Download PDF - 041 Kulturmagazin
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BAIN-MARIE: WORTE ZU LÖFFEL UND PLUNDER<br />
hohelied auf ein dessert<br />
es regnete nur einmal an diesem tag im Mai – von morgens um<br />
halb sieben bis weit in die nacht. und nicht nur der himmel trug<br />
trauer, auch über mir machte eine regenwolke station: ich trug<br />
sie als imaginären hallodri über meinem Kopf und zu meinem<br />
bedauern amüsierte sie sich prächtig. nichts funktionierte wie es<br />
hätte funktionieren sollen: teetassen zerschlugen, bücher gingen<br />
verloren, treffen wurden ab- und wieder zugesagt. an diesem<br />
abend hätte ich mich am liebsten tief in meiner Zimmerhöhle<br />
verkrochen und die nase in ein buch versenkt. aber das<br />
konnte ich nicht. ich war zum abendessen verabredet, noch dazu<br />
mit einer abendbegleitung, die ich kaum kannte. ich hoffte<br />
auf einen zumindest kulinarisch einwandfreien himmel.<br />
es kam alles besser und wurde gekrönt von der süssesten Versuchung<br />
seit es Desserts gibt: ein architektonisches Meisterwerk<br />
aus feinen, geschichteten Zartbitterschokolade-Plättchen, abwechselnd<br />
dazwischen amaretti, frische himbeeren und himbeerparfait.<br />
am rand des tellers lagen tiefrote Würfel aus Gelee.<br />
kleine explosionen auf der Zunge, ein Katapult in ungeahnte<br />
sphären. Die Vorspeise, Ziegenkäse auf spargelsalat, eröffnete<br />
den abend verheissungsvoll, ebenso ausgezeichnet mundeten<br />
unsere beiden hauptgerichte. Keine absurd aufgetürmten Zutaten,<br />
die besser aussahen als sie schmeckten, nichts, was zu viel<br />
war, aber von allem genug (keine selbstverständlichkeit). Die<br />
Kellnerin lachte ein raues lachen und trug schnelle schuhe –<br />
wer gerne auswärts isst, weiss, wie selten diese gelehrten Wunderwesen<br />
sind. servieren kann man zwar lernen, aber nur die<br />
wenigsten machen es mit so viel Verve.<br />
Der junge herr, der mir<br />
gegenüber sass, hatte hunger<br />
und freude am essen und<br />
gute Geschichten zu erzählen:<br />
Dass er auf dem Weg zur<br />
arbeit manchmal Zwerge<br />
mit gelben ohren sehe, mehrere<br />
Zeitungsabos habe und<br />
den jeweiligen Politikteil zu<br />
origami-hochhäusern verarbeite.<br />
Zudem werde er irgendwann<br />
als Polarbär in die<br />
antarktis verreisen. es bestehen<br />
nach diesen drei<br />
stunden keine Zweifel, dass<br />
er das und noch ganz anderes<br />
sieht / hört und machen wird. ein hohelied auf die aufmerksamkeit<br />
und das Gespür grosser Köche und Patissiers, chefs de<br />
service und galante abendbegleitungen.<br />
Die regenwolke über meinem Kopf verschwand im laufe dieses<br />
abends sang- und klanglos, ich spazierte nach hause und war<br />
zufrieden mit der Welt.<br />
Hannah Carac<br />
Restaurant Central, Morgartenstrasse 4, Luzern, T <strong>041</strong> 220 02 22,<br />
www.central-luzern.ch<br />
ANZEIGEN<br />
buvette<br />
im<br />
inselipark<br />
täglich geöffnet bei trockenem Wetter<br />
montag bis freitag 11.30-24.00<br />
samstag 16.00-24.00<br />
sonntag 14.00-22.00<br />
picknick möglich<br />
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