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KuNSt<br />

merkwürdige Vernunft<br />

Benedikt Notters neue publikation ist eine bizarre verkettung<br />

von Mensch, Körper und umwelt.<br />

Die szenen aus benedikt notters neuem<br />

buch «nicht ganz hundert merkwürdige<br />

bilder und eine seltsame<br />

sinnlose Geschichte» erinnern in ihrer<br />

Ästhetik an eine Puppenhaus-<br />

Welt: Zeichnungen in bunten strichen<br />

mit Pastellfarben koloriert, jede<br />

Darstellung von einem zierenden<br />

Muster umgeben. Kindlich unbeschwert<br />

sind die bilder des luzerner<br />

illustrators deshalb noch lange nicht,<br />

wie sich bereits in den bildtiteln zeigt: «Der stillstand», «Die<br />

selbstbeherrschung», «Das abhängigkeitsverhältnis» oder «Die<br />

tagesstruktur».<br />

Die nicht ganz hundert illustrationen schaffen raum für das<br />

fantastische. Denn ihre bizarren Verkettungen von Mensch,<br />

Körper und umwelt erscheinen ebenso irrational, wie ihre titel<br />

rational sind. einige situationen erinnern an die verstörend<br />

strukturierte un-logik von fieberträumen, andere bieten sich<br />

als Karikaturen von schwer explizierbaren Gefühlszuständen<br />

an. ebenso thematisiert notter mithilfe von optischen unmöglichkeiten,<br />

wie Mc escher sie bekannt machte, philosophische<br />

Grundprobleme. «Die realitätsfrage» etwa ist ein handspiegel<br />

mit arm, der an einem Griff einen Kopf vor sich hält.<br />

Ganz behaglich geht es in benedikt notters zeichnerischem<br />

universum nie zu und her. Wenn jemand aus einer Öffnung im<br />

bauch die eigenen innereien herausholt und sie vor sich auf dem<br />

tisch auslegt, könnte man es vorschnell als makaber abtun. Der<br />

bildtitel «Das inventar» verleiht der szene hingegen eine verspielte<br />

und träumerische logik: Könnten wir unsere bestandteile<br />

ebenso auf Vollständigkeit hin prüfen wie unsere Plattensammlung,<br />

würde eine grundlegende menschliche unsicherheit<br />

wegfallen.<br />

«nicht ganz hundert merkwürdige bilder» regt zu Gedankenexperimenten<br />

an, führt den betrachter in eine verkehrte Welt<br />

und wieder zurück an die Grenze der Möglichkeiten. stilistisch<br />

wirkt notter den unübersichtlichen Zügen des Menschseins mit<br />

einer auffallend symmetrischen ausrichtung seiner figuren und<br />

objekte entgegen. scheint im bild die sonne, so scheint sie spiegelverkehrt<br />

auf zwei seiten. hat es Wolken, reihen sie sich wie<br />

bodenturner beim Jahresfest. nicht zuletzt folgen die bilder auch<br />

einer chronologischen ordnung: Das erste bild heisst «Der anfang»,<br />

knapp hundert seiten später mündet das buch in «Das<br />

ende». Dazwischen erzählt notter ein illustratives Märchen von<br />

den freuden und leiden des ewigen Vernunftwesens Mensch.<br />

eine lose Geschichte, in deren lücken und Widersprüchen wir<br />

als betrachter gefordert sind. «Gedankenspielen. ideenspielen.<br />

Wahrheit spielen», umschreibt Jens nielsen im Vorwort unsere<br />

aufgabe. insofern erweist sich der Vergleich mit dem Puppenhaus<br />

als nicht einmal so unpassend.<br />

Martina Egli<br />

ausstellung: 5. bis 20. august, erfrischungsraum hochschule<br />

luzern – kunst & design, rössligasse 12, luzern.<br />

ausstellungseröffnung und Buchvernissage mit lesung von<br />

hans-caspar gattiker: do 4. august, 19 uhr.<br />

finissage mit konzert von pink spider: sa 20. august, 19 uhr<br />

zeit zum aufräumen in der kunsthalle<br />

Die Dokumentationsstelle der Zentralschweizer Kunstschaffenden,<br />

genannt basis, beherbergt 300 Werkdokumente. Das langfristige<br />

Projekt, seit 2001 integraler bestandteil der luzerner<br />

Kunsthalle, wird nun neu überdacht. Wann, wenn nicht jetzt mit<br />

der neulancierung der Kunsthalle im bourbaki-Gebäude, bietet<br />

sich bessere Gelegenheit, die basis auszumisten? Die Künstlerinnen<br />

erhalten Gelegenheit, ihre alten Projekteingaben, überholte<br />

Portfolios, überflüssige Publikationen und vergessene briefwechsel<br />

zu entsorgen. Überfüllte schreibtische und Kellerabteile werden<br />

geräumt und von altlasten befreit. Der abfall, der dabei entsteht,<br />

wird nicht umgehend vernichtet, sondern findet ein letztes<br />

Mal in der sommerausstellung der Kunsthalle beachtung.<br />

schliesslich zeugen die aussortierten Dokumente von entwürfen<br />

und realisierten objekten – stationen im entstehungsprozess eines<br />

Werks. Verändern wird sich auch die äussere erscheinung der basis.<br />

Die sammlung erhält ein neues Gehäuse und im rahmen des<br />

Projekts «mycase» werden die Dokumente neu geordnet und verschlagwortet.<br />

Jedes Mitglied erhält eine Kiste, eine schublade, die<br />

symbolisch für jede Geschichte, Karriere, jeden einzelfall steht.<br />

Die alten boxen fungieren in der ausstellung als audiostationen.<br />

Darin sind luzerner Kunstschaffende zu hören, die über ihre bisherige<br />

und zukünftige Künstlerkarriere sprechen sowie über erfahrungen<br />

mit dem Dokumentieren ihrer künstlerischen arbeiten.<br />

unter anderem sind die stimmen folgender basis-Künstlerinnen<br />

zu hören: susanne hofer, niklaus lenherr, radoslav Kutra,<br />

lydia Wilhelm und Miroslav Jurendic. Kuratiert wird die ausstellung<br />

von alessa Panayiotou in Zusammenarbeit mit stephan<br />

Meylan von value (www.value-konzepte.ch).<br />

Gabriela Wild<br />

projekt Basis. kunsthalle luzern. 23. Juli bis 12. august.<br />

Vernissage: fr 22. Juli, 19 uhr<br />

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