etwa dient die Philoso phie einem aufklärerischen<br />
Zweck, nämlich der ent faltung und anwendung<br />
der Verstandes- und Ver nunfttätigkeit des Menschen.<br />
„Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“,<br />
lautet die berühmte Forderung aus der kleinen<br />
Schrift Was ist Aufklärung?; in der Kritik der reinen<br />
Vernunft (B 866 / a 838) erwähnt Kant den Gedanken,<br />
dass man Philosophie nicht lernen könne, deshalb<br />
nicht, weil die Philosophie nur als „Idee von einer<br />
Wissenschaft, die nirgend in concreto“ gegeben sei,<br />
existiere; man könne aber „philosophieren lernen,<br />
d. i. dasTalent derVernunft in der Befolgung ihrer allgemeinen<br />
Prinzipien an gewissen vorhandenen Versuchen<br />
üben, doch immer mit dem Vorbehalt des Rechts der<br />
Vernunft, jene selbst in ihren Quellen zu untersuchen<br />
und zu bestätigen, oder zu verwerfen“.<br />
Bei Platon werden die Gesprächspartner durch die<br />
sokratische Methode dazu geführt, philosophische<br />
einsichten selbst zu vollziehen. im 5. Buch der Politeia<br />
unternimmt Platon die differenzierung vor zwischen<br />
Meinen (doxa) und wahrem, eidetischem Wissen<br />
(episteme), nach dem der Philosoph strebt. Platon<br />
macht im Kontext seiner ideenlehre somit deutlich,<br />
dass das eigentlich erstrebte Wissen sich vom alltagswissen<br />
dadurch unterscheidet, dass es in Bezug steht<br />
zu eidetischem Wissen. die Schau der ideen ist somit<br />
Ziel philosophischer erkenntnis. Wie die logik des<br />
Höhlengleichnisses nahelegt, gehört zur Philosophie<br />
aber auch der abstieg zu rück zu den Menschen<br />
– ein Bild übri gens, auf das nietzsche im Motiv<br />
der rückkehr Zarathustras aus dem Gebirge zu den<br />
Menschen Bezug nimmt –, um diese dazu zu bewegen,<br />
den aufstieg selbst zu vollziehen. Für Platon hat<br />
Philosophie neben der theorie auch ein dialogisches<br />
und somit praktisches Moment, das für die Philoso-<br />
einführung in die philosophie<br />
phie kon stitutiv ist. Philosophieren nimmt daher<br />
Bezug auf den ande ren Menschen, ist immer auch ein<br />
kommunikativer akt. die idee, die einheit von theorie<br />
und Praxis herzustellen, zeigt sich in der Politeia in der<br />
Forderung, dass Philosophen innerhalb des Staates<br />
auch die praktische Politik übernehmen sollten, Philosophen<br />
also die Führung innerhalb des Staatswesens<br />
auf grund ihrer intellektualität zu übertragen sei. auch<br />
der dialog Theaitetos kennt die unter scheidung von<br />
„doxa“ und „episteme“. thema des dialogs ist die<br />
auseinander setzung mit der ansicht des dialogpartners<br />
theaitetos, der das Wissen als bloßes Wahrnehmen<br />
begreift. theaitetos verliert im laufe des dialogs<br />
die Sicherheit seines Meinens und gerät in eine Krise,<br />
die sich in einer Verwunderung zeigt: „Wahrlich, bei<br />
den Göttern, Sokrates, ich erstaune ungemein, wie<br />
wohl doch dieses sein mag; ja bisweilen, wenn ich recht<br />
hineinsehe, schwindelt mir ordentlich“ (Platon: Theaitetos,<br />
155 c). Sein dialogpartner Sokrates erklärt ihm<br />
darauf, das erstaunen sei „Anfang der Philosophie“<br />
(Platon: Theaitetos, 155 d). die diotima-rede des<br />
So krates im Symposion versteht eros, der bedürftig<br />
wie seine Mutter Penia, aber auch wie sein Vater<br />
Poros „der listige Späher nach dem Schönen und<br />
Guten“ ist, dabei „beseelt vom lebhaftesten Streben<br />
nach Erkenntnis der Wahrheit“, als „Daimon“, als<br />
Mittler zwischen Menschen und Göttern. eros, der<br />
„Freund der Weisheit“, hält dabei selbst die Mitte<br />
zwischen einem toren und einem Weisen. im dialog<br />
mit diotima, den Sokrates wiedergibt, zeigt sich bei<br />
Sokrates eine tiefe Verwunderung über die einsichten,<br />
die er im laufe des Gesprächs gewinnt. das Staunen<br />
lässt Philosophie nicht nur beginnen, es be gleitet<br />
den Prozess der Philosophie selbst und hält ihn am<br />
leben. Sokrates wird im dialog mit der Priesterin<br />
diotima im Geiste von eros selbst „gezeugt“, weil das<br />
Streben von eros dahin geht, „im Schönen zu zeugen“.<br />
als selbst im Geiste von eros „Gezeugter“ will Sokrates<br />
die Schönheit anderer schöner Seelen im Schönen<br />
„zeugen“, nämlich ihre tugend, ihr Verlangen nach<br />
dem urschönen und dem Guten. auch nach aristoteles<br />
veranlasst Verwunderung (thaumazein) „zuerst<br />
wie noch jetzt die Menschen <strong>zum</strong> Philosophieren, indem<br />
man anfangs über die unmittelbar sich darbietenden<br />
unerklärlichen Erscheinungen sich verwunderte, dann<br />
allmählich fortschritt und auch über Größeres sich in<br />
Zweifel einließ, z. B. über die Erscheinungen an dem<br />
Monde und der Sonne und den Gestirnen und über die<br />
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