SPECTRUM - Universität Kaiserslautern
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Deutschen sind die Umlaute eine ergiebige<br />
Quelle für Synonyme. Für den Umlaut<br />
„ä“ kann man Schreibweisen aus {ae,<br />
a, , ], ea, ae:} usw. finden. Zusammen<br />
mit den möglichen Abkürzungen des Vornamens<br />
{T., T, Th., Th} usw. ergibt sich<br />
am Beispiel des Autors Theo Härder eine<br />
erhebliche Variationsbreite für Synonyme.<br />
Die Suche nach einem Autor namens Peter<br />
Müller wird sowohl durch das Homonym-<br />
als auch durch das Synonymproblem<br />
erschwert. Auch die beste Suchmaschine<br />
kann nicht bei allen Kombinationen eine<br />
richtige Zuordnung treffen. Sie wird auch<br />
kaum in der Lage sein, den korrekten Autor<br />
des Zitats am Ende unserer Anmerkungen<br />
herauszufinden.<br />
Aussagekraft und Relevanz. Wie schon<br />
angesprochen, sollte der Wert von Zitationen<br />
für die Bestimmung von wissenschaftlicher<br />
Leistung nicht „fachunabhängig“<br />
gesehen werden. Die verschiedenen<br />
Fachdisziplinen haben ihre eigenen,<br />
langfristig gewachsenen „Publikationskulturen“<br />
mit drastischen Auswirkungen auf<br />
das, was in den entsprechenden Datenbanken<br />
im Internet aufgezeichnet und gefunden<br />
wird. So haben noch in den 90-er<br />
Jahren manche Ingenieursdisziplinen fast<br />
ausschließlich in deutscher Sprache publiziert,<br />
mit der Folge, dass die Zitierhäufigkeit<br />
ihrer Beiträge oft um mehr als den<br />
Faktor 5 geringer war als vergleichbare Publikationen<br />
in englischer Sprache (H. Köpcke,<br />
E. Rahm: Analyse von Zitierungshäufigkeiten<br />
für die Datenbankkonferenz BTW,<br />
Datenbank-Spektrum 20, 48-52, 2007).<br />
Auch unterscheiden sich die Disziplinen<br />
dadurch, welche Publikationsorgane sie<br />
nutzen. Beispielsweise ist der dominierende<br />
Anteil an Publikationen der Informatik<br />
in Konferenz-Proceedings zu finden, auch<br />
wegen der viel schnelleren Verfügbarkeit<br />
im Vergleich zu Zeitschriften. Das hat aber<br />
zur Folge, dass solche Beiträge nicht in<br />
alle Web-Datenbanken aufgenommen<br />
werden (wahrscheinlich auch nicht in der<br />
„sehr sorgfältig geführten“ Datenbank<br />
„Web of Knowledge“).<br />
Um die Leistung eines Wissenschaftlers<br />
zu messen, sollte auch die Art der Publikation<br />
(Originalbeitrag, Übersichtsaufsatz,<br />
Tutorial, usw.) ebenso wie die Anzahl der<br />
Autoren, die zum wissenschaftlichen Ergebnis<br />
beigetragen haben, Berücksichtigung<br />
finden. Außerdem ist zu bedenken,<br />
dass je nach Fachgebiet viel wichtigere Arbeits-<br />
und Forschungsergebnisse gar nicht<br />
in Form von Publikationen erscheinen. Aus<br />
der Sicht des Ingenieurs oder Informatikers<br />
misst sich ihre fachliche Leistung oft eher<br />
an der Wichtigkeit eines Patents oder der<br />
Qualität eines Produktes oder Programms,<br />
die in der Regel in mehrstufigen und arbeitsteiligen<br />
Prozessen entstehen. In vielen<br />
Bereichen sind Publikationen nicht das<br />
eigentliche Ergebnis der Arbeit, sie erfüllen<br />
nur eine untergeordnete Rolle. Architekten<br />
verfehlen ihren Beruf, wenn sie sich vornehmlich<br />
auf Publikationen konzentrieren.<br />
Auch ein <strong>Universität</strong>sprofessor erfüllt seine<br />
eigentliche Aufgabe nicht gut, wenn sein<br />
Hauptaugenmerk nur auf eine lange Publikationsliste<br />
und nicht beispielsweise auf<br />
