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14 Schwerpunkt_EVIDENCE-BASED MANAGEMENT<br />
sind. In <strong>de</strong>r oben angeführten McKinsey-Studie (2007) wird<br />
die Performance von Unternehmen mit hoher und niedriger<br />
Frauenquote verglichen. Jedoch stammen die Unternehmen<br />
in <strong>de</strong>r Studie aus unterschiedlichen Branchen, haben unterschiedliche<br />
Historien, Wettbewerbspositionen und -strategien.<br />
Unternehmen mit hohem und geringem Frauenanteil sind daher<br />
schwer vergleichbar. So könnten beispielsweise jüngere<br />
Unternehmen einen höheren Frauenanteil haben (da <strong>de</strong>r Anteil<br />
von Frauen unter <strong>de</strong>n Hochschulabsolventen stetig gestiegen<br />
ist) und eher in innovativen und somit profitableren Branchen<br />
tätig sein. Dann wür<strong>de</strong> man auch ohne je<strong>de</strong>n Kausalzusammenhang<br />
<strong>de</strong>nnoch eine Korrelation zwischen Frauenanteil und<br />
Profitabilität beobachten.<br />
Wann keine Selektionseffekte auftreten<br />
Selektionsverzerrungen treten dann nicht auf, wenn durch<br />
einen „exogenen“ Grund (<strong>de</strong>r unabhängig von wesentlichen,<br />
nicht gemessenen Charakteristika ist), Verän<strong>de</strong>rungen für<br />
manche Unternehmen o<strong>de</strong>r Unternehmensteile erzwungen<br />
wer<strong>de</strong>n wie in oben genannter Studie zur Evaluation <strong>de</strong>r Einführung<br />
<strong>de</strong>r Frauenquote in Norwegen.<br />
Bei Studien zur Wirksamkeit personalwirtschaftlicher<br />
Instrumente in einzelnen Unternehmen können auch beispielsweise<br />
zeitliche Verschiebungen bei <strong>de</strong>r Einführung in<br />
unterschiedlichen Unternehmensteilen ausgenutzt wer<strong>de</strong>n. So<br />
nutzt eine sehr bekannte Studie von Lazear (2000) zur Wirkung<br />
<strong>de</strong>r Einführung eines variablen Vergütungssystems aus,<br />
dass das betroffene Unternehmen das System nicht in allen<br />
Nie<strong>de</strong>rlassungen gleichzeitig, son<strong>de</strong>rn schrittweise eingeführt<br />
hat. So gibt es zu je<strong>de</strong>m Zeitpunkt während <strong>de</strong>r Einführungsphase<br />
jeweils Nie<strong>de</strong>rlassungen, die das neue System nutzen<br />
und an<strong>de</strong>re, dies es noch nicht nutzen – es entstehen also<br />
Treatment- und Kontrollgruppen ohne dass das Unternehmen<br />
wirklich ein „Experiment“ bewusst geplant hat – <strong>de</strong>r kausale<br />
Effekt <strong>de</strong>r Systemeinführung (hier ein substanzieller Anstieg<br />
<strong>de</strong>r Performance) kann sauber abgeschätzt wer<strong>de</strong>n. Etwaige<br />
Drittvariablen wie Konjunktur- o<strong>de</strong>r Zeiteffekte können das<br />
Ergebnis nicht treiben.<br />
Alternative zur Kontrolle von Drittfaktoren<br />
Ein alternativer Weg <strong>de</strong>r Kontrolle von Drittfaktoren sind Regressionsmo<strong>de</strong>lle,<br />
bei <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r Einfluss möglicher weiterer<br />
Einflussfaktoren berücksichtigt wird. Allerdings ist es hier<br />
von zentraler Be<strong>de</strong>utung, alle wichtigen Drittvariablen zu berücksichtigen<br />
– und häufig ist die Verfügbarkeit von wichtigen<br />
Drittvariablen eingeschränkt. Ein wirklich randomisiertes<br />
Experiment o<strong>de</strong>r Quasi-Experiment wird also einer Regressionsanalyse,<br />
bei <strong>de</strong>r nicht vollkommen klar ist, von welchen<br />
Faktoren die untersuchte Kernvariable selbst beeinflusst wird,<br />
immer überlegen sein bezüglich <strong>de</strong>r Fähigkeit, kausale Effekte<br />
abzuschätzen.<br />
Entlang <strong>de</strong>r oben genannten drei Kernfragen kann <strong>de</strong>r methodisch<br />
