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2. Aspekte der Ästhetik in der Antike<br />

in der Blütezeit der künstlerischen entwicklung im<br />

Zeitalter des Perikles, als athen zur militä ri schen und<br />

wirtschaftlichen Macht aufstieg, entwickelte sich im<br />

Zuge regen künstlerischen Schaffens auch eine klare<br />

ästhetische Vorstellung. Perikles förderte Bauherren<br />

und Künst ler, denn sie vermochten die aufstrebende<br />

Macht in Form von tempeln, Bauten, Skulpturen,<br />

reliefs und auch Malerei sichtbar zu demonstrieren.<br />

der Begriff des „Schönen“ geht in der antike zu nächst<br />

vom sinnlich Wahrnehmbaren, dem auge als dem<br />

nach außen gewandten Sinn aus (aisthesis: „[sinnliche]<br />

Wahrnehmung“). Platon unterscheidet die äußere<br />

Schön heit der Körper und die innere Schönheit der<br />

Seele (Phaidros 279, Symposion 210). „Kalón“ wird<br />

mit „schön“ übersetzt, meint im Kern aber auch das,<br />

was uns gefällt, was Bewunderung hervorruft und<br />

den Blick anzieht. das auge, das den Kosmos schaut,<br />

erkennt dessen Schönheit. im antiken denken wird<br />

„kosmos“ (auch Schmuck, Zierde) verstanden als ein<br />

geordnetes, ewigen Gesetzen folgen des Ganzes. das<br />

Sehen unterscheidet sich vom Schauen, dem erkennenden<br />

Blick, der über das einfache Sehen hinausgeht.<br />

das einfache Sehen bleibt dem augenschein<br />

verhaftet, wie den Gefesselten im Höhlengleichnis<br />

die Schatten, die sie als Wahrheit ansehen. dem<br />

Wesen des Schönen wird von Platon in sei nem dialog<br />

Phaidros ein reiner lichterglanz zugesprochen, der im<br />

diesseitigen leben stumpf, eingekerkert in den Körpern,<br />

glanzlos, nur noch schattenhaft wahrnehmbar ist<br />

(Phaidros 250). So sind Bilder nur als Schatten, abbilder<br />

des wahren Schönen zu ver stehen, dieses bleibt<br />

den augen der Betrachter verschlossen und somit<br />

auch das im Schönen befindliche Gute und Gerechte.<br />

es geht hier nicht nur um physische Bilder, die die<br />

au gen verzaubern, vom Wahren ablenken und täuschen,<br />

sondern auch um „gesprochene Schat tenbilder“, die<br />

in gleichem Maße unsere Ohren täuschen (Sophistes<br />

234). Künstleri sche Werke, von Menschen geschaffene<br />

Kunstwerke, sind somit abbilder der abbilder. dennoch<br />

werden auch Kunstwerke lobend erwähnt, so<br />

hebt Sokrates im dialog Menon die Kunstfertigkeit<br />

des Bildhauers Pheidias hervor. es nimmt ihn sogar<br />

wunder, dass der So phist Protagoras mehr mit seinen<br />

lehrvorträgen verdient als Pheidias mit seinen „ausgezeichnet<br />

schönen Werken“ (Platon: Menon 91).<br />

im dialog Sophistes (235-236) wird mit den Worten<br />

des „Fremden“ (eines Sophisten) dargelegt, dass<br />

Schönheit in ihrer Vollkommenheit nur dann zur<br />

Geltung kommen kann, wenn sie der Har monie der<br />

Proportionen und den Gesetzen der Symmetrie folgt.<br />

Berühmt war wohl eine leider verloren gegangene<br />

Schrift, ein Kanon des Künstlers Polyklet, in der dieser<br />

am Bei spiel eines Speerwerfers die komplexe Symme-<br />

trie des Körpers darlegte, wie uns Galen im zweiten<br />

Jahr hundert unserer Zeitrechnung berichtet.<br />

in Platons Schrift Symposion nähern wir uns über die<br />

liebe („eros“) dem „Schönen“, was im innersten mit<br />

dem Guten und Gerechten und der Weisheit verbunden<br />

ist. Hier wird der Begriff des Schönen im Kontext seiner<br />

ideenlehre expliziert. es wird darin von der Priesterin<br />

diotima berichtet, die Sokrates über die natur des<br />

eros belehrt. Ähnlich wie im Höhlengleichnis (Platon:<br />

Politeia), einem Gedankenexperiment, das die Stufen<br />

der erkenntnis der Seele aufzeigt, veranschaulicht<br />

diotima Sokrates die „Stufenleiter der Erkenntnis des<br />

Schönen“ (Platon: Symposion 201–212): ausgehend<br />

von der liebe zu einem ein zelnen schönen Körper, der<br />

inniglichst geliebt wird, ja der den liebenden geradezu<br />

in sklavischer abhängigkeit fesselt an den schönen<br />

geliebten Menschen, nimmt diese liebe jedoch wieder<br />

ab, wenn das Schöne auch in anderen Körpern erkannt<br />

wird und anziehend wirkt und auch diese begehrt<br />

werden. Hat der liebende erkannt, dass Schönheit<br />

sich nicht nur auf einen Körper er streckt, sondern auf<br />

alle Körper, und dass auch hässliche Körper „schön“<br />

sein können, weil in ihnen eine schöne Seele wohnt,<br />

dann hat er damit bereits erkannt, dass die seelische<br />

Schönheit der körperlichen überlegen ist. davon ausgehend<br />

wird die volle Wirkungs kraft der Schönheit<br />

erst erschlossen, nämlich ihre innere Verbindung zur<br />

Weisheit, woraus sich die Zeugung geistiger Werke<br />

erklärt. So wird sich der erkennende auf das „weite<br />

Meer des Schönen“ begeben, hinaus in die Vielfalt<br />

und die abenteuer der Wissenschaften und, diese<br />

überschauend, sein Weisheitsstreben entfalten. der<br />

in der Schönheit Gereifte erkennt nun auf der letzten<br />

Stufe die „einzige Wissenschaft“, die gerichtet ist auf<br />

das „Urschöne“, welches „keinerlei Wechsel unterworfen<br />

ist, weder durch Zunahmen noch durch Abnahme<br />

oder durch sonst irgendwelche Veränderung<br />

seines Zustandes“ (Platon: Symposion 211).<br />

14 philosophische Ästhetik

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