Zur Idee einer globalen Friedensordnung - DSS
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So weit zu den Entwicklungslinien des Friedensfortschritts in den hinter uns<br />
liegenden zwei Jahrhunderten. Welche Schlüsse lassen sich nun ziehen für<br />
das Nachdenken über eine globale <strong>Friedensordnung</strong>, wie sie jetzt und in<br />
Zukunft nötig und möglich ist?<br />
(1) Wie jeder Fortschritt ist auch der Fortschritt des Friedens zwieschlächtig<br />
und bewegt sich nicht in kontinuierlich aufsteigender Linie, sondern über<br />
Rückfälle und in Wechselwirkung mit seinem Gegensatz, dem Krieg. Er ist<br />
selbst ein Teil des allgemeinen Zivilisationsfortschritts, wird von diesem getragen<br />
und wirkt auf ihn zurück. Er ist - wie die Freiheit - ein notwendiges<br />
Element in der Menschwerdung des Menschen. Es gibt Frieden unterschiedlichen<br />
Charakters. Der Charakter des jeweiligen Friedens ist abhängig von der<br />
Gesellschaft, von ihrem materiellen und geistigen Kulturniveau und von der<br />
Bewegung, die in ihren wirtschaftlichen Fundamenten, in ihrer Lebensweise,<br />
ihren politischen Machtstrukturen und in ihrem Bewußtsein über sich selbst<br />
stattfindet. Eine globale <strong>Friedensordnung</strong> ist daher nie vollkommener einzurichten<br />
als der Zivilisationsgrad der Weltgemeinschaft es ermöglicht.<br />
(2) Der ewige Frieden ließ sich bisher nicht verwirklichen. Es wurde sogar der<br />
Krieg mit dem Fortschritt der Industrie und Wissenschaft immer mächtiger<br />
und zerstörerischer. Er trat in die globale Dimension und bemächtigte sich<br />
der Gesellschaft in ihrer Totalität. Der Krieg ist übermächtig geworden und<br />
droht, den Menschen aus der Welt zu schaffen. Aber was der Krieg gewann,<br />
ist nicht gleichbedeutend mit Verlust für den Frieden. Auch der Frieden<br />
entfaltete sich, schlug kräftigere Wurzeln im materiellen und geistigen Leben<br />
der Gesellschaft. Frieden erlangte eine höhere Bedeutung. Er verwandelte<br />
sich aus <strong>einer</strong> früher untergeordneten, bisweilen vernachlässigten in eine<br />
erstrangige Größe. Gerade die Erfahrung des Krieges im mörderischen 20.<br />
Jahrhundert beförderte das Interesse am Frieden und stärkte den Willen zum<br />
Frieden in breiten Gesellschaftsschichten. Frieden ist heute eine<br />
lebensnotwendige Existenzweise der Hochtechnologie-Zivilisation.<br />
(3) Die heutige Welt ist vom ewigen Frieden noch weit entfernt, aber sie hat<br />
Fortschritte auf dem Weg dahin gemacht, auf denen aufgebaut werden kann.<br />
Der sichere, positive Frieden entwickelt sich in einem widerspruchsvollen<br />
Aufstieg der menschlichen Gesellschaft zu höheren Lebensformen.<br />
Veränderte Produktions- und Verkehrsformen, gemeinsame Märkte und<br />
Wirtschaftsunionen, Kriegsunverträglichkeit der modernen Gesellschaften<br />
und Entbehrlichkeit des Krieges als Mittel zur Konfliktlösung untereinander<br />
haben zwischen den fortgeschrittenen Industrienationen einen beständigen<br />
Frieden erzeugt, der Prototypisches für einen ewigen Frieden im <strong>globalen</strong>