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Die Liturgie als Locus theologicus

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glauben ist . Für Prosper ergibt sich aus der Notwendigkeit des Gebetes die Notwendigkeit der<br />

Gnade für den Anfang des Glaubens. <strong>Die</strong>se Folgerung ist allerdings nicht zwingend, so muss<br />

man kritisch einwenden, denn wenn das Gebet für alle Menschen sinnvoll und geboten ist,<br />

ergibt sich daraus nicht notwendig, dass es unmög-lich ist, ohne die erbetene Gnade zum<br />

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Glauben zu kommen . Sie ergibt sich indessen mit Not-wendigkeit aus der Notwendigkeit des<br />

Gebetes im grösseren Kontext des Glaubens der Kirche. So ist es wohl in sehr vielen Fällen<br />

beim <strong>Liturgie</strong>beweis, wenn man die <strong>Liturgie</strong> <strong>als</strong> “locus <strong>theologicus</strong>” heranzieht. Das Gesetz des<br />

Betens ist das Gesetz des Glaubens, weil das Gesetz des Glaubens das Gesetz des Betens ist.<br />

<strong>Die</strong> Umkehrung des Prinzips ist in ihm angelegt, wenn man es in seinem Kontext versteht. Um<br />

es genauer zu sagen: <strong>Die</strong> allgemeine Wendung des Axiom “lex orandi - lex credendi”, besagt,<br />

dass die <strong>Liturgie</strong> immer einen gewissen Glauben voraussetzt bzw. zum Ausdruck bringt und in<br />

manchen Fällen auch der Entfaltung des Glaubens vorausgeht bzw. zur Definition von Dogmen<br />

beiträgt. Genauer gesagt, ist die <strong>Liturgie</strong> im katholischen Verständnis der Hauptanlass für die<br />

Dogmenengeschichte, für die Entfaltung des Glaubens. Sie erfolgt vor allem vermittels des<br />

“sensus christianus” oder des “sensus fidelium”, den wir <strong>als</strong> kon-naturale Glaubenserkenntnis<br />

definieren können, <strong>als</strong> eine Glaubenserkenntnis, die primär von der Gnade und primär nicht von<br />

der Intelligenz oder vom theoretischen Wissen des Glaubenden abhängt. Es handelt sich hier<br />

um eine höhere Art von Wahrnehmung, für die das Mitleben mit der <strong>Liturgie</strong> empfänglich<br />

macht. Sie bezieht sich nicht nur auf Dogmen, sondern auch auf Glau-benswahrheiten, die noch<br />

nicht lehramtlich definiert wurden, sich aber unter der Führung des Heiligen Geistes in der<br />

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Kirche immer mehr verbreiten .<br />

<strong>Die</strong> Formulierung des Prinzips “legem credendi lex statuat supplicandi” stammt von Prosper<br />

78<br />

von Aquitanien, die Sache geht auf Augustinus (+ 430) zurück . <strong>Die</strong>ser hat den Gedanken von<br />

75 2<br />

Karl Federer, Art. Lex orandi - lex credendi in: Lexikon für Theologie und Kirche VI, Freiburg 1961,<br />

1001 f; vgl. Karl Federer, <strong>Liturgie</strong> und Glaube. Eine theologiegeschichtliche Untersuchung, Freiburg/Schweiz<br />

1950, 14-18. 123.<br />

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Walter Dürig, Zur Interpretation des Axioms “Legem credendi statuat lex supplicandi”, in: Anton<br />

Ziegenaus, Philipp Schäfer, Franz Courth, Hrsg., Veritati catholicae. Festschrift für Leo Scheffczyk, Aschaffenburg<br />

1985, 226.<br />

77<br />

Cypriano Vagaggini, Theologie der <strong>Liturgie</strong>, Einsiedeln 1959, 308-312.<br />

78<br />

Prosper von Aquitanien gilt <strong>als</strong> Schüler des hl. Augustinus. Er hat ihn zwar nicht von Angesicht gekannt,<br />

war aber ein eifriger Verfechter von dessen Gnadenlehre. Er hat ihm auch mehrere Briefe geschrieben, in<br />

denen er ihn u. a. mit den Ansichten seiner semipelagianischen Gegner bekannt gemacht hat. Augustinus ist der

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