geschulte Personalmanager unterschiedliche empirische<br />
Ergebnisse selbstständig bewerten. Ein pragmatischer Weg<br />
besteht im Rückgriff auf Veröffentlichungen in wissenschaftlichen<br />
Zeitschriften, die einem „Peer Review“ unterliegen,<br />
d. h., bei <strong>de</strong>nen in <strong>de</strong>r Regel je<strong>de</strong>r Beitrag von typischerweise<br />
min<strong>de</strong>stens zwei anonymen Gutachtern geprüft wird und<br />
häufig gera<strong>de</strong> bei <strong>de</strong>n sehr renommierten wissenschaftlichen<br />
Zeitschriften mehrere Revisionsrun<strong>de</strong>n durchlaufen hat, in<br />
<strong>de</strong>nen die Gutachter die Autoren häufig zu weitergehen<strong>de</strong>n<br />
Überprüfungen ihrer Hypothesen antreiben und die Methodik<br />
hinterfragen. Peer Reviews arbeiten nicht fehlerfrei, die Veröffentlichung<br />
methodisch fragwürdiger Studien wird jedoch<br />
substanziell reduziert. Zu<strong>de</strong>m hat es in <strong>de</strong>n letzten Jahren sehr<br />
große Fortschritte bezüglich <strong>de</strong>r Anfor<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r Zeitschriften<br />
an eine hochwertige empirische Analyse gegeben.<br />
Keine blin<strong>de</strong> Übertragung von Forschungsergebnissen<br />
Wir plädieren bewusst für eine komplementäre Verwendung<br />
wissenschaftlicher Forschungsergebnisse bei <strong>de</strong>r betrieblichen<br />
Entscheidungsfindung neben an<strong>de</strong>ren Informationsquellen.<br />
Dies liegt in <strong>de</strong>n Möglichkeiten aber auch <strong>de</strong>n Grenzen wissenschaftlicher<br />
Ergebnisse begrün<strong>de</strong>t. So wer<strong>de</strong>n die Ergebnisse<br />
grundsätzlich typischerweise hilfreich bei <strong>de</strong>r Entscheidungsfindung<br />
sein, aber weniger bei <strong>de</strong>r konkreten Implementierung.<br />
Die folgen<strong>de</strong>n Schritte können bei <strong>de</strong>r Nutzung für betriebliche<br />
Entscheidungsprobleme als Orientierung dienen.<br />
Eine konkrete Fragestellung formulieren<br />
Die Wissenschaft muss konkret befragt wer<strong>de</strong>n, um inhaltlich<br />
wertvolle Aussagen zu erhalten. Schlagworte und Programmatiken<br />
wie „Work-Life-Balance“ o<strong>de</strong>r „Diversity“ sind meist<br />
nicht sehr hilfreich – da sie typischerweise eine ganze Reihe<br />
sich überlagern<strong>de</strong>r und teilweise in unterschiedliche Richtung<br />
wirken<strong>de</strong>r Mechanismen umfassen. Denise Rousseau und Eric<br />
Barends (2011) empfehlen beispielsweise als ersten Schritt,<br />
diese in beantwortbare Fragen zu überführen: „Sind geschlechtergemischte<br />
Teams erfolgreicher als homogene Teams?“ o<strong>de</strong>r<br />
„Welche Art von Diversity erhöht <strong>de</strong>n Teamerfolg?“ Dies scheint<br />
auf <strong>de</strong>n ersten Blick <strong>de</strong>m eher ganzheitlichen Arbeiten eines<br />
Managers zu wi<strong>de</strong>rsprechen, <strong>de</strong>r vielfältige Inter<strong>de</strong>pen<strong>de</strong>nzen<br />
und unterschiedliche Zielsetzungen verschie<strong>de</strong>ner Stakehol<strong>de</strong>r<br />
berücksichtigen muss. Die analytische Zerlegung in Teilfragen<br />
erhöht jedoch auch für <strong>de</strong>n Praktiker die Klarheit bezüglich <strong>de</strong>s<br />
zu lösen<strong>de</strong>n Problems, solange er die Ganzheitlichkeit nicht<br />
aus <strong>de</strong>m Blick verliert (siehe Abb.3).<br />
Ergebnisse auf das Unternehmen übertragen<br />
Aufbauend auf <strong>de</strong>r konkreten Fragestellung, erfolgt die gezielte<br />
Suche nach <strong>de</strong>n besten verfügbaren Fakten zur Beantwortung<br />
<strong>de</strong>r Frage. Die Ergebnisse lassen sich in einem Kurzgutachten<br />
personal<strong>quarterly</strong> 04 / 12