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Kultu<br />
KiNO<br />
wunden aus der kindheit<br />
einzelgänger, die sich brauchen:<br />
alice (alba rohrwacher) und<br />
Mattia (luca Marinelli). Bild: zvg<br />
«hast du was gegessen?», fragt alice (alba rohrwacher) Mattia<br />
(luca Marinelli), als sie sich zum ersten Mal nach sieben Jahren<br />
wieder begegnen. es ist ihre art, dem Mann ihre liebe zu zeigen.<br />
ihm, mit dem sie sich seit ihrer Jugend am innigsten verbunden<br />
fühlt und den sie doch nie richtig an sich herankommen lässt.<br />
beide sind von einem einschneidenden erlebnis ihrer Kindheit<br />
geprägt, das sie nie überwinden konnten. alice hatte als<br />
teenager einen ski-unfall. Dass sie danach wegen ihres humpelnden<br />
beins und einer wüste narbe von ihren Mitschülerinnen<br />
gehänselt wird, ist das eine. schlimmer ist, dass sie damals<br />
das Vertrauen in ihren Vater verlor, der sie trotz nebels, einzig<br />
wegen seines eigenen ehrgeizes, auf die Piste schickte.<br />
Mattias trauma dagegen rührt von schuldgefühlen: immer<br />
kümmerte er sich als Kind rührend um seine geistig zurückgebliebene<br />
Zwillingsschwester Michela (Giorgia Pizzo). bis auf ein<br />
einziges Mal, wo er sie entgegen dem Versprechen an seine Mutter<br />
unbeaufsichtigt auf einer Parkbank zurücklässt, um für einmal<br />
alleine kurz auf den Kindergeburtstag eines freundes gehen<br />
zu können. seine schwester verschwand damals, die schuldgefühle<br />
ritzt sich Mattia später in seine haut.<br />
seit ihrer begegnung als teenager verbindet alice und Mattia<br />
ein unsichtbares magisches band, das sie nie mehr ganz loslässt.<br />
44<br />
Die beiden einzelgänger erkennen die unsichtbaren Wunden im<br />
anderen wieder. Doch alice und Mattia sind wie Primzahlzwillinge:<br />
sie sind sich nahe – aber nie nah genug, um sich berühren<br />
zu können.<br />
Der film «Die einsamkeit der Primzahlen» von saverio<br />
costanzo basiert auf dem gleichnamigen bestseller des jungen<br />
italienischen schriftstellers Paolo Giordano. costanzo erzählt<br />
diese höchst ungewöhnliche liebesgeschichte, die sich eher als<br />
seelenverwandtschaft beschreiben liesse, auf drei verschiedenen<br />
Zeitebenen, später kommt eine vierte dazu. Verbindendes element<br />
zwischen den beiden figuren ist die Veränderung ihrer<br />
Körper, die allerdings im film etwas gar platt daherkommt.<br />
Während Mattias Körperfülle über die Jahre zunimmt, magert<br />
alice zusehends ab. umso bizarrer wirkt ihre vernünftig anmutende<br />
frage, als sie klapperdürr im eingangs beschriebenen Moment<br />
Mattia ein selbst gemachtes sandwich anbietet.<br />
Gina Bucher<br />
die einsamkeit der primzahlen / la solitudine dei numeri<br />
primeri; regie: saverio costanzo. Bourbaki ab 11. august<br />
C<br />
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