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German Across the Curriculum:

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Eine andere Erzählstrategie ist die des umkämpften Raums, wie die Geschichte von<br />

Nomonde Calata zeigt, die zum Opfer der Tötung ihres Mannes durch die<br />

Todesschwadronen wurde. Die Polizisten verschaffen sich auf brachiale Weise Zugang<br />

zu ihrem Haus und einer setzt sich sogar auf ihr Bett, worauf sie ihn auffordert, vom<br />

Bett aufzustehen, da dies ihre private Sphäre ist. Gehorsam steht der Polizist daraufhin<br />

auf. Hier wird die Grenze zwischen dem öffentlichen und dem privaten Raum eindeutig<br />

ausgehandelt. Ein Freund der Autorin, Professor Kondlo, will daraus sogar einen<br />

Zeichentrickstreifen machen. In einem Bild sitzen die männlichen Historiker ums Feuer<br />

und reden über politische Dinge und auf dem anderen stehen die Frauen als die<br />

Erzieherinnen von Kindern und erzählen magische Geschichten um den Paptopf, in<br />

denen Verwandlungen von Menschen zu Tieren, von Männern zu Frauen und<br />

umgekehrt möglich sind. Diesem Bild will Kondlo mit einem Gummistempel die<br />

Wörter Migration, Verstädterung, Zwangsumsiedlungen aufdrücken. Und dann erst<br />

beginnt die Geschichte der Nomonde Calata, die nun im männlichen Raum des<br />

Britischen Kolonialen Rathauses in East London sitzt und eine Geschichte als Teil der<br />

offiziellen Geschichte dieses Landes erzählt. Damit reflektiert er einen revolutionären<br />

Prozeß, in dem zwei verschiedene soziale Räume miteinander konkurrieren: einer, in<br />

dem Gewalt in der Vergangenheit möglich war, und ein anderer, in der Gegenwart, wo<br />

Menschenrechtsverletzungen verurteilt werden. Indem sie das Rathaus in der Innenstadt<br />

gewählt hat und kein Gemeinschaftszentrum in der township will die<br />

Wahrheitskommission einen symbolischen Bruch mit dem institutionellen Rahmen der<br />

Vergangenheit andeuten. Das Rathaus ist nicht mehr die offizielle Domäne von Weißen<br />

und Tätern: sie gehört nun uns allen.<br />

Als sprachliches Muster benutzt Krog die Geschichte von Mattewis und Meraai, die<br />

aus den Afrikaansen Novellen von Mikro stammen, die später für das Fernsehen<br />

adaptiert wurden, um anzudeuten, nach welchen Stereotypen die Afrikaansen<br />

Sicherheitspolizisten sozialisiert wurden. Die Novellen operieren mit den<br />

Rollenklischees des großen, starken, unerschütterlichen, fleißigen und wortkargen<br />

Mannes und seiner Frau, Meraai, der Dorfschneiderin, einer unattraktiven Frau, aber mit<br />

einem guten, braven Herzen. Sie signalisieren eine geordnete Welt. So ist der<br />

Sicherheitsbeamte unbewußt einem Kindheitsinstinkt gefolgt, als er unwillkürlich dem<br />

Befehl Nomonde Calatas folgte, das Bett zu verlassen, auf das er sich gerade gesetzt<br />

hatte. Er wird plötzlich in die ödipale Struktur zurückversetzt.<br />

Gelegentlich nahm die Wahrheitskommission die Bedeutung einer griechischen<br />

Tragödie an. So wird z.B. der Schrei Nomonde Calatas, als sie den Schrei Nyameka<br />

Goniwes hörte, als Rückfall in einen vorsprachlichen Zustand gesehen, der durch die<br />

schreckliche Erkenntnis hervorgerufen wurde, daß man ihren Mann getötet hat. Die<br />

Erinnerung an diesen Vorfall ist an den Schrei gebunden, der der einzig adäquate<br />

Ausdruck für ihren Schmerz ist. Und dennoch bedeutet die Übersetzung dieses<br />

Schmerzes in Sprache durch die Erinnerung auch dessen Überwindung. Insofern bringt<br />

die Zeugenaussage einen Schlußstrich für das Ich: “Nur in der Form einer<br />

geständnishaften Selbstaussage kann, nach Dostojewskij, das letzte Wort über einen

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