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Die Liturgie als Locus theologicus

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36<br />

Nicht anders bestimmt das II. Vatikanische Konzil das Verhältnis von <strong>Liturgie</strong> und Glaube,<br />

wenn es die <strong>Liturgie</strong> grundsätzlich <strong>als</strong> ein gewichtiges Zeugnis und Bekenntnis des Glaubens<br />

der Kirche versteht, dabei aber betont, dass sie ihn nicht aus sich selbst bestimmt und ihn nicht<br />

begründet, ihn vielmehr voraussetzt. Für das Konzil steht der Glaube über der <strong>Liturgie</strong>, nicht<br />

176<br />

umgekehrt. Ihm kommt eindeutig der Primat zu .<br />

An diesem Punkt besteht ein Dissens zwischen der katholischen Kirche und den Reformatoren.<br />

Sie behaupten die Dominanz der “lex orandi” in dem Axiom “legem credendi statuat lex suppli-<br />

177<br />

candi”, geschichtlich und systematisch . Sie meinen, gemäss dem Axiom müsse “die Gebets-<br />

178<br />

praxis der universalen, geisterfüllten Kirche” das Dogma normieren . <strong>Die</strong>se Interpretation<br />

erklärt sich aus der Tatsache, dass die Reformatoren auf Grund ihres anders gearteten<br />

Kirchenverständnisses den Begriff der Tradition anders verstehen, dass sie nicht realisieren,<br />

dass das Lehramt der Kir-che bereits in ältester Zeit <strong>als</strong> ein integrales Moment der Tradition<br />

verstanden wurde. Immerhin findet sie heute auch zuweilen Sympathie bei katholischen<br />

179<br />

Theologen . <strong>Die</strong> Reformatoren sind freilich nicht ganz konsequent, wenn sie derTheologie<br />

auch eine kritische Stellung gegenüber der liturgischen Praxis zuerkennen, nämlich dann, wenn<br />

180<br />

<strong>Liturgie</strong> und Theologie sich nicht im Einklang befinden miteinander . <strong>Die</strong> Autorität der<br />

Theolo-gie ist in dieser Sicht freilich die Autorität der Heiligen Schrift. Auch nach katholischer<br />

Auffa-ssung kann es eine Korrektur der <strong>Liturgie</strong> geben, allerdings nicht durch die Theologie,<br />

sondern durch das Lehramt der Kirche. <strong>Die</strong>se Korrektur muss allerdings auch immer wieder in<br />

Angriff genommen werden. Nach katholischem Verständnis ist die Autorität der <strong>Liturgie</strong> die<br />

Autorität des Lehramtes, sofern ihm die verbindliche Interpretation der Heiligen Schrift obliegt.<br />

176<br />

Walter Dürig, Zur Interpretation des Axioms “Legem credendi statuat lex supplicandi”, in: Anton<br />

Ziegenaus, Philipp Schäfer, Franz Courth, Hrsg., Veritati catholicae. Festschrift für Leo Scheffczyk, Aschaffenburg<br />

1985, 236.<br />

177<br />

Man sagt, die <strong>Liturgie</strong> sei in der Geschichte der Kirche immer wieder konstruktiv gewesen für den<br />

Glauben, man habe die kirchliche Praxis des Kultes theologisch reflektiert und sie dann <strong>als</strong> Quelle bei<br />

Lehrentscheidungen benutzt (Geoffrey Wainwright, Der Gottesdienst <strong>als</strong> <strong>Locus</strong> <strong>theologicus</strong>, in: Kerygma und<br />

Dogma 28, 1982, 255).<br />

f<br />

178<br />

Geoffrey Wainwright, Der Gottesdienst <strong>als</strong> <strong>Locus</strong> <strong>theologicus</strong>, in: Kerygma und Dogma 28, 1982, 253<br />

179<br />

Vgl. Teresa Berger “Lex orandi - lex credendi - lex agendi”, in: Archiv für <strong>Liturgie</strong>wissenschaft, Regensburg<br />

27, 1985, 425-432.<br />

180<br />

Geoffrey Wainwright, Der Gottesdienst <strong>als</strong> <strong>Locus</strong> <strong>theologicus</strong>, in: Kerygma und Dogma 28, 1982, 252.

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