die Anleitung und Ausbildung seiner Doktoranden<br />
gerichtet ist, damit diese für die<br />
oben erwähnten Aufgaben bestens vorbereitet<br />
werden. In diesem Zusammenhang<br />
empfehlen wir einen Blick in den Aufsatz<br />
„Der Zehnkampf des Hochschullehrers<br />
– Setzen wir falsche Anreize?“ unseres<br />
emeritierten Kollegen Peter Mertens von<br />
der <strong>Universität</strong> Erlangen. 1<br />
Summa summarum. Bibliometrie hat<br />
eine gute Schneide. Sie informiert die<br />
Autoren darüber, wie ihre Arbeiten angenommen<br />
werden, welche Publikationsorgane<br />
wahrgenommen werden und sogar<br />
wer sich mit den Arbeiten befasst. Sie hilft<br />
auch, die Sichtbarkeit von Forschern zu<br />
beurteilen. Aber sie besitzt auch eine zweite<br />
Schneide, die leicht ins eigene Fleisch<br />
der Wissenschaft gehen kann, indem eine<br />
numerische Pseudo-Objektivität zu verfehlten<br />
Anreizen und falschen Entscheidungen<br />
bei der Zuweisung von Forschungsmitteln<br />
führen kann. Wie aus vielen Berichten bekannt,<br />
gibt es schon heute bei den abgeleiteten<br />
Bewertungsmetriken für „wissenschaftliche<br />
Leistung“ (H-Index, I10-Index<br />
usw.) oder den Impaktfaktoren wissenschaftlicher<br />
Zeitschriften/Konferenzen<br />
Tendenzen zur Schönung und gezielten<br />
Manipulation durch "Zitierungskartelle"<br />
oder Häufung von (Selbst-)Zitierungen, da<br />
in diesem Zusammenhang in besonderer<br />
Weise gilt: "Systems and people respond<br />
to measures used for their evaluation". Als<br />
weitere Einflussfaktoren kommen die wirtschaftlichen<br />
Interessen der großen Wissenschaftsverlage<br />
und Anbieter auf dem<br />
Informationsmarkt ins Spiel. Zum Beispiel<br />
werden beide oben verwendeten Datenbanken<br />
von großen profitorientierten Konzernen<br />
bereitgestellt, die vielleicht nicht<br />
von Anfang an, aber erfahrungsgemäß auf<br />
längere Sicht ihre Interessen in den Mittelpunkt<br />
stellen werden. 2<br />
Die Bibliometrie und ihr Einfluss auf die<br />
Wissenschaft stehen noch am Anfang.<br />
Wichtig ist es, die kommende Entwicklung<br />
von Anfang an kritisch zu begleiten und<br />
nicht erst aufzuwachen, wenn das Kind<br />
in den Brunnen gefallen ist. E. Instein hat<br />
es schon gewusst: Nicht alles was zählt,<br />
kann gezählt werden, und nicht alles was<br />
gezählt werden kann, zählt!<br />
Theo Härder und<br />
Arnd Poetzsch-Heffter<br />
FB Informatik<br />
Quellenangaben zu den drei Informatik-<br />
Publikationen:<br />
Reuter: Transaction processing: concepts and techniques,<br />
Morgan Kaufmann Publishers, 1992 (Text<br />
book, 1070 pages)<br />
Rombach: The TAME project: towards improvementoriented<br />
software environments. IEEE Trans. Software<br />
Eng. 14:6, 758-773, 1988<br />
Härder: Principles of transaction-oriented database<br />
recovery, ACM Computing Surveys 15:4, 287-317,<br />
1983 (Zitierungen der japanischen Übersetzung<br />
unbekannt)<br />
1 (http://www.wi1.uni-erlangen.de/fileadmin/user_upload/images/team/zehnkampf.pdf)<br />
2 Das Web of Knowledge wird von der Thomson Reuters Corporation betrieben, einem 2008 aus der Übernahme der Nachrichtenagentur Reuters durch die<br />
kanadische Thompson Corporation hervorgegangenen Medienkonzern, der zu seiner Gründung erklärte, dass es Ziel ist, im Informationsmarkt zukünftig mit<br />
Google und Microsoft zu konkurrieren.<br />
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