Heinz R. Pagels Cosmic Code - Globale-Evolution TV
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Johnson und seinen Mitarbeitern im MIT vorgeschlagene »Taschen-Modell«: Man<br />
konnte sich die Hadronen als kleine Taschen mit Quarks darin vorstellen. Die Tasche oder<br />
das Hadron denke man sich als Luftblase in einer Flüssigkeit, und innerhalb der Blase<br />
befinden sich die auf ewig darin eingeschlossenen Quarks. Stellen Sie sich einen Hadronenstoß<br />
bei diesem Modell vor, bei dem zwei Hadronen oder Dampfblasen aufeinander<br />
zugehen und dann zusammenstoßen. Einen ganz kurzen Augenblick überlappen sich die<br />
beiden Blasen und wirken wie eine einzige Blase. In dieser Zeit können die Quark-Passagiere<br />
von einer Seite auf die andere springen. Nicht nur können die Blasen Quarks<br />
austauschen, sondern innerhalb der sich überlappenden Blasen können durch die Energie<br />
des Zusammenpralls auch neue Quark-Antiquark-Paare entstehen. Nach dem Stoß zerbricht<br />
die einzelne Blase in zwei oder mehr Blasen, und jede stellt ein Hadron mit seinen<br />
Quark-Passagieren dar. Dieses Taschen-Modell bietet die wunderbare Möglichkeit, sehr<br />
viele Einzelheiten über die Hadronen, ihre Zusammenstöße und ihren Zerfall zu berechnen.<br />
Die Übereinstimmung mit dem Versuch ist bemerkenswert gut und spricht sehr für<br />
die Vorstellung von den auf ewig eingeschlossenen Quarks als Arbeitsmodell.<br />
Was passiert nun, wenn wir versuchen, die Quarks innerhalb der Tasche voneinander<br />
wegzuziehen? Die Tasche wird immer länger und streckt sich zwischen den Quarks, die<br />
wir auseinanderziehen wollen. In diesem Zustand sieht das Hadron weniger wie eine<br />
Blase, sondern eher wie eine Schnur aus, auf der die Quarks aufgereiht sind. Diese Konfiguration<br />
ist das sogenannte »Schnurmodell« der Hadronen: Die Quarks sind durch eine<br />
Art Klebstoff miteinander verbunden, der sich zu einer Schnur ausdehnt. Wir können uns<br />
die Schnur wie ein Gummiband vorstellen. Während wir daran ziehen, bleibt die Kraft<br />
konstant. Es würde eine unendlich hohe Energie erfordern, um zwei Quarks auseinanderzureißen,<br />
die durch eine solche Schnur miteinander verbunden sind. Da aber eine<br />
unendlich hohe Energie nicht zur Verfügung steht, kann man die Quarks nicht voneinander<br />
trennen.<br />
Lange bevor man eine unendlich hohe Energie zuführen kann, passiert allerdings etwas<br />
anderes. Die Energie, die man durch das Ziehen an der Schnur zugeführt hat, kann sich in<br />
Materie in Form eines Quark-Antiquark-Paars verwandeln, wie im Bild dargestellt. Das<br />
Quark-Antiquark-Paar erscheint aus dem Vakuum, weil die Energie zu seiner Schaffung<br />
vorhanden ist. Die Schnur zerreißt, und es entstehen daraus zwei Schnüre oder zwei<br />
Hadronen. Nie gelingt es, die Quarks zu befreien. Immer wieder entstehen Hadronen, wie<br />
schon im Laboratorium zu beobachten war.<br />
Das Taschenmodell und das Schnurmodell der Hadronen können viele beobachtete<br />
Hadroneneigenschaften gut erklären. Sie liefern uns ein intuitives Bild vom Hadronenaufbau,<br />
sind aber keine grundlegenden Quantentheorien. Eine solche Theorie über die<br />
Dynamik der Quarks gibt es heute, die sogenannte Quantenchromodynamik. Wir werden<br />
in einem späteren Kapitel darauf zurückkommen. Zur Zeit hoffen die theoretischen Physiker,<br />
dass das Taschen- oder das Schnurmodell mit der Eigenschaft des Quarkeinschlusses<br />
aus der Quantenchromodynamik abgeleitet werden kann, wie Bohrs Atommodell<br />
aus der Quantenmechanik abgeleitet wurde. Bislang haben wir dieses Ziel nicht<br />
erreicht, aber alles spricht dafür, dass wir auf der richtigen Spur sind.<br />
Obwohl das Quarkmodell mit nur drei »Geschmacksrichtungen« der Quarks die beobachteten<br />
Hadronen erklärte, konnten schon in den sechziger Jahren einige theoretische<br />
Physiker der Spekulation nicht widerstehen, dass vielleicht noch mehr Quarks zu entdecken<br />
waren. Die meisten Physiker beachteten solche Überlegungen kaum, weil für weitere<br />
Quarks eigentlich kein zwingender Grund vorlag. Um 1973 änderte sich die Lage<br />
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