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German Across the Curriculum:

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Gegensatz zu dem vom Apar<strong>the</strong>idsstaat besetzten Begriff der Nation bevorzugt die ANC-<br />

Regierung im Zuge einer Redemokratisierung der Gesellschaft das Modell der<br />

Regenbogennation. Es stellt sich jedoch die Frage, ob sich angesichts der ethnischen<br />

Zersplitterung unter der Apar<strong>the</strong>id einerseits und einer starken afrikanischnationalistischen<br />

Tradition andererseits, eine solche nationale Einheit aus der kulturellen<br />

Vielfalt schweißen läßt. Man spricht von verschiedenen Nationalismen, z.B. dem der<br />

Buren, Xhosas und Zulus und seit der Wahl von 1994 auch von einem farbigen<br />

Nationalismus. Während postkoloniale Denker wie Homi Bhabha, Edward Said, Gayatri<br />

Spivak usw. von südafrikanischen Intellektuellen diskutiert werden, um verschiedene<br />

Lösungsvorschläge zur Definition der postkolonialen Gesellschaft als ‘hybride’,<br />

‘pluralistische’, ‘heterogene’ zu untersuchen, sehen es vor allem Künstler, Schriftsteller<br />

und Theatermacher als eine wesentliche Aufgabe an, die kollektive Vergangenheit aus<br />

der Perspektive der Heterogenität neu zu schreiben. Das bedeutet auch, daß Texte der<br />

Vergangenheit unter diesem Gesichtspunkt neu entdeckt und gelesen werden können.<br />

Als Beispiel, wie der Körper als Ort des kulturellen Gedächtnisses zum Streitobjekt<br />

zwischen den ehemaligen Kolonialmächten und den Kolonisierten werden kann, sei die<br />

Forderung der ‘Buschmänner’ und deren Nachfahren nach der Rückkehr der Saartje<br />

Baardman ans Kap erwähnt, wo sie auf würdevolle Weise beigesetzt werden soll. Saartje<br />

Baardman lenkte im vorigen Jahrhundert die Aufmerksamkeit der Anthropologen und<br />

Biologen auf ihre außergewöhnlichen Geschlechtsmerkmale, insbesondere das Gesäß und<br />

die Schamlippen, was ihr den fragwürdigen Titel der Venus steatopygos eintrug. Dieses<br />

wissenschaftliche Interesse bahnte ihr den Weg für eine Karriere als Artistin in England,<br />

wo sie sich ihren Lebensunterhalt verdiente, indem sie ihre körperlichen Reize einem<br />

Publikum zur Schau bot. Simone de Beauvoir führt die Faszination mit der Venus<br />

steatopygos auf die männliche Betrachtung des weiblichen Leibes als Objekt zurück: "Er<br />

soll nicht Ausstrahlung einer Subjektivität sein, sondern nur ein in seiner Immanenz<br />

ruhendes Ding; er soll keine Beziehung zur übrigen Welt haben, nicht etwas anderes als<br />

sich selbst versprechen: er soll das Begehren auf sich lenken und in sich enden lassen."(4)<br />

Im anthropologischen Diskurs der Zeit überkreuzt sich die Neugierde für das exotische<br />

Fremde mit dem Blick für die Andere, die als erotisches Objekt begehrt und besessen<br />

werden kann. Durch die pseudo-wissenschaftliche Darstellung der wilden Frau wird das<br />

Begehren des Europäers zugleich geschürt und verleugnet. Die sterblichen Überreste der<br />

Saartje Baardman befinden sich zur Zeit teilweise im British Museum in London,<br />

teilweise im Musée des Hommes in Paris, wo sie angeblich der weiteren<br />

wissenschaftlichen Erforschung harren. Bisher sind die Kuratoren nicht auf die<br />

Forderungen der Farbigen eingegangen, die sich zu den Hütern ihres Erbes erklärt haben.<br />

Die Scham der Farbigen hängt aber nicht nur mit der sexuellen Demütigung<br />

zusammen, wie das Beispiel Saartje Baardmans zeigt, sondern auch mit der Scham der<br />

Sklaverei, der die ‘Buschmänner’ unterworfen waren. Die ‘Buschmänner’ machten nur<br />

einen Teil der heterogenen Sklavenbevölkerung aus, die außerdem aus Indern, Chinesen,<br />

Malaien, Madagassen und Mosambikern bestand.(5) Die beschämendste Tatsache im<br />

Zentrum der Sklaverei war der Verkauf, dessen langfristige symbolische und<br />

psychologische Folgen schwer zu ermessen sind. Im Wesentlichen waren Sklaven nur<br />

Sklaven, da Eigentümer darauf bestanden, daß versklavte Menschen nach geltendem<br />

Recht verkauft werden konnten. Jedesmal, wenn ein Eigentümer einen versklavten<br />

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