Heinz R. Pagels Cosmic Code - Globale-Evolution TV
Heinz R. Pagels Cosmic Code - Globale-Evolution TV
Heinz R. Pagels Cosmic Code - Globale-Evolution TV
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
auch als die Erhaltung der verschiedenen Quark-Flavors verstehen - dieselbe Menge an<br />
Up-, Down- und Strange-Flavors, die in eine Reaktion hineingegangen sind, müssen auch<br />
wieder herauskommen. Die bei Hadronenstößen ausgetauschten Quarks sind wie Atome,<br />
die durch Moleküle ausgetauscht werden.<br />
Immer noch bestand ein verzwicktes Problem: Man hatte noch nie Quarks gesehen.<br />
Quarks scheinen nur zu existieren, wenn sie in Form von Hadronen miteinander verbunden<br />
sind. Warum? Vielleicht gibt es freie Quarks, aber sie haben eine ungeheuer große<br />
Masse und lassen sich in unseren heutigen Laboratorien nicht erzeugen. Die Physiker<br />
haben in Laborexperimenten, in der kosmischen Strahlung oder an anderen Stellen vergeblich<br />
nach Quarks gesucht. Wenn die Physiker versuchen, ein Hadron in seine Quarks<br />
zu zerlegen, so wie man ein Molekül in Atome aufspaltet, bekommen sie keine Quarks,<br />
sondern nur weitere Hadronen. Das Quarkmodell war eine mathematische Fiktion, die<br />
irgendwie funktioniert hat. Wie konnten die Physiker diese Fiktion geistig akzeptieren?<br />
Alle Physiker sind ausgeprägte Positivisten, was sich auch darin zeigt, dass sie niemals<br />
ein Konzept in die Physik einführen, wenn es sich nicht direkt empirisch verifizieren lässt.<br />
Ernst Mach, um die Jahrhundertwende ein einflussreicher Physiker, hat die Atome nie<br />
akzeptiert, weil er nie eines gesehen hatte. Schließlich entwickelten die Physiker direkte<br />
Untersuchungen, um die Existenz von Atomen nachzuweisen, die bis dahin nur bequeme<br />
Fiktionen zur Beschreibung des Verhaltens von Gasen gewesen waren. Aber was hätte<br />
Mach von den Quarks gehalten? Die meisten Physiker glauben heute, dass man die<br />
Quarks nie sehen wird, dass sie ewig in den Hadronen eingeschlossen bleiben. Obwohl<br />
vielleicht viele Physiker Positivisten sind, sind sie doch in erster Linie schöpferische<br />
Pragmatiker. Die besten unter ihnen lassen sich in ihrer Phantasie nie durch vorgefasste<br />
Meinungen beeinflussen - die Phantasie richtet sich nach dem, was funktioniert. Und in<br />
diesem Fall funktionierte das Quarkmodell.<br />
Man kann über den existentiellen Zustand der Quarks lange debattieren und endete<br />
unter Umständen bei der Entdeckung eines freien Quarks, eines Teilchens mit einem<br />
Bruchteil einer elektrischen Ladung; das wäre die Entdeckung des Jahrhunderts. Man<br />
könnte dann mit Hilfe der Quarks neue, nie zuvor geschaute Materiearten schaffen. Eine<br />
neue Chemie entstünde, in der Quarks an die Stelle von Elektronen träten, und es käme<br />
zur Bildung von Industrien auf dieser Grundlage. Aber ich bezweifle, dass freie Quarks je<br />
beobachtet werden, denn man sucht schon lange nach ihnen und hat sie nicht gefunden.<br />
Auf jeden Fall kam die Diskussion über die reale Existenz der Quarks, soweit die<br />
Hadronenstruktur davon betroffen war, um 1968 zu einem Ende. Wie viele Streitfragen in<br />
der Physik, so wurde auch diese im Experiment entschieden.<br />
Kurz vor 1968 wurde ein neues Gerät zur Untersuchung der Materiestruktur eingeweiht:<br />
der über drei Kilometer lange Elektronen-Linearbeschleuniger (SLAC) in den<br />
Bergen hinter der Stanford-Universität. Eine von einer dortigen Gruppe und Gastwissenschaftlern<br />
vom MIT in Stanford durchgeführte Versuchsreihe überzeugte die Physiker,<br />
dass es Quarks in den Hadronen gab. Ein Elektronenstrahl aus dem Beschleuniger<br />
wurde an einem Protonentarget durch den Austausch eines einzelnen, sehr energiereichen<br />
Photons gestreut, das die elektrische Ladung innerhalb des Protons erfassen und ihre<br />
Verteilung messen konnte. Dabei zeigte sich, dass die elektrische Ladung des Protons in<br />
punktförmigen Gebilden konzentriert war. Die Quarks steckten im Proton wie die Rosinen<br />
in einem Pudding. Die Physiker hatten praktisch in das Proton hineingeschaut und die<br />
Quarks gesehen.<br />
Diese Experimente am SLAC zur Aufklärung des Protonenaufbaus ähnelten dem<br />
155