Zur Idee einer globalen Friedensordnung - DSS
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plaren binnen kurzem vergriffen war, so daß bereits im Folgejahr eine neue,<br />
durch einen weiteren Zusatz vermehrte Zweitauflage erscheinen konnte, von<br />
der allerdings noch eine ganze Generation später die knappe Hälfte vorrätig<br />
war. Übersetzungen, unter anderem ins Arabische, Bulgarische, Englische,<br />
Hebräische, Italienische und Russische, liegen inzwischen vor.<br />
Auch wenn Kant das nirgends angedeutet hat: Ausgelöst wurde sein<br />
Friedensprojekt durch den am 5. April 1795 abgeschlossenen sogenannten<br />
Basler Frieden zwischen der revolutionären französischen Republik und der<br />
konterrevolutionären preußischen Monarchie. Damit fand auf Preußens Seite<br />
jener Krieg ein Ende, dessen Interventionsziel im berüchtigten Manifest des<br />
Oberbefehlshabers der österreichisch-preußischen Heere vom 25. Juli 1792<br />
dahingehend verlautbart worden war, daß man für die geringste Beleidigung<br />
der geheiligten Person von Louis XVI. „eine beispiellose und für alle Zeiten<br />
denkwürdige Rache nehmen und die Stadt <strong>einer</strong> militärischen Exekution und<br />
einem gänzlichen Ruin preisgeben“ werde. (5) Militärisch entschieden war<br />
dieser Krieg zugunsten Frankreichs freilich bereits am 20. September 1792<br />
durch die sogenannte Kanonade von Valmy, deren Verlauf der an diesem<br />
Artillerieduell im Gefolge seines Herzogs Karl August teilnehmende Johann<br />
Wolfgang von Goethe angesichts des Sieges der Revolutionstruppen über die<br />
Aggressionsarmeen zu preußischen Offizieren gesagt zu haben sich später<br />
erinnerte: Von hier und heute geht eine neue Epoche der Weltgeschichte<br />
aus, und ihr könnt sagen, ihr seid dabeigewesen.“ (6) Bedenkt man die<br />
gesamteuropäischen Folgen, die eine militärisch-interventionistisch erzwungene<br />
Niederlage der französischen Revolution ausgelöst haben würde, verbietet<br />
es sich, die historische Sicht Goethes als pure Poetenphantasie zu<br />
bagatellisieren.<br />
Kant selbst hat sich in (überlieferten) Gesprächen lebhaft gegen die Einmischung<br />
seines Landes in die Angelegenheiten <strong>einer</strong> fremden Nation im<br />
allgemeinen, in das Experiment der französischen Revolution im besonderen<br />
ausgesprochen, an der er ja, wie er es selbst formulierte, „dem Wunsche<br />
nach, der nahe an Enthusiasm grenzt“, (7) teilnahm. Kants Hoffnung, daß<br />
nunmehr das Kriegführen auch für die Zukunft unmöglich gemacht werden<br />
würde, ebenso wie die Tatsache, daß sein Friedensprojekt eine größere<br />
Resonanz auslöste als jedes andere s<strong>einer</strong> Werke, (8) daß ferner der Basler<br />
Frieden einen „Federkrieg“ mit mehr als 80 Flugschriften auslöste, (9) daß<br />
sich schließlich an der Friedensdiskussion in Deutschland um 1800 nahezu<br />
alle, die Rang und Namen hatten, beteiligten, (10) hat auch etwas damit zu<br />
tun, daß die französische Revolutionsverfassung von 1791 in ihrem Titel VI<br />
den Verzicht Frankreichs, „einen Krieg zu unternehmen, um Eroberungen zu