GEW-ZEITUNG Rheinland-Pfalz
GEW-ZEITUNG Rheinland-Pfalz
GEW-ZEITUNG Rheinland-Pfalz
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
(das Wasser des Auges). Aber auch das<br />
bekannte Wort ‚Orang-Utan‘ stieß<br />
bei den Binger Schülern auf großes<br />
Interesse: orang - Mensch; utan oder<br />
hutan - Wald, also der Mensch des<br />
Waldes. Welch ein anderes Sprachkonzept<br />
als in unserer Sprache, wo<br />
der Orang-Utan ein Tier ist.<br />
Das Dorf Baturirir besitzt keine Poststelle<br />
und bekommt auch keine Briefe.<br />
Es gibt keine Postverbindung, und<br />
wer sollte auch schon schreiben? Und<br />
nun bekamen gerade Kinder bunte<br />
Luftpostumschläge aus Deutschland<br />
mit bunten Briefmarken darauf.<br />
Selbst mit einer indonesischen Übersetzung<br />
versehen waren es Briefe, die<br />
manche Eltern nicht lesen konnten,<br />
denn sie waren, wenn überhaupt, nur<br />
kurz in die Schule gegangen. Kinder<br />
sind in diesen abgelegenen Gegenden<br />
dann erst vollwertige Mitglieder der<br />
Familie, sobald sie zum Lebensunterhalt<br />
beitragen können. Und gerade<br />
diese kleinen Kinder bekamen Briefe<br />
und Fotos und konnten sie ihren<br />
Eltern vorlesen!<br />
Wie geht dieser Austausch weiter?<br />
Das Wasserprojekt war auf zwei Jahre<br />
angelegt, zumal unsere Schüler<br />
schon nach der 4. Klasse die Grundschule<br />
verlassen. Mit meiner neuen<br />
Klasse wird der Kontakt fortgesetzt.<br />
Um aber die Trinkwasserversorgung<br />
zu verbessern, planen wir nun mit<br />
Hilfe des Dekanats Ingelheim, einen<br />
tiefen Brunnen im Dorf zu bauen.<br />
Kinder brauchen dann nicht mehr<br />
Wasser aus entlegenen Quellen im<br />
Wald zu holen, und mit unserer finanziellen<br />
Unterstützung werden sie<br />
regelmäßiger die Schule besuchen<br />
können.<br />
„Bäume des Lebens: Die Kokospalme<br />
im Archipel Talaud und<br />
der Auwald in Bingen“<br />
Bingen hätten. Für diesen peripheren<br />
Teil Indonesiens ist die Kokospalme<br />
von zentraler Bedeutung. Die Palme<br />
liefert alles zum Leben: Öl zum Braten<br />
und als Leuchtmittel für Lampen,<br />
Kopra für den Handel, das Holz der<br />
Palme zum Bau der Häuser, Kokosschalen<br />
als Gefäße und als Brennmaterial<br />
zum Kochen, Kokosbast für<br />
Seile und Kokosblätter zum Decken<br />
der Dächer. Aus dieser Schule nahm<br />
ich neben Fotos auch Kinderzeichnungen<br />
von Palmen mit. Unsere Antwort<br />
aus Kempten zu unserem ‚Baum<br />
des Lebens‘ war der Hinweis auf die<br />
Bedeutung des Auwaldes. Dieser Auwald,<br />
wie eben die Kokospalme, ist<br />
so alltäglich, so selbstverständlich,<br />
und doch wichtiger Teil im Ökosystem<br />
und bedeutend für die Flusslandschaft<br />
am Rhein.<br />
In unserem neuen Unterrichtsprojekt<br />
werden also die Kinder beider Schulen<br />
ihre ‚Bäume des Lebens‘ dokumentieren<br />
und ihr Wissen darüber<br />
sich gegenseitig mitteilen. Dabei werden<br />
die Erfahrungen wieder in die alltäglichen<br />
Lebensbezüge in Familie,<br />
Schule und Freizeit eingebettet sein.<br />
Erhebliche Schwierigkeiten bereitet<br />
die Kommunikationsverbindung.<br />
Von Lirung lassen sich nur Telefongespräche<br />
aus einem öffentlichen Laden<br />
in die Provinzhauptstadt Manado<br />
führen, Briefe werden Marktleuten<br />
mitgegeben, doch die Schiffsreise<br />
zur Hauptinsel Sulawesi dauert<br />
zwei Tage. Auch in Talaud unterstützen<br />
wir Kinder mit Schulgeld. Diese<br />
Kinder stammen meist aus Tonaas-<br />
Familien und werden vom jeweiligen<br />
Dorf ausgewählt.<br />
Ausblick<br />
Unser Ziel ist es, mit der Vernetzung<br />
unserer Unterstützungsprojekte und<br />
mit dem Informationsaustausch zwischen<br />
Grundschulen zum besseren<br />
Verständnis von Menschen aus unterschiedlichen<br />
Kulturen beizutragen.<br />
Angesichts von Fremdenfeindlichkeit<br />
in unserem Land und der ‚Festung<br />
Europa‘ und den religiös motivierten<br />
blutigen Auseinandersetzungen in Indonesien<br />
ein notwendiger Beitrag<br />
zum multikulturellen Verstehen!<br />
Langfristig geht es uns in Nord-Sulawesi<br />
darum, ökologische Fragen -<br />
etwa traditionelles Wissen der Tonaas<br />
und Gewinnung regenerativer Energie<br />
aus Palmöl - , ökonomische -<br />
wie Schaffung von Ausbildungs- und<br />
Arbeitsplätzen - mit Ansätzen im Bildungssystem<br />
- traditionelle Inhalte<br />
vor Ort - zu verbinden. Auch die Interessenvertretungen<br />
von Kollegen<br />
beider Länder sind zu erörtern. So<br />
wird uns die gemeinsame Arbeit sicherlich<br />
nicht ausgehen!<br />
(Anfragen für eine mögliche Zusammenarbeit<br />
an: Dr. Udo J. Gedig,<br />
Magdeburger Str. 70, D-55218 Ingelheim,<br />
Tel. & Fax: 06132-8607, E-<br />
Mail: udojgedig@web.de)<br />
Bildung International<br />
Unser Wasserprojekt mit Baturirir<br />
sprach sich in Nord-Sulawesi herum.<br />
Viele Bewohner der Insel Lembeh<br />
stammen ursprünglich aus dem Archipel<br />
Sangihe-Talaud, und so bekam<br />
unsere Yayasan Oikumene eine Anfrage<br />
aus Talaud nach Unterstützung<br />
bei der Bekämpfung der Sexawa, einer<br />
Heuschreckenart, die Palmen<br />
kahl frisst. (Seit einem Jahr unterstützen<br />
wir die Anlage eines Versuchsfeldes,<br />
auf dem mit traditionellen Methoden<br />
die Sexawa bekämpft wird.)<br />
So kam ich von Besuchen aus der<br />
Grundschule des Hauptortes Lirung<br />
in Talaud mit der Frage zurück, welchen<br />
‚Baum des Lebens‘ wir denn in<br />
Kaum Unterrichtsmaterialien vorhanden. Foto: Gedig<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 3-4 /2002<br />
15