31.10.2013 Aufrufe

Download PDF - 041 Kulturmagazin

Download PDF - 041 Kulturmagazin

Download PDF - 041 Kulturmagazin

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

schwanenplatz<br />

schon aus Versehen gestohlen habe. bin wohl auch bald «big in<br />

Japan». unterdessen lässt sich auch die einheimische bevölkerung<br />

vermehrt blicken. sie verweilt aber nicht. einkaufstasche in<br />

der einen, regenschirm in der anderen hand, immer bemüht, so<br />

schnell wie möglich ins trockene zu kommen; so präsentiert<br />

man sich.<br />

bisher beobachtete utensilien von Gruppenführern: gelbe<br />

Plastikblumen, regenschirme, vorzugsweise gelb oder rot, fähnchen,<br />

eine weisse Plastiktüte.<br />

wann soll ich sonst einkaufen gehen?<br />

(13–19.30 uhr)<br />

Der Übergang von Mittag zu nachmittag verläuft fliessend. cars<br />

karren touristen heran, und wer die sehenswürdigkeiten schon<br />

kennt, geht vorbei.<br />

14.52 Uhr: Ein Hupkonzert erschreckt diverse Touristen. Eine Hochzeitsprozession<br />

fährt vorbei.<br />

Die hochzeitsprozession kehrt noch einmal zurück und<br />

macht kurz halt. Die gerade anwesenden touristengruppen<br />

schiessen wild fotos. Die autos setzen sich wieder in bewegung<br />

und hinterlassen viel Gesprächsstoff.<br />

eine neue Gruppe kommt an. Der reise-Älteste filmt mit<br />

kindlicher freude den bucherer und macht sich dann auf in<br />

richtung Kapellbrücke. er ist einer von wenigen touristen heute,<br />

der nicht wie auf einem langweiligen schulausflug dreinschaut.<br />

Das einzige Kind in der Gruppe dagegen, ein feister Junge,<br />

hämmert mürrisch mit den fäusten gegen die telefonkabine,<br />

bis er von seiner Mutter mit über die schultern gelegtem arm<br />

liebevoll abgeführt wird. Wie um das Gegenstück dazu zu demonstrieren,<br />

stampft ein Prachtexemplar der samstagnachmittag-stadteinkauf-Mutter<br />

(die stammen aus den Zonen zwischen<br />

den agglomerationen und werden von der notwendigkeit des<br />

Kleiderkaufens in die stadt getrieben, oftmals leicht reizbar) vorbei<br />

und schnauzt den sohnemann im Primarschulalter mit<br />

«Jetzt isch aber fertig, gopfertammi!» an. Mutter und sohn – in<br />

dieser reihenfolge – marschieren zum bahnhof, eingekauft wurde<br />

den taschen nach zu schliessen in c&a & h&M.<br />

15.30 Uhr: Eine Gruppe junger Männer mit Brillen, nach hinten geschmierten<br />

Haaren, karierten Hemden und Hosenträgern kommt lärmend<br />

vorbei. Ist es eine Feier zu Ehren der beendeten Maturaprüfungen?<br />

Ist es eine Anti-Hipster-Demo?<br />

Wir nähern uns dem abend – und dem ladenschluss des<br />

grossen b. –, das treiben wird wilder. Was auch mit dem ende<br />

des regens vor etwa zwei stunden zu tun haben mag. ein mit<br />

drei Kameras behängter Japaner fotografiert seinen bloss mit einer<br />

Kamera behängten Kollegen, gleich daneben posiert ein Pärchen<br />

und ein pakistanisch anmutender Mann filmt alle zusammen.<br />

es stehen fünf cars auf dem Platz. einer fährt weg, sofort<br />

wird sein Platz eingenommen. auf der strasse geht es ziemlich<br />

chaotisch zu.<br />

19.30 Uhr: Der Bucherer schliesst.<br />

die party steigt woanders (19.30–0 uhr)<br />

Mit dem ladenschluss verschwinden die touristen. es dauert<br />

noch einige Zeit, bis jeder car seine fracht wieder hat, dann ist<br />

der Platz zum ersten Mal seit elf stunden so richtig leer. und das<br />

bleibt er auch. Verkehrsknoten sind selten Partymeilen. in einer<br />

der Passagen gäbe es eine sportbar, aber die saison ist vorbei.<br />

nein, mit den Öffnungszeiten der Geschäfte endet auch der nutzen<br />

des Platzes. nicht jener der bushaltestelle oder der strasse.<br />

aber der des Platzes. Wer nach hause will, fährt oder geht vorbei,<br />

wer in den ausgang will, fährt oder geht vorbei, wer sich irgendwo<br />

hinsetzen will, geht woanders hin.<br />

lasst uns alle nach hause gehen (0–3.48 uhr)<br />

ein bisschen etwas gibt es dann doch noch zu sehen. Den beginn<br />

dessen, was sich schon vor rund 20 stunden abgespielt hat: Menschen,<br />

die vom ausgang nach hause gehen. Manche wechseln<br />

auch bloss das lokal. Jedenfalls stampfen wieder Gruppen vorbei<br />

und reden zu laut oder es huschen Gestalten mit gesenktem Kopf<br />

durchs Dunkel. Das Verhältnis von nüchtern zu betrunken gestaltet<br />

sich ausgeglichen. ich bin wieder da, wo ich vor beinahe 24<br />

stunden war. nahe dem Punkt der geringsten bewegung.<br />

3.48 Uhr: Mein letzter Nachtbus fährt. Ich kann nicht widerstehen.<br />

Herzlichen Dank an das Architekturbüro Bauconsilium AG für den Balkon<br />

19

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!