German Across the Curriculum:
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durch den guten Willen Einzelner, und vor allem durch die Liebe, abgeholfen werden<br />
kann. Damit heben die liberalen Schriftsteller jedoch lediglich die moralische Sanktion<br />
auf, die auf der Liebesbeziehung zwischen den Rassen lastet, ohne an den<br />
Machtstrukturen zu rütteln, die durch die verbotene Liebe aufrechterhalten und<br />
verschleiert werden. Denn es geht ja nicht um die Liebe zwischen Gleichgestellten,<br />
sondern um den Machtunterschied zwischen Mann und Frau, und zwischen der weißen<br />
Rasse und der nicht-weißen Rasse.<br />
Da die Farbigen zwischen den Rassen standen, wiesen sie Erbanteile sowohl ihrer<br />
europäischen als auch ihrer afrikanischen Vorfahren auf. Das machte es nicht immer<br />
leicht für die Beamten des Apar<strong>the</strong>idsstaats, ein Individuum nach seiner<br />
Rassenzugehörigkeit zu klassifizieren. Der Familienname war trügerisch, da er sich - wie<br />
die Namen Buis, Nell, Mat<strong>the</strong>ws, Mitchell, Kronenberg, Engelman usw. andeuten - durch<br />
nichts von seinem europäischen Gegenüber unterschied. Auf der anderen Seite war auch<br />
die Identifikation nach der Hautfarbe tückisch, da manche ‘Farbige’ heller als manche<br />
Südeuropäer waren und mitunter auch blaue oder grüne Augen hatten. Um dieser Not<br />
abzuhelfen, ersannen die Apar<strong>the</strong>idsbeamten absurde Methoden der Rassenidentifikation.<br />
So soll im Zweifelsfall ein Bleistift, der in den Haaren steckenblieb, oder etwa lila<br />
Halbmonde unter den Fingernägeln, ausschlaggebend gewesen sein. Hinter diesem<br />
grotesken Versuch, Menschen wie Tiere zu klassifizieren, stand ein bitterernstes<br />
politisches und ökonomisches System. Alle ‘Südafrikaner’ erhielten einen Vermerk in<br />
ihren Pässen, der sie einer von drei Rassenkategorien zuwies: sie waren entweder<br />
‘Weiße’, ‘Schwarze’ oder ‘Farbige und Andere’. Diese Zuordnung hatte schwerwiegende<br />
Folgen für die Privilegien, die die Betreffenden in Bezug auf Arbeitsgenehmigung,<br />
Wohnort, Schule und Bewegungsfreiheit sowohl innerhalb als auch außerhalb des Landes<br />
genossen.<br />
Diese Rassenklassifikation stellt eine neue demokratische Regierung vor Probleme,<br />
wenn sie sie zum Ausgangspunkt der affirmative action macht, derzufolge die<br />
Diskriminierung der Apar<strong>the</strong>id durch eine umgekehrte Diskriminierung<br />
wiedergutgemacht werden soll. Während die Farbigen nicht weiß genug im nationalen<br />
Diskurs der Apar<strong>the</strong>id waren, scheinen sie im neuen Südafrika, das ein Erbe der<br />
nationalen Befreiungsbewegung ist, nicht ‘schwarz’ genug zu sein. Es sieht so aus, als<br />
wäre ihnen der Zugang zu führenden Positionen in Politik und Wirtschaft wieder<br />
versperrt. Angesichts dieser Verteilung der Macht und Ressourcen sind die Farbigen<br />
verständlicherweise besorgt, daß sie nun in einem von einer afrikanischen Mehrheit<br />
regierten Staat wieder den kürzeren ziehen werden. Es muß allerdings hinzugefügt<br />
werden, daß es sich dabei nicht so sehr um ‘reale’ Begebenheiten handelt, als um<br />
Perzeptionen. Es ließe sich eine ganze Liste führender Farbiger in der Regierung auf allen<br />
Ebenen aufzählen. Identitäten sind aber nicht etwas Statisches, Gegebenes, sondern<br />
unstabil und veränderlich. So ist es durchaus möglich, daß die Frage der Identität<br />
aufgrund von Rassenunterschieden in Zukunft andere Formen annehmen werden, falls sie<br />
nicht überhaupt wegfallen wird.<br />
In Bessie Heads erstem, autobiographischem Romanfragment, The Cardinals (die<br />
Kardinäle), geht es um die Liebe jenseits der Rassenschranke, aus der Perspektive einer<br />
farbigen Frau.(6) Die Hauptfigur, ‘Mouse’, ist das uneheliche Kind eines farbigen<br />
Fischers und einer jungen Frau aus einer sozial höherstehenden Familie. Obwohl<br />
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