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German Across the Curriculum:

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Die Scham der Sklaven:<br />

die Rolle der Farbigen (‘Coloureds’) in der südafrikanischen Literatur<br />

(Bessie Head, Zoë Wicomb, Nadine Gordimer):<br />

Vom Widerstandskampf zur Nationbildung<br />

"Weder Scham, noch sein helles Double, die Schuld der Weißen, sind besonders<br />

nützliche Ressourcen für eine Zukunft nach der Apar<strong>the</strong>id," heißt es apodiktisch in einem<br />

jüngst erschienenen Buch zur südafrikanischen Literatur zwischen 1970 und 1995.(1) Die<br />

hybride Identität der Farbigen (‘coloureds’) im biologischen Sinne, da sie sowohl eine<br />

afrikanische als auch eine europäische Genealogie besitzen, erzeugt auf psychischer<br />

Ebene Schamgefühle, in der die Scham des Geschlechts mit der Scham des Sklaventums<br />

eng verflochten ist. Der Zwang der Eingeborenen am Kap, ihre Unterwerfung durch die<br />

weißen Kolonisatoren zu internalisieren und zu verdrängen, wurde durch den<br />

gewalttätigen Geschlechtsverkehr zwischen den weißen Herren und den einheimischen<br />

Sklavinnen noch bestätigt und verstärkt. Die Nachkommen dieser Vereinigung sind die<br />

Farbigen, die sich einerseits von ihrem ursprünglichen Land und ihrer Kultur entfremdet<br />

fühlten, andererseits aber auch von der weißen Kolonialgesellschaft nicht als<br />

ihresgleichen betrachtet wurden. Innerhalb der Kastenordnung der Apar<strong>the</strong>id kam den<br />

Farbigen aufgrund ihrer helleren Hautfarbe eine relativ privilegierte Sonderstellung zu,<br />

die sie von den ‘wirklichen’ Schwarzen abhob und ihnen die Beteiligung am Anti-<br />

Apar<strong>the</strong>ids-Kampf erschwerte. Die Verdrängung der Scham der Sklaverei, die der Frage<br />

der farbigen Identität zugrundeliegt, scheint jedoch eine reaktive Haltung<br />

fortzuschreiben, die sowohl die offizielle Abschaffung der Sklaverei 1838 als auch das<br />

Ende der Apar<strong>the</strong>id 1994 überdauerte. Diese Haltung äußerte sich z.B. im Sieg der<br />

Nationalen Partei im Westkap in der ersten demokratischen Wahl 1994, den sie dank des<br />

farbigen Stimmzettels davontrug. Im Gegensatz zu Rosemary Jolly und Derek Attridge<br />

scheint es mir daher nicht besonders hilfreich, im Namen der Nationbildung diese<br />

komplexen und ambivalenten Gefühle einfach zu verschweigen, da das Verdrängte<br />

bekanntlich wiederkehrt, um das Ich und die Gesellschaft heimzusuchen. Der<br />

Ausgangspunkt meiner Untersuchung dieses Themenkomplexes soll der Körper sein, der<br />

als Ort des kulturellen Gedächtnisses verstanden werden kann, in dem die<br />

Erinnerungsspuren dieser schmerzhaften Geschichte eingeschrieben sind. Diese These<br />

soll anhand der literarischen Texte von Bessie Head, Zoë Wicomb und Nadine Gordimer<br />

analysiert werden.<br />

Ein Ereignis, das die Präsenz längst vergangener Geschichte veranschaulicht, ist die<br />

hitzige Reaktion auf eine Ausstellung der Künstlerin, Pippa Skotnes, die unter dem<br />

mehrdeutigen Titel Miscast (Fehlbesetzt) 1996 in Kapstadt stattfand. Die Ausstellung<br />

sollte eine kritische Auseinandersetzung mit der Repräsentation der ‘Buschmänner’ in<br />

kolonialen und wissenschaftlichen Diskursen auslösen. Die Bezeichnung ‘Buschmann’<br />

wurde für die indigenen Bevölkerungsgruppen der Khoikhoi und der San(2) benutzt, die<br />

als Hirten und als Jäger und Sammler am Kap lebten, als Jan van Riebeeck 1652 mit<br />

seiner Besatzung hier eine Zwischenstation auf der Seeroute nach Indonesien gründete.<br />

Der Begriff ‘Buschmann’ erhielt durch die Kolonisatoren jedoch auch eine pejorative<br />

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