Zur Idee einer globalen Friedensordnung - DSS
Zur Idee einer globalen Friedensordnung - DSS
Zur Idee einer globalen Friedensordnung - DSS
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
26<br />
verschiedene Frieden. Der eine bestand zwischen den kapitalistischen<br />
Industrienationen und den von ihnen abhängigen Völkern der Dritten Welt.<br />
Letzterer wurde, da die um die Freiheitsfahne gescharten Demokratien die<br />
abhängigen Völker und Staaten nicht freiwillig in die Freiheit und Unabhängigkeit<br />
entließen, durch eine Kette von nationalen Befreiungskriegen<br />
unterbrochen. Aber auch nach dem Zusammenbruch des Kolonialsystems<br />
basierte er nicht auf gleichberechtigter Zusammenarbeit, sondern auf wirtschaftlicher<br />
Abhängigkeit, auf der Macht der Geldströme und auf der<br />
Androhung überlegener militärischer Gewalt.<br />
Der andere globale Frieden war der zwischen der Ersten und der Zweiten<br />
Welt. Er wurde zum dominierenden Frieden der Nachkriegszeit. Es war ein<br />
Frieden des entfalteten Systemkonflikts, seinem Wesen nach ein Koexistenzfrieden.<br />
Er basierte auf der von beiden Seiten anerkannten Notwendigkeit,<br />
den Konflikt trotz der fundamentalen Gegensätze der Kontrahenten unter<br />
Vermeidung eines Krieges gegeneinander auszufechten. Die Formen des<br />
Kampfes reichten jedoch bis an den Rand des Krieges. Wegen der Schärfe<br />
dieses Kampfes wurde er metaphorisch „kalter Krieg“ genannt, oder noch<br />
treffender: Krieg der schweigenden Waffen. Das Wettrüsten und die<br />
gegenseitige Bedrohung mit immer vernichtenderen Waffen erzeugte eine<br />
riesige Gefahr, blockierte aber zugleich die Anwendung bewaffneter Gewalt<br />
gegeneinander.<br />
Militärische Abschreckung wurde zum Garanten des Friedens zwischen den<br />
beiden Welten erhoben. Die Massenvernichtungswaffen und ihre Trägermittel<br />
von globaler Reichweite brachten nicht nur die Möglichkeit eines<br />
qualitativ neuen Krieges hervor, sondern erzeugten auch ein neues<br />
Wesenselement des Friedens. Militärische Abschreckung trieb nun zum<br />
äußersten Extrem, in die Potenz zur garantierten gegenseitigen Vernichtung.<br />
Ein Frieden, von der Furcht geboren, wäre nicht die schlechteste List der<br />
Vernunft, meinte Aron.(11) Sicher, der Schrecken vor dem atomaren Krieg<br />
war ein Stützpfeiler des Friedens, aber die Mittel, die den Schrecken erzeugten,<br />
machten auch den Krieg möglich, der zu fürchten war. Vor allem aber ist<br />
ein atomarer Frieden paradox, denn er wird erhalten durch das genaue<br />
Gegenteil von Friedlichkeit, durch das gegenseitige In-Schach-Halten mit<br />
dem absoluten Zerstörungsmechanismus.<br />
War denn aber die funktionierende atomare Abschreckung überhaupt die<br />
eigentliche Ursache dafür, daß der Frieden zwischen den beiden Systemen<br />
erhalten blieb? Es gab meines Erachtens tiefere Ursachen. Beide Gesellschaften<br />
brauchten Frieden, sowohl für ihre innere Entwicklung wie für die