Heinz R. Pagels Cosmic Code - Globale-Evolution TV
Heinz R. Pagels Cosmic Code - Globale-Evolution TV
Heinz R. Pagels Cosmic Code - Globale-Evolution TV
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
2. Der kosmische <strong>Code</strong><br />
W<br />
Grau, teurer Freund, ist alle Theorie<br />
Und grün des Lebens goldner Baum.<br />
- Goethe, Faust<br />
as ist das Universum? Ist es ein großer 3-D-Film, in dem wir alle unfreiwillig<br />
mitspielen? Ist es ein kosmischer Witz, ein riesiger Rechner, ein Kunstwerk eines<br />
höheren Wesens oder nur ein Experiment? Das Universum ist für uns so schwer zu verstehen,<br />
weil wir es mit nichts vergleichen können.<br />
Ich weiß nicht, was das Universum ist oder ob es einen Zweck hat, aber wie die meisten<br />
Physiker, muss auch ich irgendwie darüber nachdenken können. Einstein hielt es für<br />
falsch, unsere menschlichen Bedürfnisse auf das Universum zu übertragen, weil das<br />
Universum nach seiner Meinung gegenüber diesen Bedürfnissen gleichgültig ist. Steven<br />
Weinberg war derselben Meinung: »... je mehr wir über das Universum wissen, um so<br />
deutlicher zeigt sich, dass es sinn- und zwecklos ist.« Wie die Rose bei Gertrude Stein ist<br />
das Universum, was es ist, was es ist. Aber was »ist« es? Die Frage bleibt bestehen.<br />
Ich glaube, das Universum ist eine in einem <strong>Code</strong>, einem kosmischen <strong>Code</strong>, abgefasste<br />
Nachricht, und der Wissenschaftler hat die Aufgabe, diesen <strong>Code</strong> zu entschlüsseln. Die<br />
Vorstellung vom Universum als einer Nachricht ist schon sehr alt. Sie geht auf das antike<br />
Griechenland zurück; ihre moderne Fassung stammt von dem englischen Empiriker<br />
Francis Bacon, der einmal geschrieben hat, dass es zwei Offenbarungen gibt. Die erste ist<br />
uns in der Schrift und durch die Überlieferung gegeben und hat unser Denken jahrhundertelang<br />
geleitet. Die zweite Offenbarung steckt im Universum, und dieses Buch fangen<br />
wir gerade erst an. Die Sätze darin sind die physikalischen Gesetze, die postulierten und<br />
bestätigten Invarianzen unserer Erfahrung. Wenn manche von einem Bekehrungserlebnis<br />
nach dem Lesen der Bibel berichten, so würde ich sagen, dass auch das Buch der Natur<br />
seine Bekehrten hat. Sie sind vielleicht weniger bibelgläubig als religiöse Konvertiten,<br />
aber sie teilen die innere Überzeugung, dass es eine Ordnung des Universums gibt und<br />
dass man sie erkennen kann.<br />
Viele Wissenschaftler haben über ihren ersten Kontakt mit dem kosmischen <strong>Code</strong> geschrieben,<br />
dem Begriff von einer Ordnung jenseits des unmittelbaren Erlebens. Oft liegt<br />
dieses Erlebnis in den Jugendjahren eines Menschen, wenn sich Gefühl und Erkenntnis<br />
zusammenfinden. Einstein berichtet, dass seine Bekehrung, die ihn in diesem Alter von<br />
einem religiösen zu einem wissenschaftlichen Bild des Universums führte, sein Leben<br />
verändert hat. Newton, der sein Leben lang an unorthodoxen Glaubensansichten festhielt,<br />
hatte auch eine Vision vom kosmischen <strong>Code</strong>: Für ihn war das Universum ein großes<br />
Rätsel, das es zu lösen galt. Der Atomphysiker I. I. Rabi hat mir einmal erzählt, er habe<br />
sich zum ersten Mal für naturwissenschaftliche Fragen interessiert, als er aus einer Bibliothek<br />
ein paar Bücher über die Planetenbewegungen entliehen habe. Es sei für ihn eine<br />
Quelle des Staunens gewesen, dass der Geist solche unfassbaren Dinge begreifen könne,<br />
die er nicht erfunden habe. Ich selbst kann mich noch daran erinnern, wie ich als Halbwüchsiger<br />
Einsteins Biographie, »Eins, zwei, drei... Unendlichkeit« von George Gamow<br />
und »Exploring the Atom« von Selig Hecht gelesen und danach beschlossen habe, Physiker<br />
zu werden. Ich konnte mir nichts Befriedigenderes vorstellen, als meinen Verstand<br />
229