Zur Idee einer globalen Friedensordnung - DSS
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waren seine Denkergebnisse kein planloses Aggregat situativer Einfälle; sie<br />
formten eine methodisch gebildete Theorie mit Systemanspruch. So nimmt<br />
es kein Wunder, wenn wir eine in ihrer Substanz gleiche Friedenskonzeption<br />
Kants in vielen s<strong>einer</strong> Werke und nicht nur in s<strong>einer</strong> ausschließlich dieser<br />
Problematik gewidmeten Schrift finden:<br />
(a) In s<strong>einer</strong> erstmals 1784 in der Berlinischen Monatsschrift veröffentlichten<br />
Abhandlung „<strong>Idee</strong> zu <strong>einer</strong> allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht“<br />
wird der Krieg als ein vorübergehend unvermeidlicher Antagonismus in<br />
der menschlichen Gesellschaft charakterisiert, der aber dereinst durch Revolutionen<br />
unvermeidlich in einen weltbürgerlichen Zustand internationaler<br />
Sicherheit umkippen werde. (16)<br />
(b) In der 1786 ebenfalls in der Berlinischen Monatsschrift veröffentlichten<br />
Abhandlung „Mutmaßlicher Anfang der Menschengeschichte“ wird dem<br />
„kontinuierlichen Krieg“, dem größten Übel, welches die Völker drückt, der<br />
„immerwährende Friede“ <strong>einer</strong> künftigen Kultur entgegengestellt. (17)<br />
(c) In s<strong>einer</strong> erstmals 1790 in Berlin publizierten „Critik der Urtheilskraft“<br />
wird Krieg so lange für unvermeidlich gehalten, wie Ehrsucht, Herrschsucht<br />
und Habsucht („vornehmlich bei denen, die Gewalt in Händen haben“!) die<br />
Menschheit daran hindert, als „weltbürgerliches Ganzes“, als „System aller<br />
Staaten“ zu agieren. (18)<br />
(d) In s<strong>einer</strong> drei Jahre später in Königsberg publizierten „Religion innerhalb<br />
der Grenzen der bloßen Vernunft“ wird die Kriegstapferkeit als die „höchste<br />
Tugend der Wilden, in ihrer Meinung“ (!) und das Herbeiführen eines auf<br />
einem Völkerbund gegründeten ewigen Friedens als unausweichlich bezeichnet,<br />
auch wenn dieser philosophische Chiliasmus als eine Schwärmerei<br />
allgemein verlacht wurde. (19)<br />
(e) In s<strong>einer</strong> ebenfalls 1793 und wiederum in der Berlinischen Monatsschrift<br />
veröffentlichten Abhandlung „Über den Gemeinspruch: Das mag in der<br />
Theorie richtig sein, taugt aber nicht für die Praxis“ entwickelt Kant die<br />
Hypothese, daß sich in einem Perfektibilitätsprozeß die staatsbürgerlich<br />
verfaßten Gesellschaften in eine weltbürgerlich verfaßte Föderation nach<br />
einem gemeinschaftlich verabredeten Völkerrecht transformieren werden,<br />
was allerdings voraussetze, daß die entscheidende Stimme, ob Krieg sein<br />
solle oder nicht, das Volk habe und nicht das Staatsoberhaupt, „den der<br />
Krieg (weil er ihn auf eines andern, nämlich des Volks, Kosten führt) eigentlich<br />
nichts kostet“. (20)