Zur Idee einer globalen Friedensordnung - DSS
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kann heute das Friedensdenken, was kann die Friedensforschung erreichen?<br />
Antworten auf solche und ähnliche Fragen zu finden, ist meines Erachtens<br />
ganz entscheidend dafür, daß die Friedensbewegung zeitgemäße konzeptionelle<br />
Vorstellungen entwickelt, die viele Menschen überzeugen und anziehen<br />
und die sie bewegen können zu gemeinsamer Aktion.<br />
Überblickt man in ganz groben Zügen die Entwicklung, die der Frieden in<br />
den zwei Jahrhunderten gemacht hat, die seit Kants Entwurf vergangen sind,<br />
so lassen sich etwa die folgenden drei Perioden unterscheiden:<br />
1. Die Zeit vom Ende des 18. bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts<br />
In Europa - und Europa war s<strong>einer</strong>zeit ja das Zentrum der Weltentwicklung -<br />
war diese Periode angefüllt von dynastischen Kriegen und nationalen Befreiungskriegen,<br />
von Kriegen zur Neuordnung der Machtverteilung im Zentrum<br />
und von Militärexpeditionen zur Befestigung und Ausdehnung der Kolonialherrschaft<br />
an der Peripherie, aber auch vom bewaffneten Widerstand gegen<br />
nationale und koloniale Unterdrückung und von revolutionären Kriegen. Ihr<br />
allgem<strong>einer</strong> Grund lag in den Interessenkollisionen, die der Übergang in das<br />
industrielle Zeitalter mit expandierendem Welthandel, dem Erobern neuer<br />
Märkte, Rohstoffquellen und Quellen der Kapitalakkumulation zwischen<br />
Staaten, genauer: zwischen den sie beherrschenden Interessengruppen, auslöste.<br />
Diese Periode war aber ebenso gekennzeichnet von Friedenszuständen,<br />
gleichzeitig mit anderwärts stattfindenden Kriegen, und mit Friedensperioden,<br />
die sich mit dem Krieg am selben gesellschaftlichen Ort ablösten.<br />
Es war Frieden auf denselben Grundlagen, auf denen die benannten Kriege<br />
stattfanden. In diesem Frieden vollzogen sich dieselben Interessenkämpfe. Es<br />
war Frieden dynastischer und vor allem nationalstaatlicher Konkurrenz, Frieden<br />
nationaler Unterdrückung, Frieden, in dem eine neue Machtverteilung<br />
vor sich ging, in dem die koloniale Unterdrückung gefestigt und ausgedehnt<br />
wurde, in dem die mächtigsten Staaten - untereinander in scharfer Konkurrenz<br />
- Märkte, Rohstoff- und Kapitalakkumulationsquellen an sich brachten<br />
und Widerstand erstickten. Also es war kein Frieden in Freiheit und kein<br />
Frieden in Gerechtigkeit.<br />
Dieser Frieden löste nicht die Konflikte, hob die feindlichen Gegensätze nicht<br />
auf; in ihm wirkten die Gründe für kriegerische Kollisionen fort, und es<br />
blieben auch die Mittel des Krieges vorhanden, die Waffen und Soldaten.<br />
Damit war aber die Möglichkeit, vom Frieden wieder in den Krieg überzu-