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BAIN-MARIE: WORTE ZU LÖFFEL UND PLUNDER<br />

hohelied auf ein dessert<br />

es regnete nur einmal an diesem tag im Mai – von morgens um<br />

halb sieben bis weit in die nacht. und nicht nur der himmel trug<br />

trauer, auch über mir machte eine regenwolke station: ich trug<br />

sie als imaginären hallodri über meinem Kopf und zu meinem<br />

bedauern amüsierte sie sich prächtig. nichts funktionierte wie es<br />

hätte funktionieren sollen: teetassen zerschlugen, bücher gingen<br />

verloren, treffen wurden ab- und wieder zugesagt. an diesem<br />

abend hätte ich mich am liebsten tief in meiner Zimmerhöhle<br />

verkrochen und die nase in ein buch versenkt. aber das<br />

konnte ich nicht. ich war zum abendessen verabredet, noch dazu<br />

mit einer abendbegleitung, die ich kaum kannte. ich hoffte<br />

auf einen zumindest kulinarisch einwandfreien himmel.<br />

es kam alles besser und wurde gekrönt von der süssesten Versuchung<br />

seit es Desserts gibt: ein architektonisches Meisterwerk<br />

aus feinen, geschichteten Zartbitterschokolade-Plättchen, abwechselnd<br />

dazwischen amaretti, frische himbeeren und himbeerparfait.<br />

am rand des tellers lagen tiefrote Würfel aus Gelee.<br />

kleine explosionen auf der Zunge, ein Katapult in ungeahnte<br />

sphären. Die Vorspeise, Ziegenkäse auf spargelsalat, eröffnete<br />

den abend verheissungsvoll, ebenso ausgezeichnet mundeten<br />

unsere beiden hauptgerichte. Keine absurd aufgetürmten Zutaten,<br />

die besser aussahen als sie schmeckten, nichts, was zu viel<br />

war, aber von allem genug (keine selbstverständlichkeit). Die<br />

Kellnerin lachte ein raues lachen und trug schnelle schuhe –<br />

wer gerne auswärts isst, weiss, wie selten diese gelehrten Wunderwesen<br />

sind. servieren kann man zwar lernen, aber nur die<br />

wenigsten machen es mit so viel Verve.<br />

Der junge herr, der mir<br />

gegenüber sass, hatte hunger<br />

und freude am essen und<br />

gute Geschichten zu erzählen:<br />

Dass er auf dem Weg zur<br />

arbeit manchmal Zwerge<br />

mit gelben ohren sehe, mehrere<br />

Zeitungsabos habe und<br />

den jeweiligen Politikteil zu<br />

origami-hochhäusern verarbeite.<br />

Zudem werde er irgendwann<br />

als Polarbär in die<br />

antarktis verreisen. es bestehen<br />

nach diesen drei<br />

stunden keine Zweifel, dass<br />

er das und noch ganz anderes<br />

sieht / hört und machen wird. ein hohelied auf die aufmerksamkeit<br />

und das Gespür grosser Köche und Patissiers, chefs de<br />

service und galante abendbegleitungen.<br />

Die regenwolke über meinem Kopf verschwand im laufe dieses<br />

abends sang- und klanglos, ich spazierte nach hause und war<br />

zufrieden mit der Welt.<br />

Hannah Carac<br />

Restaurant Central, Morgartenstrasse 4, Luzern, T <strong>041</strong> 220 02 22,<br />

www.central-luzern.ch<br />

ANZEIGEN<br />

buvette<br />

im<br />

inselipark<br />

täglich geöffnet bei trockenem Wetter<br />

montag bis freitag 11.30-24.00<br />

samstag 16.00-24.00<br />

sonntag 14.00-22.00<br />

picknick möglich<br />

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