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Festgefügtes im Strome der Zeit - GeneTalogie Arndt Richter

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S e i t e | 38<br />

Auch geht DIETZ recht ausführlich auf den Dialog als „Mit-sich-selber-<br />

Sprechen― und zugleich „Nicht-mit-sich-selber-Sprechens― als<br />

dramatischen Kunstmittel ein. Er schreibt: „Monologischer und doch<br />

zugleich auch dialogischer Sprechgestus – dies alles verschafft dem<br />

Gedichtganzen einen motorischen Charakter, eine lebendige,<br />

dynamische Bewegung, die … alle seine Verse stürmisch durchströmt.<br />

… Solche sich <strong>im</strong> Stoff verwirklichende Form, <strong>der</strong> Werkobjektivität des<br />

Gedichts eingeschmolzen, offenbart dessen künstlerisches Gehe<strong>im</strong>nis<br />

auch als das eines entelechischen Gefüges.“ DIETZE spricht auch<br />

von „entelechischer Denkform“ bei „<strong>der</strong> Eingangs- und<br />

Schlußwendung.― Auch stellt er Beziehungen zu Fausts Grablegung her,<br />

wo in Goethes erster Handschrift noch be<strong>im</strong> „Chor <strong>der</strong> Engel― von<br />

Fausts „Entelechie“ statt später „Unsterbliches― stand. Dann heißt es<br />

bei DIETZE zunächst höchst beachtenswert: „Viel näher als dem<br />

ARISTOTELES steht <strong>der</strong> Goethesche Denkansatz noch <strong>der</strong><br />

LEIBNIZschen Monadologie, <strong>der</strong> LENIN bekanntlich „eine Dialektik<br />

eigener Art und eine sehr t i e f e“ (Hervorhebung DIETZE)<br />

zuschrieb. Dennoch sind auch in dieser geistigen Verwandtschaft die<br />

Distinktionen größer als die Übereinst<strong>im</strong>mungen. Johannes<br />

HOFFMEISTER hat, die Distanz zu LEIBNIZ hervorhebend, mit Recht<br />

angemerkt, die Goethesche Monade sei nicht fensterlos, sie existiere<br />

eigentlich nur, wenn überhaupt, kraft des unlöslichen Zusammenhanges<br />

von Ich und Welt. Erst recht gar „prästabilierte [vorher festgesetzte]<br />

Harmonie― <strong>der</strong> Goetheschen Weltanschauung vindizieren [Anspruch<br />

erheben] zu wollen, würde ihrer von Wi<strong>der</strong>sprüchen erzeugten<br />

Bewegtheit vollends ungerecht.― Nun, so groß die Unterschiede <strong>der</strong><br />

Charaktere <strong>der</strong> beiden großen deutschen Denker auch sein mögen, so<br />

berühren sie sich doch oft sehr eng. Später werden wir in an<strong>der</strong>em<br />

Zusammenhang nochmals auf die interessanten<br />

Geistesverwandtschaften zwischen Goethe und LEIBNIZ zu sprechen<br />

kommen. Hier zunächst noch einige entgegengestellte Gedanken zu<br />

DIETZEs wohl unberechtigter Abwertung des Zusammenhanges mit<br />

LEIBNIZ’ Monadenlehre. In diesem Zusammenhang hier vorab noch aus<br />

einem Gespräch am 3. März 1830, zwei Jahre vor Goethes Tod,<br />

zwischen ECKERMANN und Goethe dies: „Eckermann: Wir reden fort<br />

über viele Dinge, und so kommen wir auch wie<strong>der</strong> auf die Entelechie.<br />

„Die Hartnäckigkeit des Individuums und daß <strong>der</strong> Mensch abschüttelt,<br />

was ihm nicht gemäß ist,― sagte Goethe, „ist mir ein Beweis, daß so<br />

etwas existiere. … LEIBNIZ hat ähnliche Gedanken über solche<br />

selbständige Wesen gehabt, und zwar, was wir mit dem Ausdruck<br />

Entelechie bezeichnen, nannte er Monaden.―<br />

Entelechie: aus dem griechischen εν und τελοξ ( = zu einem Ziele hin)<br />

gebildet, eine Kraft, die auf ein Ziel zu wirkt, das schon in ihr angelegt<br />

ist. Nach <strong>der</strong> Auffassung des späten Goethes ist <strong>der</strong> Lebenstag des<br />

Menschen Teilstrecke des Weges seiner Entelechie.<br />

<strong>Festgefügtes</strong> <strong>im</strong> <strong>Strome</strong> <strong>der</strong> <strong>Zeit</strong>

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