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Diplomarbeit

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Puppenspielkasperls zu sehen, auch wenn er charakterlich nach dem Volkstheaterhanswurst<br />

konzipiert worden war. 110<br />

Der neue Kasper hatte zwar noch den alten Charakter, er liebte unmäßiges Essen und<br />

Trinken, prügelte sich und schlug am Ende seine Widersacher tot, doch war er schon von<br />

allem Rohen und Derben gereinigt. Er war noch kein Tugendvorbild, aber er hatte ein<br />

weiches Herz und wollte unentwegt helfen, wobei ihm dies meistens mißlang. 111<br />

Kasperl Larifari war nicht allein als Figur mit pädagogischer Intention gestaltet, er hatte sehr<br />

wohl noch Eigenschaften des Hanswurst, und Ramm-Bonwitt bezeichnet ihn als „gefräßigen<br />

humoristischen Realisten“ 112 . Auch sein Äußeres war nach dem Hanswurst konzipiert, er trug<br />

eine rote Jacke, eine gelbe Hose, eine weiße Halskrause und eine Zipfelmütze. 113<br />

Interessant ist, dass in Poccis Kasperlstücken oft Anspielungen verpackt wurden, die das<br />

Kinderpublikum nicht verstand und auch nicht verstehen konnte, sondern welche an die<br />

Erwachsenen gerichtet waren, so spielt er beispielsweise auf Mozarts „Entführung aus dem<br />

Serail“ an oder macht sich über diverse Schriftsteller lustig. 114 „Die Kasperlkomödien sind<br />

mit den Mitteln der romantischen Ironie vielfach gebrochen. Sie enthalten mehrere<br />

Rezeptionsebenen und sprechen im erwachsenen Mitzuschauer […] den literarisch und<br />

kulturell interessierten […] Zeitgenossen an“. 115<br />

Aus Poccis Kasperl Larifari wurde mit dem 20. Jahrhundert die Puppenkasperlfigur<br />

geschaffen, die auch heute noch bekannt ist.<br />

Kasper ist bei Pocci voll und ganz zu einer dramatischen Figur geworden […]. Die<br />

Domestizierung des Kaspers zu einem kleinbürgerlichen Rentier […] und die<br />

Umformung des Kaspers von einer Theaterfigur zu einer der dramatischen Literatur,<br />

waren letztlich die Voraussetzungen für seine Instrumentalisierung im Kontext<br />

reformpädagogischer und jugendbewegter Adaption des Kaspertheaters als Kindertheater<br />

zu Beginn des 20. Jahrhunderts. 116<br />

Diese Entwicklung soll im folgenden Abschnitt erläutert werden.<br />

110 Vgl. MORTAN, Der Kasper, S. 70.<br />

111 Ebda.<br />

112 Vgl. RAMM-BONWITT, Der Lustigmacher auf der deutschen Puppenbühne, S. 136.<br />

113 Vgl. ebda., S. 139.<br />

114 Vgl. MORTAN, Der Kasper, S. 75f.<br />

115 Gina WEINKAUFF: Kinder und Figuren. Ein pädagogisches oder ein künstlerisches Phänomen? In: Wolfgang<br />

SCHNEIDER / Dieter BRUNNER (Hrsg.): Figurentheater. Das Theater für Kinder? Frankfurt am Main:<br />

Puppen&Masken 1994, S. 34-51, hier S. 37.<br />

116 Vgl. TAUBE, Lustige Figur versus Spiel-Prinzip, S. 50.<br />

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