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Diplomarbeit

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sprach, benutzte der Widersacher das Hochdeutsche, was sowohl eine Abgrenzung zwischen<br />

den beiden Figuren bedeutete, als auch Distanz und Nähe zu den Zuschauern konstruierte.<br />

Weiters war die Sprache der Lustigen Figur von Satzwiederholungen und Wortverdrehungen<br />

gekennzeichnet, wodurch die Komik des Stücks noch gesteigert wurde. 96<br />

Die Spielform von Handpuppenstücken wurde durch das Frage-Antwort-Spiel dominiert, das<br />

Publikum antwortete auf die Fragen der Lustigen Figur mit „ja“ oder „nein“ und wurde<br />

dadurch in das Spielgeschehen integriert. Die intendierte Zielgruppe war der erwachsene<br />

Zuschauer, ein spezielles Handpuppentheater für Kinder entwickelte sich erst später. 97<br />

Natürlich wurde auch Kritik gegenüber den Fahrenden und deren Puppentheater geäußert,<br />

ähnlich jener gegenüber der Lustigen Figur im Personentheater, vor allem im 18. Jahrhundert.<br />

Allen voran kritisierte die Kirche das Puppenspiel als unmoralisch und den Aberglauben<br />

fördernd, da auch der Teufel als Widersacher der Lustigen Figur eingesetzt wurde. 98<br />

Restriktionen gegen das Puppenspiel gab es auch von Seiten der Zensur, welche eine<br />

Verschriftlichung der Puppenspieltexte forderte und, ähnlich wie im Personentheater, die<br />

Figur des Hanswurst gänzlich ablehnte. Grund dafür war, dass das Personentheater den<br />

Menschen „erziehen, belehren und bessern“ 99 solle. Podehl fasst die Anklagepunkte gegen das<br />

Puppenspiel und insbesondere gegen die Lustige Figur wie folgt zusammen:<br />

1. Sie frönt ausgelassen allen leiblichen Bedürfnissen und Trieben und akzeptiert keine<br />

moralischen Grenzen.<br />

2. Sie ist widersinnig, unberechenbar, will sich nicht auf einen festen Text festlegen<br />

(extemporieren!) und steht für das ‚unregelmäßige’ Theater.<br />

3. Sie verführt Kinder und Jugendliche.<br />

4. Sie verleitet zur Zeitvergeudung, hält von der Arbeit ab, bewirkt<br />

Produktionsausfälle. 100<br />

Ab der Mitte des 18. Jahrhunderts entfernten sich Personen- und Menschentheater immer<br />

weiter voneinander, sodass das Personentheater als Kunstform angesehen wurde, während das<br />

Puppentheater im Bereich des Handwerks angesiedelt wurde. 101<br />

96 Vgl. ebda., S. 47.<br />

97 Vgl. ebda.<br />

98 Vgl. Enno PODEHL: Der unzeitgemäße Narr. Die Lustige Figur im Puppentheater im Spiegel der Zensur – ein<br />

phänomenologischer Versuch zu einem Volkstheaterprinzip. In: Olaf BERNSTENGEL / Gerd TAUBE / Gina<br />

WEINKAUFF (Hrsg.): Die Gattung leidet tausend Varietäten… Beiträge zur Geschichte der lustigen Figur im<br />

Puppenspiel. Frankfurt am Main: Nold 1994, S. 75-87, hier S. 77.<br />

99 Vgl. MORTAN, Der Kasper, S. 51.<br />

100 PODEHL, Der unzeitgemäße Narr, S. 80.<br />

101 Vgl. MORTAN, Der Kasper, S. 51.<br />

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