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Zur Idee einer globalen Friedensordnung - DSS

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180 bewaffneten Konflikten ihr Leben verloren. Die Annahme, daß die<br />

Beendigung des kalten Krieges durch den Kollaps der europäischen Staaten<br />

des Realsozialismus einen universalen Friedensautomatismus auslösen wird,<br />

hat sich als schlechte Illusion erwiesen. Wieder einmal werden einem Enttäuschungen<br />

erspart, wenn man den Frieden als vorübergehenden Nichtkrieg,<br />

als tempus bello vacuum, als Waffenstillstand bloß versteht, als „a<br />

period of cheating between two periods of fighting“. (36)<br />

Im vergangenen Jahr wurden auf unserer Erde 41 Kriege registriert und befanden<br />

sich 26 Millionen Menschen auf der Flucht. Die UNO, von dem Staat<br />

am meisten gescholten, der ihr gegenüber am meisten verschuldet ist, hat<br />

5000 Angestellte, etwa ebensoviel (oder -wenig) wie Polizei und Feuerwehr<br />

in New York City zusammengenommen. Das Jahresbudget der Vereinten<br />

Nationen beträgt 8,3 Milliarden Dollar, etwa zwei Dollar pro Kopf der<br />

Weltbevölkerung, auf den aber 150 Dollar für Rüstungsausgaben zu Buche<br />

stehen. Und nicht die UNO, sondern Weltbank, Internationaler Währungsfonds,<br />

G7 und hinter diesen allen die übriggebliebene, die eine Supermacht,<br />

komponieren die Musik, nach der auf der ganzen Welt getanzt wird. Jedenfalls,<br />

wenn es hart auf hart geht.<br />

Macht es unter diesen Voraussetzungen irgendwelchen Sinn, Kants Friedensentwurf<br />

ins Kalkül zu ziehen? Oder ist man bloß durch Abstraktionsnebel<br />

narkotisiert, wenn einem beim „Ewigen Frieden“ nicht sofort Hegels „... und<br />

das Gerede verstummt vor den ernsten Wiederholungen der Geschichte“<br />

einfällt? (37) Gleicht derjenige, der gegen Atombombenexperimentatoren,<br />

Landminenproduzenten und Panzerexporteure Kants Transzendentalphilosophie<br />

mobilisieren möchte, etwa demjenigen, der gegen das Verkehrschaos<br />

<strong>einer</strong> Metropole Laotses Tao-te-king zitiert? Ernst Bloch sprach in der Hochzeit<br />

des kalten Krieges von einem Pazifismus des Betrugs, von einem „balsamisch<br />

geblasenen Trompetenton für einen ewigen Frieden mit nichts als<br />

Palmenzweigen schon unterwegs“. (38)<br />

Das Utopikum als Licht oder als Irrlicht? Immerhin hat Jürgen Habermas die<br />

Anstrengung nicht gescheut, Kants Vernunftidee und Rechtsprinzip <strong>einer</strong><br />

friedlichen Gemeinschaft aller Völker auf Erden <strong>einer</strong> grundbegrifflichen<br />

Revision zu unterziehen, sie zu reformulieren: Die äußere Souveränität der<br />

Staaten sei dergestalt zu limitieren, daß deren Wechselbeziehungen zu einem<br />

Innenverhältnis von Organisationsmitgliedern bei einem Gewaltmonopol der<br />

Völkergemeinschaft modifiziert werden; die weltbürgerliche Vereinigung sei<br />

weniger als eine Föderation von Staaten, vielmehr als eine Föderation von<br />

Weltbürgern zu konzipieren; die Weltgesellschaft sei durch

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