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46 State of the art_Fluktuation und Retention<br />

Fluktuation und Retention – Mitarbeiter im<br />

Unternehmen halten<br />

Bindung von Mitarbeitern ist eine zentrale Aufgabe <strong>de</strong>s betrieblichen Personalmanagements.<br />

Dies setzt die Kenntnis über maßgebliche Fluktuationsursachen voraus.<br />

Von Prof. Dr. Stefan Huf (Duale Hochschule Ba<strong>de</strong>n-Württemberg, Stuttgart)<br />

Die Mitarbeiterbindung nimmt <strong>de</strong>rzeit einen Spitzenplatz<br />

auf <strong>de</strong>r Prioritätenliste <strong>de</strong>s betrieblichen Personalmanagements<br />

ein. Nicht wenige Unternehmen<br />

sehen <strong>de</strong>r zukünftigen Arbeitsmarktentwicklung mit<br />

Sorge entgegen und befürchten zunehmen<strong>de</strong> Schwierigkeiten<br />

bei <strong>de</strong>r Besetzung offener Stellen. Zu<strong>de</strong>m steht es <strong>de</strong>n arbeitsvertraglich<br />

bereits gebun<strong>de</strong>nen Mitarbeitern stets frei, nach Alternativen<br />

Ausschau zu halten. Retention-Management verfolgt<br />

daher das Ziel, unerwünschte Fluktuation zu senken. Dies setzt<br />

die Kenntnis über maßgebliche Fluktuationsursachen voraus.<br />

Der Beitrag bilanziert daher <strong>de</strong>n diesbezüglichen Stand <strong>de</strong>r<br />

Forschung hinsichtlich <strong>de</strong>r Theorieentwicklung und <strong>de</strong>r empirischen<br />

Untersuchungsergebnisse und bietet eine Synthese<br />

aus prozesstheoretischer Perspektive an.<br />

Ursachen <strong>de</strong>r Mitarbeiterfluktuation<br />

Fluktuation resultiert aus <strong>de</strong>r freiwilligen Entscheidung von<br />

Mitarbeitern zur Aufgabe ihrer organisationalen Mitgliedschaft.<br />

Fluktuationstheorien versuchen diesen vom Mitarbeiter<br />

initiierten Ablösungsprozess ursächlich zu erklären. Im<br />

Laufe <strong>de</strong>r zwischenzeitlich über 50-jährigen Fluktuationsforschung<br />

ist es hierbei zu einer bemerkenswerten Perspektivenerweiterung<br />

gekommen: Wur<strong>de</strong>n anfänglich lediglich zwei<br />

Faktoren, nämlich Arbeitsunzufrie<strong>de</strong>nheit und die Attraktivität<br />

von Beschäftigungsalternativen, als ursächlich angesehen,<br />

sind zwischenzeitlich in empirischen Einzelstudien und Meta-<br />

Analysen über 70 mitarbeiter-, arbeitsplatz-, unternehmensund<br />

arbeitsmarktbezogene Variablen hinsichtlich ihres Einflusses<br />

auf die Fluktuationsentscheidung untersucht wor<strong>de</strong>n<br />

(Steel/Lounsbury, 2009, S. 271-276) – mit keineswegs ein<strong>de</strong>utigen<br />

Ergebnissen.<br />

Daher soll zunächst die Ursachenanalyse auf <strong>de</strong>r Theorieebene<br />

nachvollzogen wer<strong>de</strong>n, da sich aus <strong>de</strong>r jeweiligen Theorieperspektive<br />

ableitet, welche Faktoren einer empirischen Überprüfung<br />

unterzogen wer<strong>de</strong>n und welche Kausalität vermutet wird.<br />

Die Theorieentwicklung kann in drei Phasen unterteilt wer<strong>de</strong>n:<br />

Gemäß <strong>de</strong>r Anreiz-Beitrags-Theorie (March/Simon 1958) und<br />

<strong>de</strong>m Verkettungsmo<strong>de</strong>ll (Mobley, 1977) folgt die Fluktuationsentscheidung<br />

<strong>de</strong>m ökonomischen Kalkül <strong>de</strong>s Kosten-Nutzen-<br />

Vergleichs auf Basis einer Alternativenabwägung (Phase 1).<br />

Das Pfadmo<strong>de</strong>ll (Lee/Mitchell/Holtom/McDaniel/Hill, 1999)<br />

ist hingegen stärker psychologisch fundiert und verweist auf<br />

unterschiedliche Fluktuationspfa<strong>de</strong>, die individuell beschritten<br />

wer<strong>de</strong>n (Phase 2).<br />

Einbettungstheroie: Die soziologisch argumentieren<strong>de</strong><br />

Einbettungstheorie(Lee/Mitchell/Sablynski/Burton/Holtom<br />

2004) rückt <strong>de</strong>n umfassen<strong>de</strong>n sozialen Kontext, in <strong>de</strong>m die<br />

Mitarbeiter verankert sind, in <strong>de</strong>n Mittelpunkt (Phase 3).<br />

Fluktuation als Ergebnis einer Alternativenabwägung<br />

Die Anreiz-Beitrags-Theorie stellt heraus, dass sich die Fluktuationsentscheidung<br />

zum einen aus <strong>de</strong>m Wunsch <strong>de</strong>s Mitarbeiters<br />

nach einem Verlassen <strong>de</strong>r Organisation ergibt und zum<br />

an<strong>de</strong>ren davon abhängt, wie leicht sich dieser Wunsch realisieren<br />

lässt. Der Verän<strong>de</strong>rungswunsch ergibt sich <strong>de</strong>mnach<br />

aus einer wahrgenommenen Arbeitsunzufrie<strong>de</strong>nheit und <strong>de</strong>r<br />

Realisierbarkeit <strong>de</strong>s Wunsches aus <strong>de</strong>n sich bieten<strong>de</strong>n Jobalternativen<br />

(March/Simon 1958, S. 112-125). Die Kernaussage<br />

lautet: Wenn Mitarbeiter unzufrie<strong>de</strong>n mit ihrer Arbeit sind und<br />

zu<strong>de</strong>m über attraktivere Jobalternativen verfügen, kündigen<br />

sie ihr aktuelles Arbeitsverhältnis.<br />

Das Verkettungsmo<strong>de</strong>ll (Mobley, 1977; Hom/Kinicki, 2001)<br />

mo<strong>de</strong>lliert dieses Kalkül als rationalen Entscheidungsprozess.<br />

In bei<strong>de</strong>n Mo<strong>de</strong>llen, die die Fachdiskussion über Jahrzehnte<br />

prägten, ist Arbeitsunzufrie<strong>de</strong>nheit als „Push-Faktor“ die<br />

notwendige, <strong>de</strong>n Ablösungsprozess anstoßen<strong>de</strong> Bedingung<br />

und Jobalternativen sind als „Pull-Faktor“ die hinreichen<strong>de</strong><br />

Bedingung für die Kündigung. Allerdings: Es kündigen auch<br />

Mitarbeiter, die mit ihrer aktuellen Arbeitsstelle nicht unzufrie<strong>de</strong>n<br />

sind. Und zu<strong>de</strong>m kündigen auch Mitarbeiter, ohne eine<br />

Jobalternative zu haben (Holtom/Mitchell/Lee/Eberly, 2008,<br />

S.256).<br />

personal<strong>quarterly</strong> 04 / 12

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